29 - Besuchszeit

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Nach zahlreichen Versuchen war Elisa endlich mit ihrer Sprachnachricht an Michael zufrieden und schickte sie mit Ginas Hilfe ab. Fast 10 Minuten lang hielt sie einen Monolog über ihren Morgen im Krankenhaus, wie nett der junge Arzt war, dass sie später auch einmal Ärztin werden möchte und dass sie dann in ein paar Jahren auch mal ein Praktikum machen dürfte. Natürlich hatte Elisa auch Bruce nicht vergessen und sagte ihm wie sehr sie ihn vermisste.

Kurz darauf kam auch schon die Krankenschwester wieder, die ein paar Stunden vorher schon das Frühstück gebracht hatte. Diesmal hatte sie zwei Teller Rigatoni Bolognese auf ihrem Tablett und lächelte Elisa und Gina an, als sie das Zimmer betrat.

"Hallo Frau Müller, hallo Elisa. Ich bring euch euer Mittagessen. Heute gibt es Rigatoni Bolognese, ich hoffe euch schmeckt es. Aber unsere Krankenhausküche kocht wirklich gut für eine Krankenhausküche, da habt ihr Glück! Schau mal Elisa, du bekommst den Kinderteller und deine Mama bekommt die Elternportion. Besteck hab ich auch dabei." Sie stellte die Teller auf den Nachttisch neben dem Bett und legte das Besteck und ein paar Servietten daneben.

"Rigatoni Bolognese? Echt?!", freute sich Elisa. "Die mag ich total gerne, das ist ja toll!"

"Das hört man gern! Dann lasst es euch schmecken. Einen guten Appetit", wünschte sie Mutter und Tochter und ging weiter ins nächste Zimmer.

"Du Mama? Meinst du, dürfen wir heute schon wieder heim?", wollte Elisa wissen während sie sich die Nudeln in den Mund schaufelte. Ihr Hunger war auf jeden Fall wieder zurückgekehrt. "Mir geht's ja schon echt wieder besser und ich ruhe mich zuhause dann auch aus, versprochen! Ich will nur einfach wieder heim."

"Du Maus, ich bin ja kein Arzt. Das kann nur der Max entscheiden. Der kommt heute am Nachmittag nochmal vorbei und schaut nach dir. So gut wie es dir jetzt schon wieder geht, da denke ich schon, dass wir bald heim dürfen. Aber ich kanns dir nicht versprechen, das entscheidet der Arzt. Hast du etwa Heimweh, Elisa?"

Leicht beschämt nickte Elisa. "Mhm, schon ein bisschen. Ich will einfach nach Hause aufs Sofa und nicht hier im Krankenhaus liegen."

"Wir dürfen sicher bald wieder heim, Elisa. Da bin ich mir sicher. Und dann darfst du dich den ganzen Tag am Sofa ausruhen, wenn du magst ok?"

"Mhm...kommen dann Oma und Opa und Michael und Bruce auch?"

Gina seufzte. Elisa schien Michael und vor allem Bruce nun schon fest zu ihren Lieblingsmenschen dazu zu zählen. Wie sollte sie ihr erklären, dass Bruce mit seinem Herrchen in ein paar Tagen wahrscheinlich schon wieder weg war und nicht hier im Garmischer Umkreis wohnte? Sie wollte die Hoffnungen ihrer Tochter nicht zerstören und schließlich hatte Michael auch mehrmals versprochen sie zu besuchen, aber Erwachsene versprachen viel. Hielten das Versprechen oft aber auch nicht ein, verletzten damit kleine, zarte Kinderseelen und verstanden oft nicht was sie jetzt eigentlich falsch gemacht hatten. Genau das fürchtete Gina nun auch bei Elisa. Nur zu gut konnte sie sich an ihre eigene Kindheit erinnern als ihr Vater Martin ihr jeden Morgen versprach sie ins Bett zu bringen, aber so viel in seiner Praxis arbeiten musste, dass er das Versprechen höchstens am Wochenende einhalten konne. Oft weinte sie still vor sich hin, nachdem ihr Mutter Rosi sie wieder einmal ins Bett gebracht hatte, weil Papa noch nicht Zuhause war.

"Also Oma und Opa kommen denke ich auf jeden Fall vorbei, aber ob Bruce mit Michael kommt kann ich dir nicht versprechen."

Sofort zog Elisa einen Schmollmund und sah ihre Mama mit ihrem Hundeblick an. "Aber warum solle er denn nicht vorbei kommen? Ich will doch meinen neuen besten Freund Bruce jetzt öfters sehen."

"Das weiß ich, Elisa. Aber der Michael wohnt ja nicht hier. Und der arbeitet auch viel und kann nicht immer hier sein. Aber falls er heute wirklich vorbei kommt, kannst du ihm das ja sagen. Machen wir das so?" Gina hoffte, dass das Thema nun wieder für einige Zeit vergessen war. Aber da täuschte sie sich.

