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Robert stand noch einen Moment neben Marco, bevor er den Parteitag verlassen wollte. Er hatte es ziemlich lange dort ausgehalten und die Reden mehr oder weniger gespannt verfolgt. Und Robert war mal wieder klar geworden, wie wichtig Christian wirklich für diese Partei war und ist.

"Danke, dass du da warst, Robert. Ich glaube, es wurde gut aufgenommen. Und mach dir nichts draus, wenn du von irgendwem kritisiert wirst. Die Menschen verstehen es dann einfach nicht."

Robert fuhr noch in sein Ministerium und arbeitete einiges ab. Auch wenn seine Gedanken an diesem Tag nicht wirklich bei der Sache waren. Das sollte aber ja wohl verständlich sein. So viel wie die letzten zwei Tage passiert war. Es ging immer noch nicht in seinen Kopf, was der neue Stand der Ermittlungen war. Er hoffte einfach so sehr, dass sie Christian finden würden. Endlich. Er brauchte ihn einfach an seiner Seite. Er hatte ihn einfach immer wieder so sehr unterstützt. Beispielsweise als er heftige Anfeindungen in den Medien und der Gesellschaft erfahren hatte.

Throwback

Robert kam erschöpft nach Hause. Es war schon spät Abends und er wollte einfach nur zu Christian. Es war ein schrecklicher Tag. Gestern Abend war er in einer Talkshow und hatte den ganzen Tag über schon Hass und Häme für seine Äußerungen bekommen. Eigentlich sollte es ihm egal sein. Aber es ging ihm trotzdem nahe. Wenn man seine Kompetenz abgesprochen bekommt, dann war das kein schöner Moment. Aber als er Christian auf seinem Sofa sitzen sah, da wurde ihm einen kurzen Moment ganz warm ums Herz. Christian beflügelte ihn wirklich. Sie waren jetzt einige Wochen zusammen. Und eigentlich war es eine so schöne Zeit.

"Hey, da bist du ja endlich. Möchtest du noch was Essen?"

"Da ist mir nicht so wirklich nach.", seufzte Robert und ließ sich neben seinen Freund fallen.

"Ist es so schlimm?", fragte Christian einfühlsam und etwas besorgt. Er kannte es nicht, dass Robert an sich oder seiner Situation zweifelte.

"Ach ich weiß nicht. Ich verstehe es einfach nicht. Jeder greift mich jetzt an, obwohl es aus meiner Sicht gar nicht so schlimm gelaufen ist. Ja, vielleicht habe ich meine Sätze etwas unglücklich formuliert, aber dass mir jetzt meine Kompetenz abgesprochen wird, das kann ich nicht nachvollziehen. Und dann hat Merz auch noch einen oben drauf gesetzt im Bundestag. Ich hätte ausrasten können, wirklich. Alle haben sich darüber lustig gemacht. Wieso, Christian?", redete sich der Wirtschaftsminister seinen Frust von der Seele und starrte verzweifelt zu seinem Freund.

"Weil sie genau wissen, dass du momentan unfassbar beliebt bist in der Bevölkerung und keine Partei, die nicht deine eigene ist, kann oder möchte das einfach so hinnehmen. Sie wollen, dass du dadurch an Beliebtheit verlierst und sie selber gewinnen. Das ist doch deren Strategie. In meiner Partei übrigens auch, das tut mir Leid, wenn dir da auch Druck gemacht wird. Aber denk dran, die meisten Menschen können gar nicht einschätzen, ob das wahr oder falsch ist, was du gesagt hast. Und diese Anfeindungen werden vorüber gehen, weil du deinen Job gut machst. Glaub mir, in spätestens 3 Jahren vor der nächsten Bundestagswahl wirst du wieder hohe Beliebtheitswerte haben."

"Wenn es nur das wäre. Dieser Druck ist einfach schrecklich. Ich hatte nicht erwartet, dass es so immens sein wird.", erklärte Robert leise und Christian merkte, wie verunsichert der Grüne war. Deshalb zog er ihn in seine Arme. Sodass sie nun halb auf dem Sofa lagen und es von außen betrachtet sehr merkwürdig aussah.

"Aber du bist stark. Und kompetent zumindest in den meisten Bereichen auch. Und es gibt so viele Menschen, die an dich glauben, die unter diesem ganzen Hass nur nicht zu hören sind. Und ich glaube auch an dich. Lass dich nicht von diesen ganzen Menschen verunsichern. Die wollen nur Stimmung machen. Das hast du nicht verdient. Ich sehe ja, wie sehr du dich jeden Tag rein hängst."

"Danke, Christian. Ich weiß, du könntest genauso auf diesen Zug des Hasses aufspringen. Danke, dass du für mich da bist."

Der Jüngere legte seine Lippen sanft auf die des Älteren und spürte, dass sich Robert in seinen Armen langsam entspannte. Bei Christian war es ihm auch einfach möglich. Er war für ihn da, wenn es ihm schlecht ging. Zum Glück war er das.

