17: Seine Zeit ist abgelaufen

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Freitag.
Setos letzter offizieller 'Arbeitstag' auf dieser Geschäftsreise.

Scheinbar hatten alle Chefs, Bosse und Tec- Mogule keine große Lust ihr Wochenende weiter hinauszuzögern und so wurde das letzte Meeting, das eigentlich auf 2 Stunden angesetzt war, kurzerhand auf eine halbe verkürzt und die restlichen Programmpunkte spontan abgesagt.

Auf dem Fahrtweg zurück ins Hotel machte sich in Seto ein nie dagewesenes Unwohlsein breit.

Es war eine Mischung aus freudiger Erregung und schlichter Panik.
Noch nie hatte er so etwas wie einen 'Liebesurlaub' mit irgendwem verbracht. Schon gar nicht mit jemandem, der ihm tatsächlich am Herzen lag.

Als hätte er den Braten gerochen, wurde er plötzlich von seinem kleinen Bruder kontaktiert, den er umgehend zurückrief. „Mokuba?", grüßte Seto knapp.

„Ja, hey Seto. Du hast geschrieben, die Convention sei frühzeitig beendet worden. Freust du dich schon auf's Wochenende?"
„Offen gestanden: Nein."

„Weshalb denn das?"
„Du weißt weshalb. Dinge dem Zufall zu überlassen, befindet sich außerhalb meiner Komfortzone."

„Na, du sagtest aber doch es läuft gut..."
„Eigentlich nicht."
„Ja was jetzt?"

„Ich sagte er mag mich. Leichtfertig ging ich davon aus, dass das etwas Positives sei."
„Ist es doch auch."
„Nein."

„Du sprichst in Rätseln..."
Seto seufzte genervt.
„Ich suche keine Freunde, Mokuba. Diese platonische Sache ist die reinste Folter."

„Platonisch? Hattest du ihn nicht geküsst?"
„Ja. Die Botschaft ist allerdings nicht angekommen."

„Was hat er denn dazu gesagt?"
„Nichts. Das sagte ich bereits."

„Er wird doch irgendwas dazu gesagt haben?!"
„Nein. Nichts dazu."
„Was dann?"

„Er fragte mich, ob ich überhaupt eine Ahnung von zwischenmenschlichen Beziehungen hätte."
„Hast du nicht."
„Danke für die freundliche Erinnerung."

„Bitte. Also auf den Kuss hat er ansonsten nicht reagiert? Auf den Mund?!"
„Wenn ich es dir doch sage!"
„Hm... heißt aber auch, dass er es dir nicht übelnimmt."

„Wieso auch?!"
„Na, entweder will man von wem geküsst werden oder eben nicht. Eigentlich gibt es da nichts dazwischen. Entweder macht man mit, oder man wird weggeschubst. Gerade wenn man von einem vom gleichen Geschlecht geküsst wird, müsste die Reaktion ja dementsprechend extrem ausfallen..."
„In seinem Falle offenbar nicht."

„Also er hat sich küssen lassen, dir gesagt, dass du eine Ahnung von Beziehungen hast und es anschließend nicht weiter erwähnt und ist genau so nett zu dir wie vorher?"
„Ja."

„Dann ist doch gut."
„Nach welcher Definition? Freundschaft und warme Worte sind das Letzte, was ich von mir von diesem unterbelichteten Sozialfall erhoffe!"

„Aber das ist doch voll der gute Anfang! Das ist mehr, als du von sonst wem bekommen würdest. Ich meine die Geduld es mit dir auszuhalten muss Einer erstmal haben..."
„Sehr freundlich, Mokuba."

„Nur ehrlich. Hab ich vom Besten.
Aber wenn dir das nicht reicht... Willst du etwa mit ihm schlafen oder sowas?"
„Das werde ich jetzt auch sicher mit meinem minderjährigen Bruder besprechen.", verdrehte Seto, beinahe hörbar, die Augen.

„Also ja."
„Und wenn schon. Daran ist in meinem Alter nichts Verwerfliches."
„Sagt ja auch keiner."

„Er selbst hat diese Idee ja erst angeregt."
„So?"
„Ja. Er hat mir dreist unterstellt, dass ich ihn lediglich zu diesem Zwecke eingeladen hätte."

„Und? Hast du?"
„Jetzt fall mir nicht auch noch in den Rücken!"
„Sorry."

„Nein, der Gedanke drängte sich mir erst auf, als er mir versicherte, dass er das ohnehin ständig tut."
„Was?"
„Zwing mich nicht, es auszusprechen..."

„Sich mit Männern in Hotelzimmer treffen, um zu-"
„Ob in Hotelzimmern oder nicht, ist mir nicht bekannt, aber ja."
„Naja, aber dann gibt es ja kein Problem."

„Doch gibt es."
„Und zwar?"
„Er meinte er wolle unser gutes Verhältnis nicht für flüchtiges Vergnügen gefährden."

„Naja, das klingt doch eigentlich echt vernünftig..."
„Auf wessen Seite stehst du?!"

„Er sagt doch damit nur, dass du ihm wichtiger bist als die Typen davor."
„Und ich bin der Leidtragende."
„Sei nicht immer so dramatisch."

„Mokuba, wenn du weiter so frech bist, dann-"
„Dann was? Dann fragst du jemand anderen nach Hilfe? Hast du wen? Nein? Dachte ich mir."

Außer frustriert die Zähne zusammenzubeißen konnte bzw. durfte Kaiba nichts darauf erwidern. Sein kleiner Bruder hatte ihn, wie immer, voll im Griff.

„Also Klartext: Leb damit wie es jetzt ist und freu dich, dass du ihm nach so kurzer Zeit schon so viel bedeutest. Du hörst es vielleicht nicht gerne, aber du kannst einen guten Freund wirklich gut gebrauchen. Jemanden, der dich mal ein bisschen auf den Boden der Tatsachen bringt. Du kannst eben nicht alles haben. Menschen sind keine Schachfiguren auf deinem Spielbrett. Wenn du mehr von ihnen willst als ihr Geld, musst du eben geduldig sein und ihnen ihren eigenen Willen lassen. Mehr wird dir eh nicht übrigbleiben, wenn du dich nicht strafbar machen willst."

„Also du bist der Auffassung, dass ich aufgeben sollte?"
„Ja und Nein. Du solltest aufhören ihn als deine einzige Option zu sehen und ihm das aufzubürden. Verbring Zeit mit ihm, behandle ihn gut, aber versuch nicht das alles so krampfhaft zu erzwingen. Wenn er dir seine Grenzen zeigt, musst du sie eben akzeptieren. Entweder läuft es irgendwann von allein, oder du hast eben einen guten Freund, der dich vielleicht irgendwann mal einer anderen Person vorstellen kann, die dir vielleicht auch gefällt."

„Ich-"
„Du willst nur deinen doofen, flauschigen Golden Retriever knutschen, ich weiß.
Werd erwachsen!"

„Und das muss ich mir von einem 17- jährigen Bengel sagen lassen, der unbedingt einen Dobermann wollte, der ihm fast bis zum Kopf reicht?!"

„Eben. Ich hab ne Ausrede.
Ich bin minderjährig und darf so kindisch, naiv und dumm sein, wie ich will.
Deine Zeit ist abgelaufen.
Seit sechs Jahren."

Das hatte gesessen.

Es tat weh. Doch es war leider genau das, was Seto hören musste. Was ihm zuvor nie jemand zu sagen gewagt hätte. Aus Angst vor den Konsequenzen.

Er würde sich zusammenreißen müssen.
Entweder akzeptierte er, dass der Streuner eben körperlich nicht an ihm interessiert war und genoss seine Nähe eben in dem geringen Ausmaß, das sie annahm oder er ging so weit er konnte und verlor ihn vielleicht für immer.

Er könnte die kleine Versuchung auch einfach auf ewig aus seinem Sichtfeld verbannen und somit Beides umgehen.

Keinen blonden, dauergrinsenden, naiven Trottel mehr, der sich immer bemühte ihm alles recht zu machen.

Keinen verschmusten Köter mit großen, honigbraunen Augen mehr, der kein Gefühl für gesunde Distanz hatte (, falls er nicht vorhatte, einfach an Ort und Stelle von ihm genommen zu werden).

Kein Hundesitter mehr, der sogar den wählerischen Horus glücklich machte...

Nein, besser nicht.
Er würde es einfach durchstehen.
Diese Freundschaft.
Die ständige Versuchung.
Für Horus!

Der CEO, sein HUND und ICH - #Puppyshipping (Joey x Seto Kaiba) FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt