Kapitel 10

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Pov: Nr. 23

Verzweifelt rannte ich durch die Dunkelheit. 
Ich wusste nicht wohin, oder wie lange ich schon lief. Aber egal wohin ich ging, ich hörte nur ihre Schreie. 
In den Schatten standen überall verkrümmte und verstümmelte Gestalte, die mich mit einem seltsamen Gesichtsausdruck ansahen. 
Sie krallten sich in mein Fell und meine Haut, versuchten mich festzuhalten. 
Doch ich riss mich immer wieder verzweifelt los. Mein Fell war bereits voller Blut von den ganzen Wunden an meinem Körper, trotzdem rannte ich weiter. 

Sie schrien Dinge wie: "Er wird dich holen, genauso wie auch uns! Lasst uns frei, wir haben niemandem etwas böses getan! Dieses Monster wird uns alle töten, es ist nur eine Frage der Zeit! Er wird mit jedem Tag mächtiger!"

Sie klangen ängstlich, aber manche waren auch wütend oder traurig. Manchmal meinte ich auch die Stimme eines Kindes zu hören, das nach seiner Mutter schreit. 
Ganz so genau konnte ich es nicht einordnen, aber sie waren überall, egal wohin ich lief, es nahm einfach kein Ende.
Plötzlich brach der Boden unter meinen Pfoten ein. Während ich hinab fiel fing ich an zu schreien und schloss die Augen.
Es kam jedoch nie ein Aufprall.

Verwirrt öffnete ich die Augen wieder und wurde prompt von einem weißen nichts geblendet.
Alles war ruhig, keine Stimme war zu hören, kein Schatten zu sehen außer meinem eigenen.
Es war fast so als hätten die Stimmen die mich eben noch verfolgt hatten nie existiert. 
Lediglich mein Blutdurchtränktes Fell war noch da.
Irritiert sah ich mich um, und als ich mich umdrehte sah ich einen großen kahlen Baum, an dessen Wurzeln sich ein ziemlich junger Mann an den Stamm des Baumes lehnte. 
Sein Blick war auf den Boden gerichtet, so dass ich sein Gesicht nicht erkennen konnte. Er hatte schulterlange Schwarze Haare und wirkte ziemlich traurig und deprimiert. 
Mit schief gelegtem Kopf sah ich ihn an, unsicher was ich als nächstes tun sollte. 
Langsam und auch etwas neugierig lief ich ein paar Schritte auf ihn zu.
Er schien mich bemerkt zu haben, denn sein Kopf hob sich und er sah mich direkt an. 
Seine blaugrauen Augen wirkten leer und ohne Leben. Sein Gesicht war etwas eingefallen und auch generell machte der Mann nicht wirklich einen Gesunden Eindruck auf mich. Er wirkte eher kränklich.
Doch als seine Augen mich musterten schien etwas in ihnen anfangen zu leuchten. Es war nicht sehr viel und ich konnte beim besten Willen auch nicht sagen wieso.

"Bist du es?", fragte mich der Mann vor mir, mit einem leisen Anflug von Hoffnung in der Stimme.
Verwirrt legte ich den Kopf schräg. Ich verstand nicht wirklich was er meinte. Erst war ich mir nicht ganz sicher ob ich ihm antworten sollte, entschied mich aber dann doch dafür.
"Ich... Ich versteh nicht ganz was sie meinen", gab ich zu und das leichte schimmern in den Augen des Jungen verschwand wieder so schnell wie es gekommen war.
"Wer bist du?", fragte er mich monoton.
"Ich.. bin Nummer dreiundzwanzig", antwortete ich ihm.
"Oh", meinte der junge daraufhin nur traurig und sah wieder zu Boden. "Ich dachte du wärst vielleicht jemand anderes."
"Wie meinst du das?", fragte ich irritiert.
Er sah wieder zu mir auf. "Du siehst jemandem sehr ähnlich den ich früher gekannt habe. Man könnte fast meinen ihr seit Zwillinge."
"Oh", ich war etwas überrascht über diese Aussage. "War.... dieser jemand dir den wichtig?", ich wusste selbst nicht so wirklich wieso ich so etwas fragte. Es kam mir aus den Lippen, bevor ich überhaupt realisiert hatte was ich da fragte. 
Der Junge nickte resigniert mit dem Kopf und sah gedankenverloren vor sich hin, so als ob er gerade in alten Erinnerungen schwelgen würde.
"Wie heißt du eigentlich?", fragte ich schließlich mein gegenüber.
"Damien", gab er mir knapp als Antwort. 
Erst jetzt bemerkte ich, dass er gar nicht wirklich am Baum lehnte, sondern der Baum irgendwie an ihn dran gewachsen war. 
Gerade als ich ihn fragen wollte, wo genau wir hier waren und wieso er halb in einem Baum hing, wehte plötzlich ein eiskalter Luftzug durch die kahlen Äste des Baumes. 
Mir lief ein Schauer über den Rücken, als ich wieder ihr flüstern im Wind hören konnte.
"Er kommt", kam es von Damien, der mich mit Angst in den Augen ansah. 
"Wie meinst du das? Wer kommt?", fragte ich ihn verwirrt und machte ein paar Schritte zurück, während die Panik langsam in mir aufkeimte.
Alles um uns herum verdunkelte sich immer mehr und die Stimmen von denen ich vorhin noch davon gelaufen war wurden immer lauter.
"Lass mich hier nicht allein, Bitte! Hilf mir!", rief Damien nun panisch. 
Ich war wie erstarrt. Der wind wütete um uns herum wie in einem Sturm. Die Stimmen schrien und brüllten so laut, dass man angst bekam das einem das Trommelfell platzen könnte.
Alles wurde stockdunkel. Dann erschienen über dem Baum vier  Blutrot leuchtende Punkte die auf mich herab starrten. 
Kurz nachdem ich realisiert hatte dass es Augen waren, die auf mich herab blickten, öffnete sich unter ihnen ein riesiges Maul voller spitzer Zähne. Und ehe ich mich versah hatte mich dieses Ding in einem Bissen verspeist. 
Ich fühlte mich so als würde ich fallen. Immer weiter in die Dunkelheit.

Getötet, Besessen und BefreitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt