Kapitel 30 - Jakob

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„Wie war dein Wochenende bisher?", frage ich sie noch immer mit einem Lächeln im Gesicht. „Schön, wirklich. Ich bin meiner Mutter kaum über den Weg gelaufen und wenn wir zusammen gegessen haben, war sie nicht halb so nervig wie sonst. Ich dachte, ich könnte mehr mit Luise zusammen machen, aber naja. Wir hatten eben dennoch ein gutes Gespräch miteinander. Was ist mit deinen Eltern?"

Ich erzähle ihr vom heutigen Tag. „Sie fliegen morgen Vormittag schon wieder. Es ist schade, dass du sie nicht kennenlernen konntest." Ich meine es ernst. Ich höre Viki leise nach Luft schnappen. „Vielleicht lerne ich sie ja kennen, wenn sie das nächste Mal in Deutschland sind?" Mir klopft das Herz bis zum Hals. „Das ist vermutlich erst in einem Jahr oder so." „Das ist eine lange Zeit, aber trotzdem spricht doch nichts dagegen, oder?" Ich versuche unsere Unterhaltung auf das zu reduzieren, was wir uns eigentlich sagen wollen: dass Viki und ich uns auch noch in einem Jahr sehen werden, uns daten werden...eine Beziehung zusammen haben? Die erste Reaktion in mir ist in Panik auszubrechen, weil ich noch keine wirkliche Beziehung hatte, aber dann wird mir klar, dass ich im Prinzip schon wochenlang eine Beziehung mit Viktoria habe. Auch, wenn wir es bisher nicht laut ausgesprochen haben. Und so verpufft die Panik genauso schnell, wie sie aufkam, denn ganz so schlecht lief es ja nicht zwischen uns.

„Jake, ich..." „Ja?" Ich drücke mein Handy fester ans Ohr, damit ich auch kein Wort von ihr verpasse.

„Es ist mir egal, was meine Eltern zu dir sagen. Ich weiß, dass habe ich dir schon mal erzählt, aber ich meine es ernst. Ich will dich an meinem Leben teilhaben. Ich weiß, dafür muss ich über meinen Schatten springen und die Unsicherheit ablegen, aber ich bin mir sicher. Das ist mir hier klargeworden."

Sie steht zu mir. Sie hat es mir so oft gesagt und dieses Mal hoffe ich, dass es auch wahr wird. Ein winziger, unsicherer Teil in mir, den ich bis jetzt gewissenhaft ignoriert habe, braucht einen Beweis dafür. „Jake?", fragt sie unsicher nach. Ich schiebe die Augenbrauen zusammen. Ich muss ehrlich sein. „Ehrlichkeit währt am längsten. Du sagst, es ist dir egal, was deine Eltern denken; du sagst, du willst mit mir zusammen sein. Es tut mir leid, aber ich brauche die Bestätigung, irgendetwas, dass mir beweist, du es nicht nur hohle Worte von dir sind."

Ich kann förmlich spüren, wie sich die Stimmung zwischen uns verändert. Ich werfe einen Blick auf meine Familie, die über einen Witz von Joe lacht. „Ich vertraue dir, aber wer sagt mir, dass..." „Anscheinend tuest du es nicht, wenn du sowas von dir gibst.", schneidet sie mir das Wort ab. Mir wird die Brust eng. „Viki, ich wollte absolut ehrlich zu dir sein und wer kann mir mein kleines Misstrauen verübeln? Wenn ich gehässig sein wöllte, würde ich sagen, dass du mich seit Wochen hinhältst." Ich höre Bettdecken rascheln. Meine Güte, liegt sie etwa im Bett? Wie aus dem Nichts erscheinen Bilder vor meinen Augen, die der Situation alles andere als angemessen sind.

„Ich möchte dich daran erinnern, dass du derjenige warst, der nur eine lose Affäre wollte. Ich lasse doch nicht jemanden in mein Leben, der mich verlässt, sobald er die Schnauze voll von mir hat. Also kannst du nicht behaupten, ich hätte dich hingehalten.", sagt sie ärgerlich. Ich schüttle die Bilder von einer nackten Viktoria ab und versuche mich auf ihre Worte zu konzentrieren. Ich seufze auf, der Streit ergibt doch keinen Sinn. „Es tut mir leid, ich...du musst mir nichts beweisen.", gebe ich leise nach, auch wenn ich damit nicht zufrieden bin. Ich höre, wie sie lange Luft holt. „Ich habe gesagt, ich lasse dich in mein Leben. Und das tue ich jetzt auch. Nächstes Wochenende findet eine Spendengala statt. Eine Freundin von mir organisiert sie. Du kannst meine Begleitung sein, wenn du willst." Angesichts ihrer Wortwahl muss ich leise auflachen. „Ich darf Viktoria von Zurrenberg begleiten? Diese Ehre wurde wohl den wenigsten zuteil, hm?" „Das sollte nicht hochnäsig klingen. Aber ja." „Das Hoheitliche steht dir." „Ich finde es schrecklich. Das hochnäsige erinnert mich immer an Blair Waldorf. Oh, du weißt nicht, wer sie ist." „Du vergisst, dass ich seit Jahren mit Leah befreundet bin. Ich konnte mir mit Joe oft genug den neusten Klatsch von Leah anhören, wenn sie wieder eine Folge Gossip Girl gesehen hatte. Also ja, ich weiß wer Blair Waldorf ist. Und nein, so bist du überhaupt nicht." Sie antwortet nicht darauf, aber ich kann mir vorstellen, wie sie über meinen Kommentar lächeln muss.

Winternacht - Zurrenberg RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt