Kapitel 17 - Juni 2006 / 1

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Felix

Felix stürzte sich in die Arbeit. Er programmierte bis zu 16 Stunden am Tag, bis der Bildschirm vor den Augen flimmerte. Er schaffte viel, war seltsamer Weise äußerst konzentriert, denn die Konzentration lenkte ihn von seiner Sehnsucht nach Maja am besten ab.
Er war unglaublich kreativ, hatte Ideen wie schon lange nicht mehr.
Aber kaum, dass er die Computer ausschaltete, kam der Schmerz zurück, der ihm den Atem nahm.

Mein Gott! dachte er jedes Mal. Das muss doch irgendwann einmal besser werden!
Es ist ja nicht so, dass ich ein halbes Leben mit ihr verbracht hätte! Diese eine Nacht und diesen Tag muss ich doch mal aus meinem Kopf und meinem Herzen bringen!

Am Wochenende gehe ich in den Club! beschloss er.
Ich muss mal raus, andere Frauen treffen, das hilft bestimmt!
Ich bin ja jetzt frei!
Ich kann tun und lassen, was ich will!

Am Samstag zog er los.
Er versuchte sich beschwingt zu fühlen, jung, abenteuerlustig, fühlte sich aber nur grenzenlos einsam.
Maja! schrie sein Herz noch immer.

Maja

Maja grübelte - wieder einmal!
Warum brachte keiner der vier hübschen jungen Männer ihr Herz auch nur ein bisschen zum Klingen?
Vor Felix hätte sie sich sicher in einen von ihnen verliebt.
Sie waren alle nett anzusehen, intelligent, humorvoll, freundlich!
Sie waren wirklich sympathisch!
Aber es war kein Funke übergesprungen, bei keinem!
Woran lag das?
In Felix war sie mehr verliebt, nachdem sie nur sein Foto gesehen hatte als in die vier zusammen.

Das lag sicher wieder an ihrem konfusen Gehirn, das immer nur träumen wollte, das nie die Realität annahm!

Je unerreichbarer ein Traum war, desto intensiver wünschte sie sich dessen Erfüllung, nur damit sie nicht in der Wirklichkeit leben musste!
Sie schrieb viel, gute Texte, sie löschte nichts. Sie zerlegte sich mit Worten, hoffte, dass sie klarer sehen würde danach.
Sie aß regelmäßig, rauchte kaum noch und trank nichts mehr.
Sie musste sich endlich finden, sie musste das Leben für sich endlich entdecken!

Sie hatte sich in die Schwärmerei für Georg geflüchtet, hatte sie Liebe genannt, um das Leben nicht erleben zu müssen.
Sie hatte sich in eine Liebe zu Felix geflüchtet, weil er der nächste war, der sie zum Träumen bringen konnte.

Beinahe wollte sie am Samstag kneifen.
Es war ihr alles zu viel!
Sie wollte ihre Traumwelt behalten!
Doch dann packte sie sich beim eigenen Schopf, stylte sich Disco-like und fuhr in die Stadt.

Ihre Verehrer warteten schon sehnsüchtig auf sie, begrüßten sie mit vielen Küsschen, Umarmungen, weiteren Küsschen.
Sie stand lachend an der Bar, weitere Verehrer kamen dazu.
Sie fühlte sich wohl, so etwas hatte sie noch nie erlebt!
Oder?

Na, sie fühlte sich fast wohl!
Etwas fehlte!
Gefühl!

Da umfassten sie von hinten zwei ihr bekannte Arme, drückten sie an einen ihr bekannten Körper, und sie wusste, nichts fehlte mehr.
„Felix!" flüsterte sie, bevor er sie umdrehte und sie küsste.

Felix

Felix lehnte an der Säule, begutachtete das Angebot an weiblichen Wesen. Nichts Interessantes dabei.
Aufgetakelte Miezen, laute Girlies, junges Gemüse, Upper-Class-Girls - nichts für ihn.
Na ja! Der Abend war ja noch jung!
Da, an der Bar! Das waren doch die Vier, die mit Maja im Biergarten gewesen waren?
Waren sie mit ihr hier verabredet?
Würde sie auch kommen?

Sein erster Gedanke war: Flucht!
Doch der zweite gefiel ihm besser: Kampf!
Gut! Der Kampf war eröffnet, wenn sie denn kommen würde!
Diesen Typen würde er seine Maja nicht überlassen!
Nicht noch einmal!

Da sah er sie auch schon hereinkommen.
Sie war mit Abstand die Hübscheste, viele Blicke folgten ihr, viele Männer drehten sich nach ihr um.
Sie steuerte zielsicher auf die Vier zu, ließ sich umarmen, abküssen, blieb aber zurückhaltend.

Der Hass wird nicht siegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt