Sackgasse

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In der Dunkelheit die Seattle einhüllte versuchte Audrey den Duft des Vampirs aufzunehmen. Sie wusste zwar, das es besser gewesen wäre, auf eine einstimmige Antwort zu warten - aber Jane war die inoffizielle Anführerin der kleinen Gruppe und wer traute sich schon eine Anordnung von der Blondine nicht ernst zu nehmen. Immerhin hatte Jane ihr den Auftrag erteilt, dem Vampir zu folgen und ausfindig zu machen für wen er arbeitet. 

Sie wollte Jane aus zwei Gründen nicht enttäuschen. Der erste war, dass sie Angst davor hatte, dass Jane ihre mächtige Gabe einsetzen würde und Audrey hatte seitdem Caius ihr erlaubt hatte, mehr als nur die Räumlichkeiten seines Verlieses zu sehen, mehr als einmal bestaunen dürfen - wozu Jane im Stande war und das wollte sie nicht am eigenen Leib zu spüren bekommen. Der andere Grund war, dass Audrey die ältere Vampirin beeindrucken wollte, denn auch wenn sie unheimlichen Respekt vor Jane hatte, so wollte sie schauen ob die dornige Rose eine andere Seite hatte.

Das erste was die junge Vampirin riechen konnte war das Leder mit einer Note von männlichem Vampirduft. Sie versuchte die Tricks, die Demetri ihr bei der privaten Tracking Lektion außerhalb der Schlossmauern in Volterra versucht hatte beizubringen. Wie sonst sollte sie diese Aufgabe erfüllen? Sie hatte noch nie jemanden verfolgt oder versucht seiner Spur für einen längeren Zeitraum als 5 Minuten hinterher laufen zu wollen. 

Es waren damals nur einfache Übungen gewesen - wie eine Art Versteckspiel für Kinder. Demetri hatte ihr eine Wartezeit von einer Minute gegeben - nach Ablauf dieser Zeit sollte sie anhand des Dufts des Trackers auf die Suche gehen. Nach fünf Minuten hatte sie ihn auf einem Hausdach ausfindig machen können - aber das hier war etwas komplett anderes. Es war in fremder Vampir, der vielleicht noch gefährlich sein könnte und bestimmt stärker als Audrey selbst war.


Der Beginn ihrer Suche war der Ort wohin der Vampir mit der dunkeln Lederjacke verschwunden war. Die Spur roch noch frisch und ein Aftershave war von dem Vampir genutzt worden. Audrey zog einmal den Duft tief und sich ein und versuchte dann, so wie Demetri es ihr gezeigt und versucht hatte beizubringen - die Fährte aufzunehmen und ihr zu folgen.

Die Spur führte sie durch etliche Gassen von Seattle und es war eine große Versuchung den anderen Düften und Geräuschen, die noch so neu für Audrey waren nicht zu folgen. Außerdem wurde es, desto näher sich die Spur der Zentrum der Großstadt näherte - so extreme vermischte sich der Duft des Vampirs mit so vielen anderen Düften und dann ganz plötzlich war er fort.

Audrey lief langsamer in die dunkle Gasse hinein und schaute sich fragend um. Kann der Duft eines Vampirs, der dazu noch ein starkes Aftershave trägt einfach so in einer Sackgasse enden? Vielleicht war ihr Geruchssinn auch einfach kaputt oder wollte aber einem bestimmten Zeitraum nicht mehr weiter funktionieren? Aber aufgeben wollte die Vampirin nicht. So lief sie die gleiche Strecke ein zweites und drittes mal ab. Irgendwas musste sie falsch gemacht haben - vielleicht hatte sie einen Abbiegung übersehen oder der Wind hatte sich gedreht?

"Audrey darf Jane nicht enttäuschen.....:", murmelte die Vampirin leise zu sich selbst und da sie sich was den Duft des Lederjacken Vampirs betrifft in einer Sackgasse befand, beschloss sie eine andere Taktik anzuwenden. Wenn die Vampire die bei den brennenden Autos für so viel Chaos gesorgt haben zu dem Anführer gehörten - dann brauchte Audrey in der Theorie ja nur diesen Vampiren zu folgen oder? Das Problem damit war nur, das sie nicht entdeckt werden durfte.

Dennoch wollte Audrey es versuchen und folgte einigen der Nachzügler, die als letztes mit dem Aufräumen des Chaos auf dem Platz fertig waren. Sie hielt genügend Abstand zu den drei Vampiren, die es vor Sonnenaufgang sehr darauf fixiert zu sein, dass sie in ihren Unterschlupf kommen würden. Hatten sie etwas Angst vor der Sonne? Es passierte doch nichts, denn die Haut fängt wunderschön an zu funkeln. Vielleicht wussten die Vampire das auch nicht. Audrey erinnerte sich noch daran, wie ihr Daddy das erste mal in einem der geschützten Schlossgärten mit ihr am Tag für einen kurzen Moment unterwegs war, um ihr zu demonstrieren, was passiert, wenn die Sonne auf einen Vampir trifft.

Der Weg zum Unterschlupf zog sich tatsächlich bis einige Minuten vor Sonnenaufgang und Audrey hielt einen sehr großen Sicherheitsabstand zu den Vampiren, da sie nicht wollte das man sie entdecken würde. Aus den Augenwinkeln konnte sie die Sonnenstrahlen auf dem nahe gelegenen See tanzen sehen und sie musste ein Versteck suchen und merkte sich das große, etwas baufällig wirkende Haus, in welches die drei Vampiren verschwunden waren.
Anschließend lief Audrey mit einigen kindlichen Bewegungen an dem großen Haus vorbei und tiefer in den Wald. 

Mit viel Glück würde sie eine Ruine oder eine Höhle finden, in der sie über einige Dinge nachdenken könnte. Aber ihr Plan eine passende Höhle oder eine alte Ruine, die sie vor dem Schattenspiel der Sonne auf ihrer Haut etwas schützen. Es musste ja nicht sein, dass der Anführer der Armee auf sie aufmerksam werden würde - nur weil Audrey ein kleines bisschen schlecht im Verstecken spielen war.

Die Sonne stieg von Stunde zu Stunde höher an den Himmel und Audrey betrachtete die alte Struktur der Höhle in welcher sie sich versteckt hatte darüber nach, ob sie den Auftrag von Jane wohl erfüllen könnte. Die ältere Vampirin hatte sie so gemustert, als würde sie fest mit einem Scheitern rechnen. Aber war der Auftrag wirklich zum scheitern verurteilt? Nur weil Audrey nicht das so gut konnte, was die anderen Vampire konnten?

Gerade als sie ihre Selbstzweifel weiter überdenken wollte, konnte sie den Duft des Vampirs mit der Lederjacke wahrnehmen und ihn mit jemandem telefonieren hören. Vorsichtig schlich sie zum Eingang der Höhle und sah den Vampir, der schnell mit einem Handy an seinem Ohr am telefonieren war.

"Ja....ich bin auf dem Weg....nein Sie sind im Haus, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Bis gleich"

Und dann fing der Vampir an zu rennen und da Audrey wusste, dass die blöde Sonne ihr nichts anhaben konnte, wollte sie ihre Chance nutzen und folgte dem Vampir mit etwas Abstand. Die Frage war nur, ob sie es schaffen würde ihm weiterhin zu folgen oder durch etliche Ablenkungen ihr Ziel aus den Augen verlieren könnte. Denn eigentlich wollte Audrey nicht erneut in einer Sackgasse landen.

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