,,Mama? Mama! Ich muss los!", rief ich die Treppe hoch. Es war Donnerstag, kurz vor 16 Uhr und ich musste los zum Reiten. Wie immer kam und kam Mama einfach nicht. Endlich kam sie die Treppe herunter gelaufen und wir konnten losfahren.
Als ich 10 Minuten später voll Vorfreude am Stall ankam, war noch niemand aus meiner Gruppe da.
Ich ging zu der Koppel, auf welcher die Ponies standen und wartete, bis meine Gruppe komplett war. Jetzt wurden die Pferde verteilt. Ich bekam mein damaliges Lieblingspony Moritz. Ich holte ihn von der Koppel und fing an ihn zu putzen. Kurze Zeit später kam meine Reitlehrerin zu mir und sagte, dass Moritz Zahnprobleme habe und nun gebisslos geritten werden soll.Irgendwie kam Panik in mir auf. Ich wollte nicht gebisslosen reiten. Ich dachte, ich habe so keine Kontrolle mehr über ihn.
Trotzdem sattelte ich ihn und zäumte ihn auf.
Noch immer hatte och Angst, ihn so zu reiten.
Der Unterricht begann.Sehr schnell merkte ich den extremen Unterschied zum Reiten mit Gebiss.
Moritz ging deutlich lockerer. Er ließ sich besser lenken und war insgesamt lieber. Nie hat mit eine Reitstunde mit ihm mehr Spaß gemacht!Zu Hause ging ich in mein Zimmer und schaltete den PC ein. Ich wollte mehr über das gebisslose Reiten erfahren.
War es besser, als das Reiten mit Gebiss? Was sind die Vorteile, was die Nachteile?Ich klickte das erste Ergebnis bei Google an.
Ein Link zur Website von Markus und Andrea Eschbach, Horsemanshiptrainer aus der Schweiz.
Ich fand einen Artikel über das Gebisslose Reiten. Ich begann zu lesen.
Es dauerte nicht lange, da hatte ich beschlossen nie wieder ein Gebiss in das Maul eines Pferdes zu legen, wenn es nicht unbedingt sein muss.
Am nächsten Tag war an Aufpassen in der Schule nicht zu denken. Ich musste die ganze Zeit an das gebisslose Reiten und überhaupt an Menschen im Umgang mit Tieren denken.
Ich dachte an Videos, die ich gesehen hatte. Hochleistungssport, Mächtigkeitsreiten.
Höher, schneller, weiter, gefährlicher.
Ich kannte Videos, in denen die Pferde nach sehr hohen Hindernissen auf die Knie fielen beim Aufkommen anstatt auf die Hufe.
Ich sah die ganzen Pferde vor mir, die bei Turnieren und Rennen in Hindernisse krachten, die bei Vielseitigkeitsturnieren bei Wassergraben stürzten und liegen blieben.
Ich hatte von vielen Reitern und Pferden gehört, die bei Wettkämpfen ums Leben kamen.
Ich war 12. 12 Jahre alt. Ich fragte mich, warum die "großen" Reiter nicht wissen wie gefährlich das Mächtigkeitsreiten ist oder ob es sie einfacher nicht interessierte.
Ich fragte mich, wie man so grausam sein kann.
Aber ich dachte nicht nur über das Reiten nach.
Ich dachte auch an Zirkusse, die mit Tieren arbeiten. Die Tiere werden dort sicherlich nicht fair behandelt.
Und ich dachte über Tierversuche nach. Ein Thema, Welches mich schon lange Zeit beschäftige.
Warum? Warum sind manche Menschen so grausam?
Eine Frage, die ich mir auch heute, 4 Jahre später, nicht beantworten kann
