Ein leichter Wind weht durchs Fenster herein und die Sonnenstrahlen erwärmen meine Haut als ich wie jeden Tag am Schreibtisch der Redaktion sitze, versuche meine Gedanken auszublenden und mich auf meinen aktuellen Artikel über LBGT zu konzentrieren.Schreiben bedeutet für mich nicht einfach nur das Herunterschreiben von irgendwelchen Worten, sondern es bedeutet Worte auf eine besondere Weise zusammenzufügen und dabei intensiv zu fühlen. Es bedeutet Worte bedacht auszuwählen und sie zu dir sprechen zulassen. Es bedeutet für eine kurze Zeit in einer anderen Welt zu sein. Eine Welt, die deine Probleme zwar nicht weniger macht, aber die wie eine Erholungsort ist.
Meine Chefin hat mir mit diesem Artikel wirklich eine sehr herausfordernde Aufgabe gegeben. Dieses Thema ist in aller Munde und eines der Topthemen über die ich nun berichten darf. Wie viele junge Menschen mit Vorurteilen und fiesen Blicken oder fiesen Kommentaren klar kommen müssen und diese gemeinen Anfeindungen, nur weil sich diese Menschen nicht wohl in ihrem Körper fühlen oder einen gleichgeschlechtlichen Partner wollen. Ich will mir kaum vorstellen, was das mit einem macht. Es ist sicher nicht einfach. Genauso will ich diesen Artikel schreiben. Emotional und mitreißend. Dafür möchte ich Menschen finden und aus deren Leben berichten. Echte und ehrliche Worte. Das ist es doch, was die Leser interessiert. Die Leser sollen meinen Artikel lesen und ihn nicht mehr aus der Hand legen können. Um mein Wissen zu erweitern, recherchiere ich noch mehr dazu. Diese Menschen sollen sich verstanden und wohl fühlen in meiner Gegenwart. Das ist mir besonders wichtig. Andernfalls könnte ich wahrscheinlich keinen dieser Menschen überzeugen etwas zu erzählen.
Meine Strategie muss einfach klappen. Ich will meiner Chefin zeigen wie viel in mir steckt. Bevor ich mir allerdings überlegen kann wie ich meinen Artikel neben den Interviewfragen noch aufbauen kann, blitzt eine Nachricht auf meinem Handy auf. Hallo Lilly, morgen um 10 Uhr treffen wir uns am Hamburger Bahnhof. Dann geht's los nach München. Schön, dass du mich begleitest. Liebe Grüße Theo
Ein Lächeln huscht über mein Gesicht, wenn ich daran denke Theo wieder zusehen und an meinen Traum letzte Nacht, der mir bewusst gemacht hat wie sehr ich mich zu ihm hingezogen fühle und wie sehr ich diese Nähe zu ihm haben will. Und das obwohl ich weiß, dass es das alles verkomplizieren würde, weil er nun mal der Einzige ist, der mir bei der Suche nach meiner Mutter helfen kann. In München kenne ich mich auch nicht aus und wäre auf seine Hilfe angewiesen um das Schließfach zu finden.
„Was lächelst du denn so?", fragt in dem Moment meine liebe Kollegin Franka, die mir gegenüber sitzt. „Ach, nichts!", sage ich etwas verlegen, wobei meine Wangen eine leicht rote Farbe annehmen.
„Dieses verträumte Lächeln steht dir. Da hat einer aber mächtig auf dich abgefärbt. So wie du aussiehst bestimmt ein Mann", entgegnet sie mir.
„Du auch noch. Ist das denn so offensichtlich?", frage ich und kann gleichzeitig nicht glauben, dass man mir so ansehen kann, dass ich Theo sehr mag. Mehr als mag.
„Oh ja, das ist es Lilly. Ich habe dich wirklich lange nicht mehr so gesehen. So glücklich. Das muss wirklich ein ganz besonderer Mann sein."
„Ich weiß noch nicht mal, was er eigentlich will. Ich weiß eigentlich nicht viel über ihn. Er ist so undurchschaubar. Einerseits erwärmt er mein Herz mit seinen Blicken und dann ist er wieder so zurückhaltend."
„Was ist wenn du ihn einfach fragst, was er für dich empfindet?"
„Leichter gesagt als getan. Aber ja du hast Recht. Ich will wissen, ob ich mir diese Anziehung zwischen mir und ihm nur einbilde oder ob er das auch fühlt."
„Du wirst das schon machen, Lilly", sagt sie, schenkt mir ein Lächeln, winkt und verschwindet als ihr Freund sie zum Mittagessen abholt.
Oh, hoffentlich stellt mich meine Chefin für morgen so kurzfristig frei. Denn, wenn nicht habe ich ein großes Problem. Freitag wird ja eh nicht allzu viel los sein, das muss sie mir einfach genehmigen. Ich klopfe also am Büro meiner Chefin.
„Ja, herein. Bitte", sagt sie und ich trete ein.
„Hallo Frau Weber. Ich muss Sie um einen Gefallen bitten. Könnte ich morgen außerhaus arbeiten? Ich würde gerne echte Betroffene befragen und somit echte Geschichten erzählen", sage ich.
„Eigentlich sind wir momentan ziemlich knapp besetzt. Erst ist Tom ausgefallen und jetzt auch noch Lina. Wir brauchen gerade jede Hilfe. Viele Artikel können deswegen nicht in dieser Ausgabe erscheinen wie ich es geplant habe. Nun gut, wenn Sie mir bis spätestens Dienstag den fertigen Artikel auf den Tisch legen, bin ich einverstanden."
„Ok, danke. Bis Dienstag haben Sie Ihren Artikel."
„Gibt es sonst noch etwas?"
„Nein, das war alles."
Ich ziehe die Tür von Frau Webers Büro zu und frage mich wie ich es schaffen soll diesen Artikel bis Dienstag fertig zu schreiben. Für diese Frau ist aber auch nichts wichtiger als unser Magazin „HafenWorte". Gut nach dem was ich von dem Flurfunk so gehört habe, kommt sie aus ärmlichen Verhältnissen und ist wahrscheinlich froh sich etwas aufgebaut zu haben, dass ihr einen höheren Lebensstandard bietet.
Nach diesem Wochenende würde ich mir Gedanken machen müssen wie ich das alles hinbekomme. Jetzt muss ich erst einmal Theo antworten, meine Sachen packen und vorher noch kurz bei meiner Oma vorbei schauen. Wenn sie etwas über dieses Geheimnis weiß, muss ich das vor morgen wissen. Sie könnte wichtige Informationen für mich haben.
Super, dann sehen wir uns morgen. Liebe Grüße Lilly
Tippe ich als Antwort, arbeite noch eine Weile an meinem Artikel, ehe ich mir meine Tasche über die Schulter werfe und mache mich eilig auf den Weg zu meiner Oma mache.
Nun ist ein neues Kapitel fertig. Dieses mal etwas kürzer. Ich hoffe es gefällt euch.
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Dein Herz ist mein Herz
RomanceIch bin eine bunte verrückte Nudel, fast schon zu verrückt, aber genau dafür liebt man mich. Die Hochzeit meiner besten Freundin ist eigentlich ein schönes Ereignis, wäre da nicht die Frau gewesen, die mein Leben zerstört hat und es nun wieder orde...