Prolog

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"Gefährliche Wahrheiten werden gerne mal an den Katzentisch für Verschwörungstheorien gesetzt"

-Christa Schyboll

Der Schuss hallt durch die warme Sommernacht. Das kurze Licht der Pistole erhellt die dunklen Gassen nahe der abgelegenen Straße.

Tasia schläft, wie es jede Stadt zu so später Stunde tun sollte. Doch wie jede Großstadt ihres Ausmaßes, sei es New York, London, Frankfurt oder Miami, erst dann richtig zu leben beginnt, wenn die meisten ihrer Bürger in den Schlaf gesunken sind, so zeigt Tasia meist nachts erst ihr wahres Gesicht. Man nennt sie nun nicht umsonst "Die älteste und die Ewige". Sie überlebte alles. Die Gründung und Angriffe einer Terrororganisation im späten 19. Jahrhundert, eine Wirtschaftskrise in den Zwanzigern, die Besetzung durch die Nationalsozialisten und den Bau ihrer Konzentrationslager in den Vierzigern, ja selbst als Gott und die Engel starben, standen die Gläsernen Häuser und die Unbrechbaren Mauern von Tasia weiter in vollster Pracht. Denn Tasia ist, trotz des Vergleiches, nicht wie andere Großstädte, sie ist ein Geheimnis. Die meisten Menschen wissen nicht mal von ihrer Existenz. Doch ihre Bürger kennt jeder, der schon einmal eine Gruselgeschichte gehört oder einen Horrorfilm gesehen hat. Blutsaugende Vampire, fleischfressende Ghoule, Männer und Frauen, die sich bei Vollmond in riesige haarige Kreaturen verwandeln und Magier, die vielleicht aussehen wie Menschen, doch unmenschliche Fähigkeiten besitzen. Tasia ist eine Schattenstadt, versteckt von der Außenwelt. Einige sagen, dass dies so ist, um die Außenwelt vor den gottlosen Bewohnern Tasias zu schützen, andere würden hingegen behaupten, dass Tasia eher ihre missverstandenen Bürger vor der brutalen Natur der Menschen schützt. Egal wie man es sieht, es ist so, also wird es auch so bleiben.

Der zweite Schuss fällt. Obwohl die Straßenlichter die Umgebung mit einer leichten Helligkeit versorgen, bringt die Pistole ein sehr kurzes, noch helleres Licht in die kleine abgelegene Straße. Ein Mann fällt blutend zu Boden. Seine teure Markenkleidung nun wertlos, nicht nur weil sie durch sein eigenes Blut und die Schusslöcher nun untragbar ist, sondern auch weil ihr Besitzer sie tot nicht mehr tragen kann. Ihr Besitzer ist ein Mann, der nie zu wenig hatte. Als Cousin eines Fürsten, als Don eines organisierten Verbrecher Rings, musste Sergio Dracula niemals betteln oder hart arbeiten. Er nahm was ihm nicht gehörte und kaufte davon Dinge, die er nicht brauchte. Er konsumierte nicht, um zu leben, er lebte, um zu konsumieren. Ironisch, denn wäre er nicht an diesen Abend in Blue Rose, ein örtlicher Stripclub, gegangen um sich an dem Süßen Blut einer Prostituierten Satt zu trinken, hätte er nicht seinen Leibwachen viel zu viel Teuren Alkohol ausgegeben, so wäre er nicht alleine durch diese Gassen in diesen Teil der Stadt gekommen und wäre seinen Henker nie begegnet.

"Komisch, die Presse nennt sich immer unantastbar, aber nach zwei Schüssen liegst du schon". Der Mann mit der Waffe kniet sich vor den verwundeten Aristokraten nieder mit einem schelmischen Grinsen. Verglichen mit Sergios guten Aussehen, von seiner reinen Haut bis hin zu seinem teuren Schmuck, sieht dieser Mann furchtbar aus. Verwesende leicht grünliche Haut, große fast schon froschähnliche Augen, welche niemals zu Blinzeln scheinen, ein dreckiges weißes Unterhemd, welches nun mit dem Blut des Vampirs befleckt ist. Dieser Mann ist Rodrik Selzer "Der Boogeyman", wie er von Freunden und Feinden genannt wird. Er ist ein Ghoul. Ein reanimierter und durch Drogen zu verstehen gebrachter Mensch. Wobei menschlich wahrscheinlich das letzte Adjektiv ist, mit dem man ihm beschreiben kann. Er ist ein Mann von Macht, der besonders die kleinen Dinge im Leben liebt.

Sergio versucht, Qualvoll einige Worte zu sagen: "Hat dich Zombie geschickt?"

Selzer muss auflachen, eine hässliche fast schon Hyänen ähnlich "Zombie' hat hiermit nichts zu tun, noch nicht. Aber vertrau mir Sergio-Baby die nächsten Wochen werden für deine kleine Familie sehr interessant sein.

Der Bogeyman richtet seine Waffe auf den Kopf des verletzenden Patriarchen "Letzte Worte?"

Sergio blickt ihn mit einem verachtenden Blick an. Er hasst es wie dieser Ghoul, dieses niedere Geschöpf ihn verspottet. Er ist von derselben Blutlinie wie der Fürst verdammt wie kann er es wagen ihm so respektlos gegenüber zu sein.

Selzer blickt sein Opfer gespielt beleidigt an "Ach komm Sergilein, ich bin vielleicht ein Mörder aber ich bin doch kein Monster. Ich weiß wieviel wert ihr Kehlenlutscher auf eure letzten Worte legt."

Es ist wahr, dass die Familie der Draculas glaubt, dass, wenn man in ihrem letzten Atemzug Rache verspricht, diese Rache kommen wird. Und so nimmt Sergio all seine Kraft zusammen und spricht die Worte: "Selzer unser Blut wird di-".

Ein letzter Schuss erhellt die kleine abgelegene Straße von Tasia, in welcher nun ein Bewohner weniger lebt. Selzer steckt seine Pistole weg und steht auf "Meine Fresse, ich sagte letzte Worte nicht eine ganze Abschiedsrede." Selzer kramt aus seiner abgetragenen Hose ein Klapphandy und fotografiert die Leiche. Er wird dieses Bild später an alle Redakteure und Journalisten der Stadt schicken und es in dem ein oder anderen Forum posten. Jeder sollte wissen, dass dieser Krieg von seiner Seite eskalierte und dass er ihn auch gewinnen würde.

Die Tasia Verschwörung - Verottete ErdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt