first chapter

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Die ersten hohen Gebäude Londons ragten über den Zug hinaus und rasten an Lucy vorbei. Jedes Bild, jeden Eindruck versuchte sie aufzunehmen und konnte einfach nicht genug davon bekommen. Dabei presste sie ihre Nase an das kalte Zugfenster.
Das zeigte, anders als für bereits mehrere Stunden, endlich nicht länger ausschließlich Felder und in der Ferne liegende, kleine, neblige Dörfer, sondern gewährte nun einen flüchtigen Blick auf die Stadt.
»Ich kann es kaum erwarten, endlich London entdecken zu können,« teilte sie begeistert ihrer Familie mit. »Ich bin so froh, dass ihr dieses Jahr endlich einmal auf mich gehört habt.« Sie pausierte kurz. »Obwohl ich euch damit schon sehr lange in den Ohren gelegen habe,« fügte sie verlegen hinzu.
»Neiin. Überhaupt nicht,« erwiderte ihre Schwester mit einem leicht amüsierten Ton.
»Du hast ja nur ein paar Male darum gebettelt. Glücklicherweise wollte ich auch nach London. Alleine die Vielzahl an architektonischen Meisterwerken hier macht die Stadt außerordentlich sehenswert. Wusstet ihr, dass jährlich etwa 19 Millionen Touristen nach London kommen?,« erzählte sie.
Dabei schien sie es gar nicht zu bemerken, dass ihre Familie ihr nicht wirklich zuhörte. Sie war zu sehr beschäftigt, mit dem was sie gerade erzählte.
Eine Strähne blonden Haars fiel Lyanna aus ihrem Pferdeschwanz in ihr Gesicht.
Lucy hingegen trug ihre ebenfalls blonden Haare offen.
Wie so oft pustete Lyanna sie nur kurz aus dem Weg und fuhr fort: »Das macht es damit zur 5. beliebtesten Stadt für Touristen.«  Lucy verdrehte nur amüsiert ihre Augen.
Ihre Schwester war in ihrem Element und sobald sie einmal damit anfing, konnte man sich sicher sein, dass das nicht das letzte davon war.

»Kommt schon. Sucht eure Sachen jetzt zusammen. Wir machen gleich Halt in Kings Cross,« ertönte es von Lucy's Vater genervt und unterbrach damit ihre aufgeregten Gedanken kurz, die immer noch dabei waren, was sie alles endlich hier in London erleben könnte.
Schon seit gestern war er andauernd schlecht gelaunt, n
Nachdem das Auto plötzlich nicht mehr funktioniert hatte, hatten sie kurzfristig deswegen sich Zugtickets für heute buchen müssen.
Lucy beschloss jedoch, sich davon nicht ihre gute Laune verderben zu lassen.
»Klar doch,« und sammelte ihr Handgepäck zusammen.
Dieser Sommer würde der beste ihres nicht allzu langen Lebens werden. Da war sich Lucy sicher. Warum sie so aufgeregt war?
Ihre Faszination für die britische Metropole nahm ihren Ursprung darin, dass der Vater der Zwillinge ihnen von Geschäftsreisen nach London über Jahre hinweg immer wieder kleine Souvenirs mitgebracht hatte. Und jetzt war sich Lucy sicher, dass London die großartigste Stadt in der ganzen, weiten Welt war.
Selbst die Ausstellung von irgendetwas stinklangweiligem, die vermutlich der einzige Grund dafür gewesen war, dass ihre Schwester Lucy geholfen hatte, ihre Eltern zu überzeugen, dieses Jahr nach London zu gehen, konnte hoffentlich nicht allzu schlimm sein.
Während Lucy selber ihre Sachen zusammensammelte, spielte Lyanna gegenüber von ihr nervös mit einer Münze in ihrer Hand. Natürlich hatte sie schon vor über zehn Minuten, als die baldige Ankunft in London per Durchsage angekündigt wurde, alles von sich bereits zum Aussteigen vorbereitet.

Die geschäftigen Geräusche des Bahnhofs empfingen Lucy, sobald sie ausstiegen.
Kühle Luft, die für einen Septembermorgen recht untypisch war, überraschte sie, nach dem behaglichen Aufenthalt im Zug. Gut, dass sie ihre grüne Strickjacke sich noch gerade auf Rat ihrer Mutter hin übergezogen hatte.
»Wir gehen zum Gepäckwagen und holen unsere Koffer,« sagte den Schwestern ihr Vater. »Wartet ihr hier, bis wir zurück sind.«
Sobald ihr Eltern im belebten Treiben des Bahnhofs verschwunden waren, begann Lucy, diesen zu bewundern.
Viele Leute, von Geschäftsmännern, die mit wenig Gepäck sich schnell durch die Menschenmenge durchdrängten, bis zu Familien, mit kleinen, schreienden Kindern, tummelten sich auf den Bahnsteigen.
Riesige Fenster an der Decke beleuchteten die Reisenden und moderne Kunst in Form von aneinanderliegenden Dreiecken ging von Wand zu Wand, über die komplett Decke. Das vollendete die Modernisierung von Kings Cross, fand Lucy. Abgesehen von den altehrwürdigen Mauern aus braunen Backsteinen, war noch kaum etwas im Urzustand des Bahnhofs.
Die Begeisterung stand Lucy regelrecht ins Gesicht geschrieben. Alles war einfach wunderbar.
»Wusstest du, dass vor fast 2000 Jahren genau hier ein großer Kampf zwischen den Römern und dem keltisch-britischen Iceni Stamm stattfand?,« teilte Lyanna ihrer Schwester mit, mit einem Hauch von Stolz in der Stimme. »Die Stammesleiterin Boudicca hat laut Sagen hier ihre letzte Schlacht geschlagen und wurde angeblich dort drüben entweder unter Gleis 9 oder 10 begraben.« In einer vielsagenden, gruseligen Stimme fügte sie flüsternd hinzu: »Manche sagen, dass Boudiccas Geist noch immer dort ihr Unwesen treibt.«
Ja, genau.
Selbst konnte Lyanna aber nicht mehr lange ernst bleiben und verdrehte schnaubend die Augen.

Through The Ages - A Harry Potter StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt