Die Pistole lag schwer an meiner Seite, als ich kurz vor acht Uhr abends in die Haupthalle trat. Das Schulterholster war ein wenig zu eng, doch ich traute mich nicht, es weiter zu stellen, aus Angst davor, es bei einer möglichen Flucht zu verlieren.
Ich war davon ausgegangen, ein normales Hüftholster zu tragen, doch Ken hatte auf die Schultervariante bestanden. Mit der Begründung, dass man die Waffe dadurch viel leichter unter der Jacke verbergen konnte.
Recht hatte er, wie ich zugeben musste. Unter der etwas ausgebeulten, schwarzen Lederjacke der Rebellen zeichnete sich nicht einmal der Abdruck der Waffe ab, geschweige denn der des Gurts.
Trotzdem konnte ich es nicht lassen, ununterbrochen daran herumzuziehen. Die Waffe vermittelte mir zwar einerseits ein Gefühl der Sicherheit, doch andererseits löste sie eine merkwürdige Beklemmung in mir aus.
Ich spürte die tödliche Gefahr, die von ihr ausging. Und die Tatsache, dass ich derjenige war, der diese tödliche Gefahr steuern konnte, versetzte mich dezent in Panikzustände.
„Du hast es nicht nötig, nervös zu sein." Kens Worte, die er wiederholte, wann immer sich eine Gelegenheit dafür bot. „Selbst wenn du danebenschießt, wird die Kugel immer dein Ziel finden. Dafür sorgt deine Mutation."
Das sollte mich wohl beruhigen, erreichte jedoch das Gegenteil. Zayns Erinnerungen, seine Erzählungen schwelten tief in mir, insbesondere die zu seinem Vater, der die Kontrolle über seine Mutation verloren hatte.
Blühte mir das auch? Waren diese winzigen Details wie das unbewusste Deaktivieren eines Aufnahmegeräts oder eben das Steuern einer Kugel womöglich nur der Anfang vom Ende?
Je mehr ich darüber nachdachte, desto übler wurde mir.
Und dann befand sich natürlich auch noch diese Speicherkarte in meiner Hosentasche. Sie fühlte sich fast so schwer an wie die Waffe, schien sich durch den dicken Stoff meiner Jeans zu brennen und sämtliche Blicke der Rebellen auf sich ziehen. Nicht nur die der Rebellen. Nicht einmal Harry wusste noch davon. Oder Anne.
Unauffällig spähte ich zu Zayn hinüber, der einige Meter weiter in Handschellen zwischen Nadja und Reuben stand und scheinbar arglos die Decke anstarrte.
Ich spielte mit dem Gedanken, ihn einzuweihen.
Er hatte mich schließlich darauf hingewiesen, Tildas Geschenk näher zu inspizieren, er musste dann doch auch eine ungefähre Ahnung davon haben, was ich finden würde, richtig? Womöglich könnte er mir auch direkt helfen, ein geeignetes Gerät zu finden, um die Datei namens M.G.TD. zu öffnen.
Ich bemerkte gar nicht, dass ich ihn anstarrte, bis er prompt den Kopf hob und meinen Blick auffing. Unwillkürlich straffte ich den Rücken, darum bemüht, den Kontakt zu halten, statt ihm reflexartig auszuweichen.
Seine braunen Augen glänzten bedeutungsvoll, als wüsste er genau, was in mir vorging. Ehe ich mich zurückhalten konnte, nickte ich ihm schon zu. Nur ganz kurz und für jede andere Person kaum merkbar, doch Zayn entging es natürlich nicht.
Er erwiderte die Geste.
Ein kleines Lächeln zupfte an seinen Lippen, bevor er sich abwandte und wieder sein teilnahmsloses Gesicht aufsetzte.
„Hey." Eine vertraute Präsenz tauchte dicht neben mir auf. Harry, der es sich nicht nehmen ließ, einen Arm um meine Schultern zu schlingen. „Alles klar?"
Ich schenkte ihm ein schiefes Grinsen. „Natürlich. Ich liebe eventuell tödliche endende Einsätze über alles."
Ein Schatten huschte über sein Gesicht. „Niall, du weißt, dass du ihnen nur den Standort und eine Wegbeschreibung liefern müsstest. Dann könntest du selbst hierbleiben. In Sicherheit."
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Oblivious (Ziall)
FanficSeit er denken kann, hört Niall Stimmen in seinem Kopf. Er leidet unter Schizophrenie. Oder: Das ist zumindest, was man ihn glauben lässt. Darüber, dass seine Symptomatik von der Durchschnittsnorm abweicht, macht er sich schon längst keine Gedanke...