Der Mann im Wasser

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Ein ganz normaler Morgen eines ganz normalen Tages. Das dachte Kristian zumindest. Als sein Wecker an diesem Morgen klingelte, war er schon längst wach. Wie jeden Morgen. Mehr als 5 Stunden konnte er nie schlafen. Nicht seit sein Vater vor 10 Jahren im Schlaf erstochen wurde. Der Täter wurde niemals gefunden. Müde trottete er ins Bad und griff nach seiner Zahnbürste. Das blonde Haar stand ihm in alle Richtungen ab. Seine Mutter beschwerte sich immer darüber, doch konnte er nichts gegen seine Locken tun. Es war, als hätten sie ein eigenes Leben. Während er sich die Zähne gründlich schrubbte, ging er in Gedanken nochmal gründlich die Matheformeln durch, die er für die heutige Mathearbeit brauchen würde. Kristian war 16 und besuchte die 10. Klasse. Eigentlich musste er sich wegen der Schule keine Sorgen machen, doch beruhigte es ihn immer, sich morgens zu vergewissern, dass er auch wirklich noch alles im Kopf hatte. Nachdem er sich den Mund ausgespült und auch das Gesicht gewaschen hatte, fiel sein Blick auf das Haargel, dass einsam auf der rechten Waschbeckenseite stand. Nein, er würde es auch heute nicht benutzen, würde sein Haar doch eh nicht in der gewünschten Frisur verweilen. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass er auch gar nicht genügend Zeit übrig hatte, um sich auf diesen Kampf mit seinen Haaren einzulassen, weshalb er sich nur einmal kurz mit der Hand durchwurschtle und dann das Bad verließ. Zurück in seinem Zimmer nahm er seinen Laptop vom Ladekabel und packte ihn in seine Schultasche. Dank seiner Mutter war er auf einer Privatschule eingeschrieben, die er von ganzem Herzen hasste. Er passte nicht auf diese Schule. Während die anderen Kinder fleißig am Lernen waren, las er lieber Fantasy-Bücher oder hörte Musik. Doch das soll nicht heißen, dass er nicht gut in der Schule wäre. Nein, trotz allem war Kristian einer der besten in seiner Klasse, was die Situation mit seinen Klassenkameraden nicht gerade besser machte. "KRISTIAN?! KOMMST DU? DU MUSST LOS!" Er hang sich die Tasche über die Schulter, schnappte sich noch schnell sein Handy und die Kopfhörer und sprintete dann die Treppe hinunter. "Was hast du denn wieder so lange gemacht? Und deine Haare..." Mit einem Grinsen schnappte er sich das Nutellabrot aus ihrer Hand und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. "Ich liebe dich Ma'. Bis heute Abend." Dann war er auch schon aus dem Haus gestürmt, hatte sich sein Rad genommen und war auf dem Weg zur Schule. Der Wind spielte mit seinen Locken und während er sein Handy aus der Tasche frimmelte und sich die Kopfhörer in die Ohren steckte.

Ja, es war ein ganz normaler Morgen. Bis eine SMS alles über den Haufen schmiss. Das Plopp der neuen Nachricht riss ihn aus seiner morgendlichen Routine. Verwirrt hielt er an und zog sein Handy hervor. Er bekam sonst nie Nachrichten, war er doch nicht gerade wegen seiner vielen Freunde bekannt. Die Nummer war unterdrückt. Mit zittrigen Fingern öffnete er die Nachricht. Du bist nicht sicher! Was sollte denn das heißen? Und wer würde ihm so eine Nachricht schreiben? Verwirrt schaute er sich um, doch konnte er niemanden erkennen, der so aussah, als hätte er etwas mit der Sache zu tun. Gerade als er sich wieder auf sein Rad schwingen wollte, ertönte ein erneutes Plopp. Wieder diese unbekannte Nummer. Tu das nicht! Jetzt doch etwas verängstigt sah er sich abermals um. Er war sich sicher, dass er beobachtet wurde. Wer bist du? Gespannt schaute er auf den Bildschirm. Dass er nurnoch 5 Minuten Zeit hatte, um rechtzeitig in der Schule anzukommen, fiel ihm gar nicht auf. Immer ungeduldiger wartete er auf die Antwort des Unbekannten. Doch als diese kam, war er nur noch verwirrter. Dein Beschützer. Beschützer? Er hatte keinen Beschützer? Warum sollte er auch einen haben. Er war niemand besonders. Seine Mutter war eine gut verdienende Realschullehrerin, die Privatschule konnten sie sich dank ihrer Witwen Rente leisten, doch war wirklich nichts ausergewöhnliches an ihnen, weshalb er beschützt werden müsste. Warum? Er wartete und wartete, doch bekam er keine Antwort mehr.

Zur Schule konnte er nun nichtmehr. Zwar war er nur 5 Minuten zu spät bis jetzt, doch könnte er sich niemals auf den Unterricht konzentrieren. Somit stieg er wieder auf sein Rad und machte sich auf den Weg zum Fluss, der am anderen Ende des Ortes durch den Wald floss. Dort ging er immer hin, wenn er Zeit für sich brauchte. Zeit zum Nachdenken. Auch heute war es wieder einsam und ruhig. Ein paar Rehe standen am Rande und tranken gemütlich. Er liebte es. Er liebte es, dass sämtliche Tiere seine Anwesenheit zu lieben schienen. Während diese wundervollen Kreaturen bei den Spaziergängern, die er ab und an von seinem Platz aus beobachtete, sofort Reißaus nahmen, schienen sie sein Dasein zu genießen. Er wusste nicht warum, doch war es ihm auch egal. Er genoss es; für ihn waren die Tiere Freunde genug.

Er hatte sich gerade hingesetzt, als etwas anderes seine Neugierde erweckte. Irgendetwas schien im Fluss zu schwimmen. Noch konnte er nicht genau erkennen, was es war, jedoch floss der Fluss in seine Richtung und somit würde es schon bald besser in seinem Sichtfeld sein. Und er sollte Recht behalten. Kurze Zeit später trieb das Etwas auch schon ganz in seiner Nähe am Ufer entlang. Ohne zu Überlegen krempelte er sich seine Hose nach oben und zog seine Schuhe und Socken aus. Dann wadete er in das knietiefe Wasser. Beim Näherkommen konnte er erkennen, dass es sich bei dem Etwas um einen Bündel Klamotten handelte. Vorsichtig streckte er die Hand danach aus, doch als er es berührte zog er sie geschockt zurück. Durch die hektischen Bewegung kam das Wasser ebenfalls in Schwingungen und der Haufen Kleider begann sich zu bewegen. Langsam drehte es sich wie an einer horizontalen Achse. Als ihn die eiskalten Augen des Toten anschauten drehte er sich um und begann zu Rennen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 18, 2015 ⏰

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