18. Türchen

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(Johns POV)

Der nächste Tag ist eine reinste Tortur. Sherlock fantasiert mehr als das er schläft, wälzt sich immer wieder unruhig hin und her, redet, hustet, ringt immer wieder nach Luft. Sein Fieber ist gestiegen, er ist nassgeschwitzt, die Bettwäsche auch. Ich müsste sie dringend wechseln und seine Klamotten auch, aber Sherlock weigert sich, hält mich jedes Mal mit zitternden Fingern fest.

„Ich bin nur etwas erkältet", hat er gekrächzt. „Kein hilfsbedürftiger, alter Mann."
Dann hat er gehustet und sein Atem hat gerasselt und ich habe nur die Lippen zusammengepresst und ihm den Hustensaft geholt. Er hat ihn nicht eingenommen - immer noch nicht.

„Sherlock", flüstere ich und berühre ihn vorsichtig an der Schulter. Er gibt ein leises Murren von sich, rührt sich aber nicht. „Sherlock, Sie müssen etwas einnehmen."
Sherlock blinzelt, sieht aus großen, glasigen Augen zu mir hoch, scheint einen Moment zu brauchen, bis er mich erkennt.
„Ich brauche nich-" Seine Stimme versagt und er wird mit einem Hustenanfall gestraft.
„Doch, Sherlock", widerspreche ich ihm sanft. „Und jetzt hören Sie auf damit, ständig alles nur abzuweisen und mich wegzustoßen. Ich bin nicht zurückgekommen, um Ihnen nicht zu helfen, ich bin hier, weil ich mir Sorgen gemacht habe."

Sherlock sieht mich lange an. Seine Augen fragen Wieso tun Sie das und ich frage mich kurz dasselbe und weiß, dass es nicht nur ist, weil er mein Kollege und Freund ist.

„Sie würden es auch für mich tun", ist alles, was ich dazu sage. Ich lächle ihn an, dann stehe ich auf und hole seine Medizin, weil ich den Blick nicht länger ertrage, mit dem er mich ansieht. Eindringlich und tief und so, als wäre er ziemlich nah dran an der Wahrheit. Nur, dass ich sie selbst nicht weiß. Ich weiß nicht, was das mit Sherlock und mir ist, was es für mich ist, was es bedeutet. Und manchmal denke ich, dass das vielleicht auch ganz gut so ist.


-


Seit Stunden ist Sherlock nicht mehr ansprechbar und seine Temperatur ist noch etwas gestiegen. 42,2. Das ist hoch, viel zu hoch. Dabei glüht er gar nicht mehr. Seine Haut ist kühl, beinahe eiskalt, er zittert und friert, trotz der drei Decken und der Wärmflasche, die ich ihm gegeben habe. Sein Schlafanzug klebt an seiner Haut. Er streiche ihm die feuchten Haarsträhnen aus der Stirn, tupfe sie erneut mit einem nassen Waschlappen ab.
Sherlocks Lippen bewegen sich, als ich meine Hand sanft in seinen Nacken gleiten lasse und seinen Kopf anhebe. Ich flöße ihm etwas Wasser und Fiebersaft ein und Sherlock verzieht angewidert das Gesicht.

„Sie wollen mich vergiften", höre ich ihn wispern. Seine Stimme klingt schrecklich. „Ich wusste es doch."
Ich lache leise, obwohl mir nicht danach ist, und lasse seinen Kopf vorsichtig wieder aufs Kopfkissen sinken.
„Sagen Sie das in ein paar Tagen nochmal", sage ich und streichle über seine Wange, bemerke gar nicht, was ich da tue. „Und jetzt versuchen Sie, etwas zu schlafen, in Ordnung?"
„Ich bin nicht müde", murmelt Sherlock undeutlich und blinzelt träge zu mir hoch. Seine Augen glänzen fiebrig. „Ich muss Fälle lösen."
„Sherlock, Sie sind krank", widerspreche ich ihm und drücke in sanft zurück auf die Matratze, als er sich empört aufrichten will. „Sie gehören ins Bett. Und ich will Sie auch nirgendwo anders sehen, verstanden?"
„Da ist es wieder", flüstert Sherlock und seine Mundwinkel zucken, als wollte er grinsen. „Dieser arrogante ich-bin-Arzt-Ton."

Ich grinse und mache eine wegwerfende Handbewegung, der Sherlock interessiert mit den Augen folgt.

„Ach, eigentlich gefällt Ihnen das doch", sage ich lachend, aber Sherlock steigt nicht mit ein, starrt mich bloß aus großen Augen an. Fragend hebe ich eine Augenbraue.
„Ist alles in Ordnung?", frage ich besorgt und beuge mich in seine Richtung, was Sherlock dazu bringt, die Augen noch etwas weiter aufzureißen. Das kühle Blau flimmert und funkelt. „Sherlock?!"
Sherlock nickt hastig und fasst sich gleich darauf stöhnend an die Schläfen, scheint husten zu wollen, aber ihm fehlt die Kraft dazu.
„Sie sollten besser aufhören, zu reden", sage ich lächelnd und Sherlock verzieht das Gesicht.
„Sie unterhalten sich doch mit mir", widerspricht er mir krächzend.

Johnlock Adventskalender || LemonleliWo Geschichten leben. Entdecke jetzt