Mein Kopf dröhnte, als ich wieder zu mir kam. Die Kraft schien meinen Körper verlassen zu haben und die Erinnerungen huschten verschwommen vor mein inneres Auge. Gelb und Schwarz. Sibling. Der Sibling.
Wie auf den Schlag erinnerte ich mich. Die Drinas.
Ich war auf dem Rücksitz von einen der beiden Autos und versuchte mich zu erheben. Im Augenwinkel sah ich die zerbrochene Windschutzscheibe, durch die ich gekracht war. Unter Schmerzen krallte ich mich in den Sitz vor mir und zog mich hoch. Ein Stöhnen entwich mir, doch davon ließ ich mich nicht abbringen.
Ein kurzer Blick nach draußen und ich wusste, dass der Kampf noch voll im Gange war. Dean stand nicht weit von mir und dem Auto entfernt. Er sah fast winzig aus neben den hellbraunen Wolf, der in den Moment nach ihm schnappte.
Der erste Gedanke, der mich kam, waren meine Waffen. Mit einer Hand hielt ich meine Seite, die beim Bücken nach meiner Tasche unendlich schmerzte.
»Verdammt ...«, murmelte ich. Mein Sichtfeld wankte, während ich nach wenigstens einer Waffe kramte.
Ich muss hier dringend weg.
Zwischen all meinen Hab und Gut spürte ich den vertrauten Griff meines Revolvers. Geübt schlug ich die Trommel raus und zählte die Munition. Drei von fünf Patronen waren noch geladen und in der Pistole müssten noch ungefähr zehn drin sein.
Du packst das.So schnell es mir möglich war, schulterte ich meine Tasche und schlug die Tür des Jeeps auf. Erst als ich auf den Boden aufkam, merkte ich den den entsetzlichen Schmerz in meinem Bein. Er kam so unerwartet, dass ich mich am Auto festhalten musste um nicht umzufallen. Durch meinen leisen Schrei machte ich auf mich aufmerksam.
Es war nur ein Bruchteil einer Sekunde, in der Dean zu mir schaute. Doch diese Zeit reichte dem Sibling, um auf ihn loszugehen. Er packte Dean am Arm und schleuderte ihn in meine Richtung, als wäre er nur eine lästige Fliege.
Im letzten Moment machte ich einen Satz nach links, bevor Dean gegen das Auto flog und mit diesem mehrere Meter weiter rutschte. Ich hörte sein schmerzerfülltes Stöhnen nicht weit von mir, schaute allerdings nur auf den Sibling. Er blickte mir kurz in die Augen, bevor er erneut auf Dean losrannte.
Mein Kopf arbeitet auf Hochtouren, während der braune Wolf ihm immer näher kam.
Was sollte ich tun? Ich war mir sicher, der Sibling würde Dean außer Gefecht setzen damit er freie Bahn für mich hatte.
Ich konnte nicht fliehen. Mein Bein konnte mich kaum halten und mein Blickfeld wurde mit jeder Sekunde wieder dunkler.Meine Gedanken schalteten sich ab, ich ließ nur noch meinen Körper arbeiten. Denn mein Verstand könnte niemals eine Entscheidung treffen. Und somit tat ich das, was mein Instinkt mir sagte.
Waffe entsichern. Laden. Zielen. Ich konnte nicht mehr richtig sehen, schwankte stattdessen und drückte dennoch einfach ab.
Und nochmal.
Das Jaulen des Siblings war zu hören. Dann ein tiefer Schrei des Mannes, der in ihm steckte. Schemenhaft konnte ich Dean sehen, der aus den Trümmern des Autos aufstand. Ohne den gekrümmten Mann am Boden Beachtung zu schenken kam er auf mich zu. Erleichterung überschwemmte mich.
Er ist nicht tot.
Die letzte Kraft verließ meinen Körper. Meine Tasche wirkte plötzlich unheimlich schwer, genau wie der Revolver in der Hand. Wie in Zeitlupe sah ich ihn aus meiner Hand fallen und wie die Welt immer schräger wurde. Bis zwei Arme sich um meinen Oberkörper schlangen und mich aufrecht hielten.
»Bleib wach. Komm schon.« Ein Arm schob sich in meine Kniekehle und ich wurde hochgehoben. Stetig pochte der Schmerz durch meinen Körper. Verschleiert erblickte ich Dean und seine braunen Augen, die mich eindringlich anschauten. »Gut. Du schaffst das.«
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Long Way
FantasyNeuauflage von 'Andere Welten - Nichts wie es einmal war' In einer Welt, in der es keine Normalität gibt, ist nichts außergewöhnlich. Das glaubt zumindest Melanie. Durch Verlust und Einsamkeit geprägt versucht sie mit allen Mitteln nicht in die Fäng...