Dornige Rosen

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Einige Tage waren vergangen und Caius hatte sie unter Verschluss gehalten. Dem blondhaarigen Meister ging es gehörig gegen den Strich, dass Aro einfach so entschieden hatte, dass Audrey von jetzt auf die gleich das Privileg besaß, sich unter Aufsicht der anderen Vampire im weitläufigen Schloss umsehen zu dürfen.


 Hatte Aro etwa die letzen 90 Jahren die Erziehung dieses Mädchens übernommen und sich all die Rückschläge ansehen müssen? Nein das hatte der Anführer des Zirkels nicht. Somit hatte Caius entschieden, dass Audrey nach diesem Ausflug, der ihr sehr viel Spaß bereitet hatte, in ihr Zimmer zu sperren. 


Nicht eine direkte Bestrafung an Aro sondern so war es doch eher Audrey die damit zurecht kommen musste, aber Caius wusste dass es Aro ungeduldig machen würde, so würde der dunkelhaarige doch zu gerne wissen wie ihre Gedanken bei der Schlossführung mit Heidi oder der Interaktion mit den getroffenen Mitgliedern des Clans gewesen war. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen und eines sollte Aro sich merken - Audrey war sein Spielzeug  und nicht das von jemand anderem.

"Mag das Sterntaler Mädchen keine Tiere?"


Caius betrachtete eines der Niederschriften die er über die letzen Jahre über Audrey angefertigt hatte und hatte die Vampirin in seine Gemächer geholt, wo Audey still und mit einem verträumten Blick auf einem Stuhl saß und ihn eigentlich nicht stören sollte. Vermutlich wollte dieses undankbare Mädchen auch nur einen weiteren Weg finden, damit er ihr endlich die Erlaubnis erteilen würde, die Gemächer verlassen zu dürfen und auf Erkundungstour zu gehen. Wie oft sie in den letzten Tagen doch davon geschwärmt hatte, sich bei Nacht endlich den Schlossgarten ansehen zu dürfen. 


Caius hatte diesen Wunsch nie für voll genommen und die besagte Nacht des Freigangs immer wieder verschoben. Doch dass sie nun mit einem solche Blödsinn um die Ecke kam, lies den sadistischen Meister von den Niederschriften aufsehen und sie erklärte schnell, was dieses 'Sterntaler Mädchen' gemacht hatte, als Felix sie damals zu ihrem Zimmer gebracht hatte. Das man Jane mit einer Märchenfigur vergleichte war naiv aber so war nun mal Audreys Denkweise an die Caius sich in den letzen Jahrzehnten hatte gewöhnen müssen.

"Jane ist eine sehr mächtige Vampirin für unseren Zirkel. Ihre Gabe hat uns in sehr vielen Kämpfen geholfen. Was ist da schon ein Tierleben wert", knurrte Caius abfällig und konnte Aros 'Diamanten' in seinen Reihen durchaus verstehen - Jane war etwas kostbares, aber im Vergleich zu Audrey war sie eben viel mächtiger und perfekter als das fehlgeschlagene Verwandlungsexperiment.


"Warum hat Audrey keine Gabe Daddy?", fragte Audrey leicht enttäuscht weiter - ja das war noch so ein Punkt an dem Caius leicht frustriert war. Bis jetzt hatte das Mädchen keine Gabe gezeigt, nicht was sie von anderen Vampiren abhob oder besonders machte. Die Hoffnung dass Audrey's Gabe sich irgendwann freisetzten würde schwand mit jedem einzelnen Tag.


Caius stand auf und war innerhalb einer Sekunde vor Audrey, zwang sie somit indem er seine Hand unter das Kinn der Vampirin legte und leicht nach oben drückte, ihn anzusehen. Leichte Unsicherheit und Trauer spiegelten sich in den Augen der Blondine wieder und Caius spürte ein Gefühl, dass er als unnötig abgestempelt hätte. Sie sollte nicht unnötig schlecht von sich denken - sie gehörte ihm und schon allein die Umstände, dass sie die einzige bekannte Vampirin war, deren Verwandlung so schief gelaufen ist, macht sie zu etwas besonderem.


"Auch wenn es eine Enttäuschung ist,dass du keine Anzeichen für eine Gabe offenbarst - so ist dein Zustand und wie du zum Vampir wurst etwas besonderes - vergiss das nicht Audrey - und jetzt sieh zu das du fort kommst - ich erwarte deine Rückkehr morgen Mittag im Thronsaal zum Essen"


Das glückliche Funkeln in den Augen seiner 'Tochter' sprach Bände und nachdem Audrey ihm etliche Male gedankt hatte und anschließend auch aus den Gemächern des Meister verschwunden war, konnte Caius sich den Niederschriften widmen - in der Hoffnung irgendwo einen Hinweis auf eine eventuelle Gabe überlesen zu haben.


Sie konnte ihr Glück kaum fassen, endlich durfte sie sich den Schlossgarten ansehen gehen und ihr Daddy hatte den Zeitraum, wann sie sich wieder bei ihm melden müsste bis zum Mittag des nächsten Tages erweitert. Und er hatte ihr gesagt, dass sie etwas ganz besonderes ist - das macht diesen Abend noch ein kleines Stück besser und voller Vorfreude ließ Audrey die Gemächer von Caius hinter sich und fand - nachdem sie sich einige Male verlaufen hatte auch endlich den Schlossgarten.


Dieser stellte sich noch schöner heraus, als dass Audrey es sich ausgemalt hatte. Überall waren die wunderschönsten Blumen und Bäume und sie schimmerten alle in so tollen Farben. Es gab etliche alte Steinbänke auf denen man platz nehmen durfte und die weiten des Schlossgarten schienen ins unendliche zu gehen.


Sie ließ sich auf einer der Steinbänke nieder und betrachtete einen Busch voller roter Rosen, welcher sich nicht sonderlich weit entfernt von der Bank befand nachdenklich. Mehr als einmal hatte Audrey sich schon gefragt ob ihre Verwandlung anders verlaufen wäre, wenn ihr Vater eine andere Blumen in ihren Blutkreislauf gespritzt hatte - Rosen zum Beispiel. 


Wäre sie dann wie eine normale Vampirin und könnte all die Dinge, die die anderen tun konnten auch so wunderbar schnell erlernen? Eine Antwort darauf wusste Audrey nicht, nur in einer Sache war sie sich ziemlich sicher - viele Rosen haben spitze Dornen und man sollte vorsichtig mit ihnen umgehen - sie kam dennoch nicht um die Frage herum, ob man Jane auch als Rose mit Dornen bezeichnen könnte- oder ob sie lieber bei Sterntaler Mädchen bleiben sollte.

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