Kapitel 35 - Nachwehen

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Nachwehen

„Herrgott, wie das juckt!" Verbissen kratzte ich an den verschorften Stellen an meinem Handgelenk, die Zunge zwischen die Zähne geklemmt. Ich hatte keine Ahnung warum es dieses Mal so fürchterlich juckte, auf alle Fälle machte es mich ganz kirre.

„Jetzt hör schon auf", murmelte Suga leise, griff nach meinem anderen Handgelenk und hielt mich fest, sodass ich nicht mehr kratzen konnte. „Du reißt es nur wieder auf."

„Na und?" Ich schnaubte aufgebracht. „Vielleicht hört es dann auf zu jucken!" War ja bei Mückenstichen auch so. Das brachte mir allerdings von Suga nur einen bedeutsamen Blick sowie eine erhobene Augenbraue ein.

Ach so.

Ich stellte meine Bemühungen ein und sah weg. „Vielleicht hilft eine Cortisonsalbe?"

Das kostet Suga nur ein leises Lachen. „Ich glaube nicht."

Überhaupt war der Kerl seit gestern Abend unverschämt gut gelaunt und auch irgendwie frech. Zu frech für meinen Geschmack. Dabei war ich derjenige von uns beiden, der... okay, nein, darüber sollte ich besser gar nicht nachdenken. Denn so schön es in dem Moment auch gewesen war und ganz gleich wie nötig ich es offenbar gehabt hatte – es war nicht das, was ich wirklich gewollt hatte und das wussten wir beide nur zu gut. Suga hatte jedoch kein Wort mehr darüber verloren und seine gute Laune war ungetrübt.

Was doch ein bisschen gutes Essen in seinem Fall ausmachen konnte, hm? Das sagte ich natürlich nicht, aber ich sah ja die Veränderung und sie war enorm. Nachdenklich verfolgte ich, wie er hin und her huschte – dabei sogar leise summte! – während ich, ebenfalls gut versorgt mit einem reichlichen Frühstück, Saft und obendrein meinem Lieblingskaffee, am Tisch saß und schon wieder gedankenverloren an den Bissmarken kratzte. Dieses Mal, ohne es überhaupt zu merken.

„Und ich dachte du wärst der Experte in Sachen- Au!" Ruckartig zog ich die Hand zurück, aber es war schon zu spät. Ein Schorf hatte sich gelöst und frisches Blut quoll aus der Wunde. Scheiße!

Beim letzten Gedanken noch gar nicht angekommen, wurde ich schon vom Stuhl gerissen und prallte taumelnd gegen den Tisch.

„Was denkts du, dass du da machst, hm?" Sugas Augen glommen fiebrig, flackerten silbrig und schwarz, beinahe stroboskopisch.

„Ich..." Mist! Mit der anderen Hand umklammerte ich die aufgerissene Wunde, aber das brachte nicht viel. Stumm neigte Suga den Kopf, sah mich an, bevor dieser lauernde Gesichtsausdruck auf seiner Miene erschien. Ohne Hast löste er meine klammernden Finger einzeln von meiner Haut und legte die blutende Wunde damit frei. Etwas geschah in seinem Gesicht, das man nicht wirklich beschreiben konnte. Aber die menschlichen Züge vergingen zu einer unwirklichen Maske und der lauernde Blick, mit dem er mich taxierte, hatte durchaus etwas von einer Raubkatze, kurz vor dem Angriff.

Schon erwartete ich, dass er erneut seine Zähne in meine Haut schlagen würde, stattdessen beugte er sich ganz langsam über mich und leckte behutsam über meine Haut. Leises, zufriedenes Brummen oder Knurren war zu hören und auf eine sehr spezielle Weise war das so obszön, dass mir ganz anders wurde. Ich leckte mir die Lippen, gerade war mein Mund wie ausgetrocknet, wollte ihm meinen Arm entziehen, schaffte es aber nicht. Erstarrt in schauriger Faszination, sah ich ihm zu, während Suga sanft an der kleinen Wunde saugte, mit der Zungenspitze darüberrieb, bevor er seufzend den Kopf hob.

Missmutig fast verzog er das Gesicht, kniff die Augen einen Moment lang zu, bevor er mich wieder ansah. „Du solltest das wirklich lassen", murmelte er rau.

„Entschuldige", meine Stimme war ebenso heiser. „War keine Absicht."

Einen Moment lang hielt er mich noch fest, dann ließ er mich abrupt los und wich ein Stück zurück.

Blood, sweat and tears [Taegi]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt