„When he shall die,
Take him and cut him out in little stars,
And he will make the face of heaven so fine
That all the world will be in love with night
And pay no worship to the garish sun."- William Shakespeare
POV: Julian
Es gab diesen einen Moment. Es war nur ein einziger, mehr schien das Leben nicht für ihn bereit zu halten. Mehr schien er nicht zu verdienen. Es hatte diesen einen Moment gegeben an diesem Morgen. Ein kurzer Moment, in dem es so schien, als würde es ein sonniger Tag werden. Jetzt war es neblig, aber in einem einzigen Augenblick hatte die Sonne geschienen, da war er sich ganz sicher.
Julian wollte daran glauben, dass es der Moment gewesen war, in dem sie sich geküsst hatten. Sollte es stimmen, und das Leben würde ihm nur einen glücklichen Moment schenken, dachte Julian, so hätte er sich für genau diesen entschieden. Für Kai. Kai wäre in jedem Leben sein schönster Moment gewesen.
Eigentlich hätte Julian nicht überrascht sein sollen. Er hätte es ahnen können, dass nichts von Dauer war. Dass er wieder alles verlor. Er fragte sich, wann der Moment kommen würde, in dem er es einfach akzeptierte, in dem er einsah, dass ihm so viele Dinge nicht zustanden.
Es war noch nicht soweit. Julian akzeptiert es noch nicht. Er wollte es nicht akzeptieren. Und trotzdem wusste er irgendwo tief in sich drin, dass sein Verlust seine eigene Schuld war.
In diesem Moment jedoch, war er zu müde, sich selber Vorwürfe zu machen, zu müde sich zu wehren. Er war müde vom Leben. Er war zu müde, um Kai anzusehen, er konnte es nicht. Er konnte nicht in die Augen des Mannes gucken, der ihn vor so kurzer Zeit noch geliebt hatte. Er konnte die Last der Schuld nicht tragen, nicht dieses Mal. Aber es gab eine Sache, die er tun konnte. Er konnte es einfach machen, einfach für Kai. Er konnte ihn aus der Sache raus lassen. Er musste ihn aus der Sache rauslassen. Er sah ihn nicht an. Den Kopf gesenkt ging er mit seinen Trainern mit, ohne zu widersprechen, ohne sich zu wehren, ohne ein Wort zu sagen, ließ er Kai hinter sich. Er ließ ihre Geschichte hinter sich, weil er endlich eingesehen hatte, dass sie zu Ende war, dass sie sich nie haben konnten, dass sie nie funktionieren würden, weil einer von ihnen kaputt war und der andere zu wertvoll, um auch kaputt zu gehen.
Julian war bereit, das Opfer zu bringen, dass er zwangsläufig bringen musste um Kai zu schützen. Er war bereit aufzugeben, alles zuzugeben und mit dem Fußball abzuschließen.
Weil es nicht sein sollte, nicht sein konnte und nie sein würde.Alle sahen ihn an, als er vom Platz ging. Er war gerade erst angekommen, vor so kurzer Zeit und ging jetzt wieder. Er konnte in ihren Gesichtern lesen, dass sie verwirrt waren. Er ignorierte ihre Blicke. Er senkte den Kopf tiefer. Er folgte seinen Trainern weit weg vom Trainingsgelände und in die Behandlungsräume, die ihm zu vertraut vorkamen. In den Räumen saßen bereits Mitglieder des medizinischen Personals. Einige von ihnen hatten bereits die Einstiegsuntersuchung bei ihm gemacht. Er erkannte ihre Gesichter, das macht das Ganze schlimmer. Sein Herzschlag war schneller, als er sein sollte, schneller als er sein konnte. Die Pillen versuchten, ihn zu verlangsamen. Der chemische Teil, der von ihnen übrig war, der immer noch in seinen Blutzuckerwerten auftauchen würde.
Seine Trainer räusperten sich. Sie schienen nicht zu wissen, was sie sagen sollen. Er wusste es auch nicht. Ihnen schien das Gespräch unangenehm zu sein. Vielleicht war es ihnen peinlich zuzugeben, dass sie ihre Hoffnungen in einen solchen Versager gesteckt hatten, in einen Spieler, der es nicht mal annähernd verdiente, hier zu sein, der sich selbst kaputt machte und noch dazu alle um ihn herum.
Julians dachte an Kai. Sie mussten wissen, dass Kai ihm am nächsten stand. Sie mussten befürchten, dass er ihn auch kaputt machen würde.
Für ein kurzen, hoffnungsvollen Augenblick dachte Julian, dass sie vielleicht wirklich nur in Kais Interesse handelten. Er war einer der besten Spieler. Vielleicht wollten sie ihn nur beschützen. Vor Julian. Damit war er auf ihrer Seite. Das wollte er auch.
Sie sprachen jetzt.
„Julian wir haben deine Ergebnisse ausgewertet", wiederholte sich der Trainer. „Um ehrlich zu sein, sind es sind nicht Ergebnisse, auf die wir gehofft haben und wir waren etwas überrascht. Julian willst du uns etwas sagen?"
Tausende Male hatte Julian sich vorgestellt jemand würde hinter sein Geheimnis kommen. Zwei Mal war es bereits passiert. Kai und Marco wussten es. Wie häufig hatte er sich vorgestellt, er würde erwischt werden? Wie groß war sein Selbsthass gewesen? Der Scham und Angst? Die schreckliche Angst. Und jetzt in diesem Augenblick, in dem die höchsten deutschen Trainer sein Geheimnis kannten, fühlte er mit einem Mal eine Art der Erleichterung, die er lange nicht mehr gespürt hatte. Wie ein Verbrecher, der Angst hatte erwischt zu werden, hatte er die letzten Monate damit verbracht zu verstecken wie schlecht es ihm ging. Jetzt musste er sich nicht mehr verstecken. Er konnte es nicht mehr. Es war vorbei. Game over.
Und Julian tat etwas, dass schon lange überfällig war. Julian sagte die Wahrheit.
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I just wanna feel again ~ Bravertz
Fanficfüh·len /fǘhlen/ schwaches Verb mit dem Tastsinn, den Nerven wahrnehmen; körperlich spüren "einen Schmerz, die Wärme der Sonne fühlen" Tastend prüfen, feststellen "[jemandem] den Puls fühlen" seelisch empfinden "etwas instinktiv fühlen" Tastend nac...