Plötzlich vibrierte Roberts Handy. Erschrocken schaute er auf den Bildschirm.

Annalena
"Robert, wo bleibst du denn? Ich stehe vor deiner Haustür. Du meintest doch, dass du da wärst um diese Uhrzeit?"

Auch das noch! Er hatte die Zeit vollkommen aus dem Blick verloren. Und jetzt hatte er Annalena versetzt. Das war ihm höchst unangenehm. Schnell packte er seine Unterlagen in seine braune Ledertasche und sprintete beinahe aus dem Büro zu seinem Fahrdienst. Nebenbei antwortete er Annalena.

Robert
"Sorry, hab die Zeit völlig vergessen. Bin sofort da. Ich mach es wieder gut!"

Nur einige Minuten später hielt er tatsächlich vor seiner Wohnung und sah dort auch Annalena, die dann auch endlich aus ihrem Auto stieg.

"Es tut mir so Leid, Annalena. Ich wollte dich wirklich nicht warten lassen. Komm, lass uns jetzt schnell rein gehen."

"Alles gut. Ich hatte mir nur einen kurzen Moment Sorgen gemacht. Aber ich verstehe es, wenn du mit deinen Gedanken Heute eher woanders bist."

Gemeinsam betraten sie die Wohnung, die vollkommen dunkel und relativ kalt war. Deshalb schnappte sich Annalena die Decke, die auf Roberts Sofa lag und setzte sich auf dieses. Robert hingegen versuchte seiner Rolle als Gastgeber zumindest etwas gerecht zu werden.

"Kann ich irgendetwas für dich tun, wenn ich dich schon hab warten lassen?", fragte er geplagt von einem schlechten Gewissen.

"Ach lass gut sein, Robert. So lange musste ich jetzt auch nicht warten und ich weiß ja, dass Heute kein einfacher Tag war. Also mach dir jetzt keinen Stress und komm her."

Annalena hob einladend die Decke hoch und Robert konnte sich nicht dagegen wehren, sich dicht neben Annalena zu setzen. Eigentlich war es zu nah. Aber Robert ignorierte es einfach. Er brauchte jetzt Wärme. Physisch wie psychisch.

"Wie geht es dir?", fragte Annalena ihn dann einfühlsam.

"Schwierig zu beschreiben. Es gibt neue Entwicklungen bei den Ermittlungen, aber da darf ich leider nichts genaues zu sagen. Es ist auf jeden Fall so einschneidend, wie nie zuvor. Das habe ich Gestern erfahren. Und dann war ich natürlich auch auf dem Parteitag eigentlich gar nicht bei der Sache. Aber ich glaube es war gut, dass ich da gesprochen habe. Es war nicht einfach und es tut weh, wenn ich dran denke, was die anderen alle gesagt haben, aber ich hätte nicht fehlen wollen."

"Das ist gut, dass du positiv darüber denkst. Ich muss sagen, dass ich wirklich beeindruckt bin, wie stark du geblieben bist. Und wahrscheinlich hast du dir nichts in den Medien bisher zu dem Parteitag angeguckt, aber du bekommst gefühlt nur positives Feedback. Es wird sehr respektiert, dass du bei dieser Veranstaltung gesprochen hast und was du gesagt hast. Wenn du die Kraft hast, dann kannst du ruhig mal ein wenig durch die Artikel scrollen, das wird dich bestätigen. Ich kann auf jeden Fall nur sagen, dass ich sehr großen Respekt dafür habe."

"Danke dir. Ich bin einfach froh, dass es geschafft ist. Und weißt du, woran ich auch den ganzen Tag schon denken muss?"

"Sags mir!", lachte Annalena, nachdem sie das schelmische Grinsen in Roberts Gesicht sah.

"Dass wir es mal wieder wie in alten Zeiten machen sollten. Nachts Pizza bestellen und sie uns teilen.", lachte Robert. Bei vielen Nachtsitzungen war es immer wieder zu dieser Situation gekommen. Irgendwann war es beinahe eine Tradition zwischen Robert und Annalena geworden. Zu ihrer Zeit als Parteivorsitzende.

"Oh ja, das ist eine gute Idee."

Kurze Zeit später hatte Robert bei dem Italiener seines Vertrauens angerufen und sie warteten mehr oder weniger geduldig. Wobei Robert tatsächlich mal kurz den Nachrichtenspiegel seines Teams öffnete. Das erste was er sah, waren positive Berichte über seine Rede. Und das war unfassbar erleichternd. Natürlich hatte er Angst gehabt, dass es nicht gut aufgenommen werden würde, wenn er diese Rede hält. Aber zum Glück war es nun anders gekommen.

Ich danke euch fürs Lesen! Da haben wir also wieder Annalena und Robert... Was da wohl so passieren wird ;)

Und noch vielen Dank für die 1K Reads bisher!!!

Zerbrechen - Die Zeit ohne ihn Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt