19. Türchen

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Kurze Info vorab: Hier beginnt jetzt ein neuer OS :)

Ich stehe mit John in der Mitte des Wohnzimmers, genau genommen in dem Kreis, den die anderen um uns gebildet haben. Aber das spielt auch keine Rolle. Fakt ist: Wir sind uns viel zu nah. Und wir sind hier, weil wir rummachen sollen. So hat Molly es genannt und dabei irgendwie traurig ausgesehen. So hat sie auch schon geschaut, als die Flasche nicht auf sie, sondern auf den Mann neben ihr gezeigt hat. Sally hat gekichert und Lestrade angestupst und der wiederum meinen Bruder, der nur müde den Mund zu einem schiefen Lächeln verzogen hat.

„Ja, total klasse, mein Bruder bekommt seinen ersten, richtigen Kuss", hat er gemurmelt und sich einen Tritt und einen bösen Blick von mir einkassiert.
„Klappe, Mycroft", habe ich gezischt und gespürt, wie ich dabei ganz rot geworden bin. Vor John ist es mir peinlich gewesen, obwohl mir nie etwas peinlich vor ihm ist. „Du sollst doch keine Lügen erzählen."
„Eine Übertreibung ist es aber auch nicht", hat Mycroft augenrollend erwidert und dann abwartend zwischen John hin und mir gesehen. Das war der Moment, in dem ich das Gefühl hatte, gleich brechen zu müssen. Nicht, weil ich mich so vor der Vorstellung geekelt habe, meinen besten Freund zu küssen, sondern weil vielmehr das Gegenteil der Fall gewesen ist.

John sieht mich an und durch mich hindurch und ich habe das Gefühl, er könnte die Aufregung und Angst in meinem Inneren erkennen. Kurz huscht sein Blick hilfesuchend zu Lestrade, der neben meinem Bruder steht und wie die anderen auch darauf wartet, dass wir uns küssen.

Wahrheit oder Pflicht. Es ist ein Spiel für Kinder. Molly hat es vorgeschlagen, begleitet von Sallys begeistertem Quietschen, und ich glaube, es hat an dem Alkohol gelegen, dass keiner dagegen protestiert hat. Vielleicht aber auch daran, dass niemand dachte, jemanden küssen zu müssen. Ich dachte das auch nicht. Und jetzt stehe ich hier mit John, meinem besten und einzigen Freund, zusammen mit meinen feuchten Handflächen und meinem wild schlagenden Herz. Ich zittere und weiß nicht, wieso ich das tue, atme flach und schnell. Mein Körper tut das alles, ich stehe nur wie erstarrt da und starre John an.

„Du kannst noch Nein sagen", erinnert mich Mycroft grinsend. „Du siehst aus, als würdest du gleich umfallen, Sherlock."
„Lieber das als alle anderen Zeugen eines halben Pornos werden zu lassen", gebe ich schnaubend zurück. „Ich hatte schon Sorge, ihr würdet euch auffressen."
„Eifersüchtig?", schießt mein Bruder arrogant zurück, während Lestrade feuerrot anläuft und den Blick senkt. Ich lächle zufrieden. Wenigstens einen habe ich damit in Verlegenheit gebracht.

Plötzlich spüre ich zwei Hände an meinen Wangen und die zarte Berührung wird schlagartig zur Gänsehaut. Ich zucke zusammen, aber nicht davor zurück. John ist mir auf einmal ganz nah. Die Luft zwischen uns knistert und knackt und ich kann seine Wärme spüren. Mein Blick huscht zu seinen Lippen, als er sie langsam befeuchtet, und der Gedanke daran, sie gleich zu berühren, löst beinahe schmerzhaftes Kribbeln in meinem Inneren aus. John und ich tauschen einen langen Blick, der zu einem Brennen auf meiner Haut wird. Ich schaue in seine strahlenden, blauen Augen. Der Ausdruck darin ist weich, das Funkeln warm. Kleine, hellblaue Sprenkel leuchten mir entgegen und mein Herz zieht sich zusammen.

Das Blut rauscht in meinen Ohren, mein Mund ist trocken, und als ich schlucke ist es seltsam laut. John lächelt, kommt noch näher, so nah, dass er unscharf wird und vor meinen Augen verschwimmt. Seine Finger rutschen in meinen Nacken und in meine Haare und ich beiße mir auf die Lippe, um nicht leise aufzuseufzen, weil diese Berührung allein schon so viel mehr ist, als ich mir je erträumt habe. Mein Herz hämmert gegen meine Brust. Ich spüre seinen warmen Atem auf meinem Mund und seinen streichelnden Daumen an meiner Wange.

Seine Nasenspitze berührt meine, dann neigt er unendlich langsam den Kopf, ich halte den Atem an, spüre seinen noch einen kurzen Augenblick auf meiner Haut, dann seine Lippen, vorsichtig und zart. Ich ziehe scharf die Luft ein, klammere mich an ihm fest, atme unruhig in den Kuss. John zieht mich fester an sich, seine Hände vergraben sich in meinen Haaren und sein Körper vibriert unter meinen. Er küsst mich ganz vorsichtig, so, als wollte er fragen, ob ich es überhaupt mag. Das tue ich nicht. Ich liebe es.

Johnlock Adventskalender || LemonleliWo Geschichten leben. Entdecke jetzt