13 - Der Tote im Wald

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Kaum hatte Samantha mit der Planung des Dinners angefangen, als sich ihr Bruder Edward mit seiner Frau Cynthia zu einem Besuch anmeldete. Sie wollten nach Devon zu Freunden reisen und Edward fragte in seinem, wie üblich formell gehaltenen Brief an, ob sie ihres Reise für zwei oder drei Tage in Ferywood Manor unterbrechen dürften, damit sie den Unannehmlichkeiten von gemeinen Gasthäusern, Poststationen und Mietpferden entrinnen konnten. Samantha lud die beiden gern ein und antwortete in der ihr eigenen Herzlichkeit. Alles, was dazu geneigt war, das leicht angespannte Verhältnis zu ihrem Bruder zu verbessern, war ihr recht und sie mochte Cynthia, der es trotz ihrer Schüchternheit gelungen war, das Herz des steifen Edward zu gewinnen.

Als nächstes stellte sich heraus, dass Lady Ruthford mit ihrer ältesten Tochter und deren Gatten bei den Huntingtons zu Besuch weilte, also musste sie, wenn sie die Huntingtons einlud, auch deren Gäste einladen. Reverend Hale musste nebst Gattin ebenfalls eingeladen werden. Dass Hetta und Helwick kamen verstand sich von selbst und Hatfield war natürlich auch eingeladen. Ebenso Captain Denby, der seine Einladung Helwicks unbedachter Bemerkung zu verdanken hatte, und Doña Esperanza. 

„Ich weiß gar nicht, wie es so weit kommen konnte", bemerkte Samantha, als sie eines Morgens nach dem Frühstück die schriftlichen Zusagen durchging, die mit der Post gekommen waren und Pelham ihr auf einem Silbertablett präsentiert hatte. Sie saß an dem kleinen Sekretär im Salon und blickte über die Schulter zu Richard, der die Beine überschlagen, mit der Zeitung in der Hand im Sessel saß.

„Die Dinnergesellschaft wird größer als ich es ursprünglich geplant hatte", fuhr sie über die Schulter fort.

Richard ließ die Zeitung sinken. „Auf ein paar Gäste mehr oder weniger kommt es nicht an."

„Du hast wirklich keine Ahnung, wie mühevoll es ist eine Tischordnung zusammenzustellen ohne, dass sich irgendjemand schlecht behandelt oder übergangen fühlt, weil er neben der falschen Person sitzt", seufzte seine Gattin und schob die Briefe zu einem kleinen Stapel zusammen. „Gott, wie oberflächlich das alles ist", bemerkte sie dann einen Augenblick später mit einem kleinen selbstironischen Lächeln. 

„Wir leben in einer oberflächlichen Welt", antwortete Richard leichthin. Dann zückte er seine Taschenuhr. „Wo bleibt Hatfield denn schon wieder! Es hat den Anschein, als würde er kommen und gehen, wie es ihm beliebt. Wenn das so weitergeht, muss ich ein ernstes Wörtchen mit ihm sprechen."

Samantha war im Begriff, etwas zu erwidern, als Pelham die Tür öffnete und respektvoll nähertrat. Sein Gesicht war außergewöhnlich ernst.

„Sir, es – es ist etwas geschehen und Mr. Hatfield bat mich, Sie zu holen."

Richard faltete die Zeitung mit einer energischen Bewegung aus dem Handgelenk zusammen und stand auf. „Was ist geschehen?", fragte er in seiner knappen Soldatenart.

„Man hat den Sohn des Schmieds gefunden. Tot, Sir."

„Wo?"

„Ich weiß es nicht genau, aber Mr. Hatfield weiß es. Er wartet auf dem Hof auf Sie und lässt bereits Erebos satteln."

„Ich komme."

Pelham verneigte sich und ging hinaus in die Halle, um seinem Herrn den Hut bereitzuhalten.

„Du lieber Himmel! Was hat das zu bedeuten?", fragte Samantha betroffen. Der Sohn des Schmieds war ein großer, kräftiger Bursche und Samantha glaubte keine Sekunde daran, dass er eines natürlichen Todes gestorben sein könnte.

„Das gilt es herauszufinden. Ich komme bald zurück."

„Ich begleite dich selbstverständlich."

Richard hatte bereits die Türklinke in der Hand. Jetzt wandte er sich zu Samantha um und warf ihr einen langen Blick zu.

Die Schatten von FerywoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt