Er war nicht zurückgekommen.
Es regte mich auf, dass ich sich nicht einmal an eine einfache Anweisung halten konnte. Ich ging in meiner Hütte auf und ab und wartete auf Adam. Während ich in den Boden eine Delle gelaufen war, war die Sonne schon ganz untergegangen. Ich kaute gerade an meinen Fingernägeln, als die Tür aufsprang. Schnell drehte ich meinen Kopf. Doch es war nicht Adam, sondern Papa. Er stand mitten in der Tür, wie ein Vampir schaute er sich mit stechendem Blick im Raum um.
,,Wo ist dein Freund, dieser Adam? Er sollte hier sein." Ich lief auf ihn zu, doch er trat einen Schritt vor und quetschte sich an mir vorbei. Dann schaute er mir in die Augen. ,,Wenn dieser seltsame Junge auch nur eine verdächtige Sache tut oder sagt, dann berichtest du es mir, nicht wahr?", fragte er. Ich nickte. Meine Güte. Wenn Blicke töten könnten...
Er warf mir noch einen letzten Blick aus wütenden Augen zu, dann rauschte er durch die Tür davon. Vielleicht zum Flachen Stein, um den anderen hohen Clanmitgliedern von Adams Nicht-Auftauchen zu berichten, vielleicht um zu entspannen. Ich wusste es nicht. Und ehrlich gesagt war es mir sehr egal. Ich musste Adam finden.
Okay. Ich hatte Angst und fiel fast um vor Sorge. Ich hatte Angst vor der Reaktion meines Vaters, wenn er erfuhr, dass ich mich hinaus in den Wald geschlichen hatte, nur um nach Adam zu suchen.
Ich war besorgt, weil ich in den letzten Tagen ein gutes Bild von Adam bekommen hatte und ich ihn inzwischen als Freund betrachtete. Er war mir ans Herz gewachsen. Und ich mochte die Art, wie er meine Gedanken las und mich neckte. Das hieß kurz und knapp: Ich durfte ihn nicht verlieren!Aber was, wenn er seine Vampirkumpels wieder getroffen und sich überlegt hatte, mit ihnen zu gehen? Vielleicht hatten sie ihn auch gezwungen, überredet... Es gab hunderte Möglichkeiten, was geschehen sein könnte, aber ich konnte es nur herausfinden, indem ich in den Wald ging.
Ich öffnete die Tür der Hütte einen Spalt breit und lugte hinaus. Es war niemand zu sehen. Ich zog die Tür auf und schlüpfte ins Freie. Dann atmete ich erst einmal die kühle Abendluft ein. Ich roch das gebratene Fleisch einer Ente und ein Feuer. Das war seltsam. Normalerweise wurden nur zu Festen oder großen Ankündigungen Feuer gemacht, Werwölfe mochten es eigentlich nicht besonders.
Und Adams Prüfung war erst in drei Tagen, es hatte noch Zeit bis zum nächsten Feuer.Warum hatte Papa nach Adam gefragt? Gesagt, er hätte da sein sollen? Er war im Wald, dort sollte er auch sein und nirgendwo anders. Es sei denn...
Schnell rannte ich zum nächsten Busch und versteckte mich dahinter, bis ein paar Frauen des Clans vorbeigegangen waren. Ich musste meinen Verdacht nachprüfen. Denn wenn er stimmte, brauchte ich mir einerseits keine Sorgen um Adams Verbleib zu machen, andererseits war es nicht hilfreich für die Aufnahme im Clan.
Ich schlich hinter eine Lehmhütte und glitt zwischen zwei weiteren hindurch. Ich musste so schnell wie möglich in den Wald und nach Adam sehen. Ich wusste nicht, was er trieb, aber er brauchte dafür definitiv zu lange. Gleichzeitig musste ich meinen Verdacht prüfen. Was sollte ich bloß zuerst machen? Ich entschied mich für Adam. Er war schon viel zu lange weg, vielleicht war ihm etwas zugestoßen.Ich drückte mich an die Wand einer Hütte und atmete tief ein. Gerade als ich weitergehen wollte, liefen vor mir auf einem ausgetretenen Pfad zwei Kinder entlang. Sie lachten und kniffen sich gegenseitig in die Oberarme. Sie waren anscheinend Geschwister. Das Mädchen drehte sich einmal um die eigenen Achse und blickte mir dabei direkt ins Gesicht. Sie starrte mich kurz an, wandte dann aber den Blick ab und spazierte weiter mit ihrem Bruder den Werg entlang. Ich wartete kurz ab, ob sie zurückkommen würden, aber nichts regte sich. Schnell huschte ich auf den Pfad und rannte in die Richtung, aus der die beiden gekommen waren. Richtung Wald.
Nach ein paar Minuten erreichte ich den Waldrand. Alles schien friedlich. Eine Brise fuhr mir durch die Haare. Ich schloss die Augen und horchte auf das kleinste Geräusch, das mir sagen konnte, wo Adam war. Ich hörte nichts. Enttäuscht ging ich weiter, obwohl ich mir sicher war, dass ich nichts gehört hatte, was auf Adam hinwies. Ich lugte zwischen zwei Bäumen hindurch. Brombeerbüsche säumten den Pfad, der immer tiefer in den Wald hineinführte. Eigentlich sollte ich ja keine Angst vor dem Wald haben, den Tieren darin. Immerhin war ich selbst ein halber Wolf. Ein Werwolf eben. Aber in diesem Moment erschienen mir die Bäume höher als sonst. Immer mehr Geräusche kamen in meinem Kopf an. Unheimliche Geräusche. Ich wusste, das hier war kein dunkler, gruseliger Wald. Es war mein Wald. Trotzdem schluckte ich, als ich weiter lief. Die Situation erinnerte mich an die Geschichten, die die Ältesten den Kindern erzählten. Ein kleiner Wolf lief durch den dunklen Wald, ahnte nichts von den Vampiren und schon war der Wolf tot. Zerfetzt oder gefressen. Oder beides.
Als ein Specht anfing, ein Loch in einen Baum zu klopfen, knurrte ich und sprang hinter einen dicken Baumstamm.
Ich atmete tief durch. Keine Panik, sagte ich mir. Das hier war nur ein dunkler, unheimlicher Wald. Ich war kein kleiner Wolf, der nicht aufpassen konnte. Ich war die Tochter meines Vaters. Ich war stark und mutig und keine Heulsuse. Ich war...
In diesem Moment hörte ich den Schrei. Er war laut und voller Schmerz. Ich erstarrte.
Sorry für das späte Update. Ich hatte in letzter Zeit viel um die Ohren. Hoffentlich schaffe ich das nächste Kapitel schneller. Bis dahin,
Colourfance 🎨

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Wenn der Mond scheint
WerewolfEin Werwolf. Ein Vampir. Eine Jagd. Die Jagd. Als Werwölfin Nova bei Vollmond im Wald einem Vampir begegnet, der sie nicht in tausend Stücke zerfetzen will, ist sie zuerst misstrauisch. Doch als er sie vor den anderen aus seiner Gruppe rettet, nimm...