Auszeit
Danbi lebte im Randbezirk von Chicago und genau wie ich, allein in einer kleinen Wohnung, weshalb ich, mangels eines Gästezimmers, auf der Ausziehcouch im Wohnzimmer schlief. Trotzdem war die Zeit bei ihr perfekt, was sicher auch damit zu tun hatte, dass es unter Geschwistern weniger Berührungsängste gab. Sie störte sich nicht daran, wenn ich morgens immer noch wie ein zerdrückter Reiskuchen auf ihrem Sofa gammelte, zerknitterte Decken um mich gewickelt und mit Haaren wie ein Vogelnest. So wenig wie ich mich daran störte, wenn sie in aller Herrgottsfrühe durch die Wohnung sauste wie ein Wirbelwind, in Schlafklamotten, in Unterwäsche, in Arbeitsklamotten. Summend, singend, lachend - nur Gott allein wusste, wie man um diese Zeit schon so gute Laune haben konnte, aber Danbi war als Kind schon ein Sonnenschein gewesen und alles was sie im Laufe unseres Heranwachsens an Fröhlichkeit verloren hatte, schien jetzt Stück für Stück zurückzukommen.
Sie arbeitete im Büro einer Papierverarbeitungsfabrik, dem größten Arbeitgeber in ihrer näheren Umgebung und schien sich so offensichtlich gut mit ihrem Leben hier arrangiert zu haben, dass sich die Ruhe und Gelassenheit, die sie ausstrahlte, bereits nach wenigen Tagen auch auf mich übertrug.
Sie fragte mich nicht, warum ich hier war, weil sie wusste, dass ich es von selbst erzählen würde, wenn ich dazu bereit war und ich war ihr dankbar dafür. So hatte ich jede Menge Zeit mit mir selbst wieder ins Reine zu kommen und all die Dinge, die sich in meinem Kopf zu vermeintlich unlösbaren Problemen aufgestapelt hatten, neu zu bewerten. Ich schlief wieder besser, die Grübelspiralen lösten sich auf und ich genoss die Zeit, die Danbi und ich zusammen verbringen konnten.
War sie in der Arbeit, streifte ich durch die Straßen auf der Suche nach lohnenden Motiven, erledigte den Einkauf und sonstige Kleinigkeiten, die sie mir überließ. Dafür wurde ich bekocht, was ich wirklich genoss, da meine Selbstverpflegung sonst eher dürftig, weniger gesund und noch weniger abwechslungsreich war. Bei meiner Schwester durfte ich dafür wieder ganz der kleine Junge sein, der ausgehungert am Küchentisch lauerte und alles verputzte, was ihm aufgetischt wurde.
Am Wochenende gingen wir essen, vertrieben uns die Zeit im Park und ich nötigte Danbi außerdem zu einer ganzen Serie an Bildern. Ich verknipste einen ganzen Film, bis sie mir lachend die Kamera aus der Hand riss und ihrerseits Jagd auf mich machte.
Anfang der Woche wurde mir die Realität dann ohne Vorwarnung unter die Nase gehalten und zwar in Form eines Schmuckstücks.
Sprachlos starrte ich auf das Armband, das von Danbis Fingern baumelte. Sie strahlte dabei wie ein Honigkuchenpferd.
„Hab ich in deiner Jeans gefunden, die ich mitgewaschen habe. Es war abgerissen, also habe ich es richten lassen, ich dachte du würdest es sicher gerne wieder tragen, es ist hübsch." Danbi hockte sich neben mich auf die Couch und ehe ich mich versah, legte sie mir das Armkettchen um und verschloss es.
Ich war so erstarrt, dass ich noch nicht mal zuckte, obwohl ich eigentlich am liebsten meinen Arm zurückreißen wollte.
„Hm", machte sie unterdessen und ihre Finger fuhren über die glänzenden Kettenglieder. „Das ist echt hübsch - ein Geschenk?" Ein freches Grinsen spielte um ihre Mundwinkel und sie zwinkerte mir zu. Ich brachte jedoch kein Wort heraus. Obwohl das Metall kühl war, hatte ich das Gefühl, es würde sich regelrecht in meine Haut brennen und ich musste mich zurückhalten, um es nicht sofort wieder abzureißen.
Plötzlich war alles wieder da. Suga, all unsere seltsamen Begegnungen und ja - jetzt, mit genügend Abstand - wurde mir immer klarer, dass es viel zu viele Ungereimtheiten gab, was ihn betraf. Und es war ja nicht nur er, je mehr ich erfuhr, desto bizarrer wurde es und desto mehr Fragen tauchten auf. Hobi hatte recht gehabt, ich täte gut daran, meine Finger von ihm zu lassen.
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Blood, sweat and tears [Taegi]
Fanfiction[BTS-AU] Schon als Kind waren Taehyung Dinge aufgefallen, für die niemand eine Erklärung hatte. Damit begann eine jahrelange Odyssee, die ihn selbst als jungen Erwachsenen noch brandmarkte, weil es keinen Menschen gab, der ihm glaubte. Und auch wenn...