"Aber können wir nicht Michi und Bruce anrufen und gleich fragen?"

Missmutig schüttelte Gina den Kopf. Nein, das würden sie nicht machen. Schließlich war Michael ja nicht Ginas Bruder oder Elisas Onkel sondern mehr oder weniger nur ein Bekannter, der ein Freund von Peter war.
"Elisa, hör zu. Wenn der Michael heute vorbeischaut, kannst du ihn fragen ok? Aber ich will ihn nicht nerven, wir haben ihm doch gerade erst eine Sprachnachricht geschickt."

Elisa war sichtlich nicht begeistert, akzeptierte aber die Entscheidung ihrer Mama.

Kurz darauf klopfte es an der Tür und Ginas Eltern kamen ins Zimmer, um nach ihrer Enkelin zu sehen.

"Omaaa, Opaaa!", freute sich Elisa.

"Elisalein, was machst du denn für Sachen?!", fragte Oma Rosi als sie sich ans Bett ihrer Enkelin setzte und ihr vorsichtig durchs Haar strich.

"Ich wollte noch nur schauen, ob da wirklich ein Monster unter meinem Bett war, Oma...tut mir leid, das war blöd von mir", murmelte Elisa schuldbewusst und war kaum in der Lage Rosi in die Augen zu sehen.

"Aber Elisa, dafür musst du dich doch nicht entschuldigen! Du bist ein Kind, das kann immer mal wieder passieren. Solange nicht was total schlimmes passiert. Und soll ich dir mal was verraten?"
Elisa nickte und wartete nun gespannt, was ihre Oma nun erzählen würde.
"Als deine Mama jung war, da hat sie lauter Blödsinn angestellt."

"Mama!", beschwerte sich Gina. Das war ja wieder mal klar, dass jetzt die peinlichen Geschichten ihrer Kindheit erzählt wurden.

"Ja stimmt doch, mein Kind. Wenn deine Tochter da nach dir geht dann viel Spaß", neckte Rosi ihre Tochter Gina.
"Auf jeden Fall, Elisa, hat deine Mama oft Blödsinn angstellt. Einmal waren Opa und ich nur ganz kurz im Garten und als wir wieder rein kamen hat der ganze Wohnzimmerteppich geraucht und hätte fast gebrannt! Deine Mama hat Teelichter aus dem Regal genommen und wollte sie anzünden, hat die Streichhölzer dann aber auf den Teppich gelegt und hat dadurch den Teppich auch mit angezündet."

Verärgert schaute Elisa zu ihrer Mama. "Aber Mama! Das darf man nicht! Man darf als Kind nicht mit dem Feuer spielen ohne einen Erwachsenen, das lernt man doch schon im Kindergarten! Und wenn dann auf etwas festes und nicht auf einen Teppich legen, weil so ein Teppich leicht brennen kann, das haben wir in der Schule gesehen. Das ist voll gefährlich, Mama!"

Gina war die ganze Situation unangenehm, schließlich wurde sie gerade von ihrer 6-jährigen Tochter geschimpft. Rosi lachte amüsiert und auch Martin konnte das Lachen nicht zurückhalten.

"Ja ja Rosi, die Gina hat und damals fast in den Wahnsinn getrieben.", merkte Martin an.
"Weißt du noch als wir mir ihr den Kinderfilm angesehen haben als sie so 13 Jahre alt war? Der Film war ab 6 freigegeben und nach einer halben Stunde mussten wir den Film stoppen, weil Gina ununterbrochen geweint hat und so Angst vor der Figur im Film hatte?"

"Ja! Da erinnere ich mich noch dran als wäre das gestern gewesen! Das war doch in der Weihnachtsheit, da kam der Grinch auf DVD raus und wir haben gedacht, ein neuer Kinderfilm an Weihnachten, den kaufen wir und schauen ihn mit Gina an. Aber nachdem sie so nur noch geweint hat und sie die Decke über den Kopf gezogen hat, mussten wir den Film stoppen. Weißt du das noch Gina?", wollte nun Rosi wissen.

Gina glühte regelrecht vor Scham und schaute in die Augen von Elisa, die vor Schelm regelrecht glitzerten.
"Ja, ich kann mich dran erinnern. Aber jetzt, Themenwechsel! Ich hab keine Lust vor meiner Tochter über meine peinlichen Momente als Kind zu reden."

Martin grinste. "Ach komm, Gina! Die besten Geschichten kennt deine Tochter ja noch gar nicht! Zum Beispiel als du in der Schule..."

"Papa! Nein! Bitte, das musst du jetzt wirklich nicht erzählen. Jetzt ists auch mal gut. Erzähl uns lieber was du in der Tüte hast, die du mitgebracht hast."

Have faith in the dark - MPKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt