Sprachlos

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"Warum warten wir jetzt noch auf Jane? Sie hat diese Pause vorgeschlagen und kommt als letzte zurück"

Demetri hatte sich gegen einen Baum gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt und fand die Verspätung, die Jane an den Tag legte alles andere als gut. Wenn sie in dem Zeitplan bleiben wollten, müssten sie jetzt aufbrechen, um vor Sonnenaufgang bei der Grenze von Frankreich zu Großbritannien zu sein. Vom vereinigten Königreich aus würde die Garde anschließend über den Ozean nach Amerika laufen. Und Demetri wollte nicht wegen Janes Unpünktlichkeit Stress mit den Meistern bekommen. Selbst Alec und Felix hatten es geschafft pünktlich wieder am Treffpunkt zu sein - Audrey brauchte man in diese Rechnung nicht mit einzubeziehen da sie ja die gesamte Zeit am Treffpunkt gewesen war.

"Vielleicht sollte jemand nachsehen gehen, wo sie bleibt?", schlug Felix vor und die Blicke der drei männlichen Vampire lagen anschließend auf Audrey. Falls Jane jemanden aus schlechter Laune den Kopf abreißen würde, würde sie es am wenigstens bei der Tochter von Caius versuchen.
"Audrey geht nachsehen", sagte Audrey und streckte sich einmal, ehe sie in die Richtung verschwand, wo das Mädchen das so sehr einer dornigen Rose ähnlich war hin verschwunden war. Auch wenn Audrey sehr viel Angst vor Jane hatte, weil sie gesehen hatte was die Gabe des Mädchens war, so hätte es auch sein können das die Blondine sich verlaufen hatte? Audrey selbst würde das auch sehr schnell passieren und wenn man sich verlief, brauchte man jemanden der nach einem suchte. Und genau das würde Audrey jetzt auch tun.


Die nächste Großstadt in der Nähe des französischen Waldgebiets war von knapp 230.000 Menschen bevölkert und Jane hatte sich einen Spaß daraus gemacht, einen betrunkenen Jungen mit ihrer Gabe zu foltern. Menschen waren so verachtenswert, schwach und zu nichts zu gebrauchen. Die Hände an dem Jungen schmutzig machen wollte die Blondine sich ganz bestimmt nicht. Sein Blut würde ebenso ekelhaft schmecken und die Folter die sie ihm zugefügt hatte - rein körperlich versteht sich, hatte Jane etwas herunter kommen lassen. 


Es störte sie so sehr, dass man Audrey auf die Mission mitnehmen musste. Das Mädchen das seit nicht einmal 100 Jahren ein Vampir war, stellte nichts mehr als eine Last da und sie hatte überhaupt keine Lust Babysitter spielen zu müssen. Im Gegensatz zu den anderen höheren Mitgliedern der Wache, hatte sie die Anwesenheit von Audrey und die lächerlichen Kontaktversuche der Wachenmitglieder zu dem fehlgeschlagenen Experiment unterlassen. Warum sollte sie ihre Zeit mit etwas verschwenden, dass man laut Caius nicht mehr reparieren konnte? Kurz zusammengefasst konnte man sagen, dass Jane kaum Interesse an einer näheren Auseinandersetzung mit Audrey hatte. Das Mädchen war ihr ein Dorn im Auge bei der Mission und nutzlos.

Mit einem fiesen Lächeln blickte Jane hinunter auf den Körper des Jungen, der sich erst jetzt wieder langsam hob und senkte. Es würde noch dauern bis der zu vollem Bewusstsein kommen würde und keine Seele würde ihm diese Geschichte abkaufen. Der Frust über das Anhängsel namens Audrey war allerdings nicht ganz erloschen und als Jane ihren Duft wahrnahm, knurrte die Vampirin etwas aggressiv und hörte wie das Mädchen einen Schritt zurückging.

"Was ist denn mit der schief?!"

Verwirrt darüber das der Duft Audrey geähnelt hatte, aber die Stimme der Person wesentlich älter klang wollte Jane sich umdrehen, doch bevor sie dazu kam hörte die Vampirin das entsichernde Geräusch einer Waffe und dann den Herzschlag eines Menschen. Wie naiv diese Wesen doch waren.

"Bist'n Tier oder was. Mal sehen ob du bei ner Kugel auch knurrst Bitch!"


Audrey wusste das eine Waffe sehr viel schaden anrichten konnte. Und dieses Mädchen dessen Blut seltsam roch hatte eine Waffe in der Hand. Wollte sie Audrey wehtun? Die Vampirin wusste natürlich, dass Vampire nicht von einem Schuss mit einer Waffe verletzt werden konnten - aber irgendwas löste es in Audrey aus, sich an den Menschen heranzuschleichen und das umsetzten zu wollen, was sie im Nahkampf mit Demetri vergeigt hatte. Der Geruch des Blutes wurde stärker und es roch wirklich nicht lecker, dennoch gab Audrey ein leises Zischen von sich und stürzte sich anschließend auf das Menschen Mädchen.

"Schm...."
Jane war genau in dem Moment als Audrey sich auf den Teenager mit der Waffe stürzte dabei, den Teenager zu foltern, wie konnte dieser Mensch es wagen mit einer Waffe auf sie zu zielen? Doch die Aktion die Audrey - offensichtlich zu ihrem Schutz brachte- machte Jane sprachlos. Damit hatte die Blondine nicht gerechnet und nachdem die Waffe vor ihren Füßen lag, trat Jane energisch auf das Stück Metall, dass ihr nichts anhaben konnte, die Waffe zerbrach in zwei Teile und Jane blickte zu Audrey die halb auf dem Teenager Mädchen lag und sich mit so einer Kraft auf sie gestürzt hatte, dass die Teenagerin bewusstlos war.

Die Sprachlosigkeit blieb weiterhin bestehend und bevor Audrey sich an Jane richten konnten, rauschte Jane an dem Mädchen vorbei und machte sich auf den Weg zurück zum Treffpunkt. Warum hatte sie diese Aktion die absolut nichts besonderes war, so aus der Fassung gebracht? Warum hatte sie nicht den Mund aufgemacht und Audrey angefahren, dass ihr Handeln absolut unsinnig war und eine Waffe ihr nichts angehabt hätte?
Nur einige Momente später, als Jane den Wald erreicht hatte, nahm sie den richtigen Duft von Audrey war, die - zu ihrem eigenen Glück mit etwas Abstand hinter Jane lief.

"Wir müssen weiter nach Großbritannien", verkündete die Blondine in einem kühlen Tonfall und lies den männlichen Vampiren somit keine Gelegenheit Fragen zu stellen, warum sie zu spät gekommen war. Insgeheim kam Jane aber nicht drum herum, zugeben zu müssen dass ihre Sprachlosigkeit damit zusammenhängt, dass sie überrascht war wie schnell Audrey die Entscheidung getroffen hat sie vor einem 'Unfall' zu bewahren. Aber das war eine einmalige Sache und würde nichts in Janes Grundeinstellung gegenüber Audrey ändern.

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