Kapitel 2

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Amalia Amaryllis Delacour

»Du bist meine Lebensretterin«, seufze ich, als ich Xenia vor der Tür des Klassenzimmers den Starbucks Kaffee To-Go entgegennehme. 

Es ist Tradition, dass Xenia mich vor meinem Klassenraum, bzw. Hörsaal abholt (zumindest, wenn unsere Stundenpläne es erlauben), damit wir gemeinsam zu unserem Apartment laufen können. Xenia ist nämlich nicht nur meine Kindheitsfreundin, sondern auch meine Zimmergenossin. Das sogenannte Apartment besteht lediglich aus drei Zimmern plus Bad, die das Internat zur Verfügung stellt.

Eingehend mustert sie mich. »Was ist passiert? So emotional habe ich dich seit-« Sie stockt. »Seit du dich das letzte Mal über Ellion aufgeregt hast, nicht gesehen.«
Das heißt, gestern.

Ich habe ihr eine ausgiebige Sprachnachricht zukommen lassen, in der ich mich beklagte, am nächsten Tag Ellions Fratze sehen zu müssen, nachdem die Semesterferien und die Ellion-freie-Zeit mir doch so gutgetan haben.

»Nur warst du da einfach genervt«, fügt Xenia hinzu, »aber heute ist etwas anders.«
Es ist wahrlich etwas Unübliches für mich, mich so überschwänglich bei Xenia zu bedanken. Verdammt, manchmal erhält sie nicht einmal ein Dankeschön! Ich mag sie, dennoch erlaube ich mir keine nähere Beziehung zu ihr. Ich kenne ihre Motive.

Der einzige Grund, weshalb ich Kontakt zu ihr suche, ist, um meinen Frust an ihr rauszulassen und gelegentlich einen Gefallen einzufordern.
Es ist nicht meine Schuld, dass Xenia sich das mit sich machen lässt.

Außerdem ist es nicht so, als würde sie im Gegenzug nichts erhalten. Ab und an lade ich sie auf Essen ein, bringe sie zu Partys mit und die Wirkung ihre gehobene soziale Stellung sowie ihre vergrößerte Reichweite auf den sozialen Netzwerken sind nicht zu unterschätzen.
Einige würden für Xenias Position als meine beste Freundin töten.

Nur Xenia, sie hat andere Motive.

Gierig trinke ich ein paar große Schlucke des lauwarmen Caramel Macchiatos. »Ellion ist passiert«, antworte ich ihr schließlich.
»Habe ich fast gedacht.«
»Und Alexis. Alexis ist auch passiert.«
Ihre Augenbrauen ziehen sich zusammen. »Okay, jetzt brauche ich mehr Informationen.«

Schwer, als laste ein untragbares Gewicht auf mir, seufze ich. »Ich muss das Finalprojekt mit Alexis zusammen machen, aber das sind Probleme für die Zukunft. Wichtiger ist, wie ich meinem Vater beibringen soll, dass Ellion mal wieder Bester war und ich gerade mal schlappe 96 Prozent für mein Met Gala Kleid erhalten habe.«

»Wow. 96 Prozent. Was für ein Albtraum.«
»Xenia.« Ich schüttele meinen Kopf. »Nicht heute.«
Auf die Lippe beißend senkt sie ihren Blick. »Tut mir leid.«

»Wie auch immer. Gehen wir zu unserem Zimmer? Ich möchte schnellstmöglich ins Bett fallen und das Grinsen diesen angeberischen, selbstgefälligen, faulen Idioten vergessen.«

Ausgerechnet in diesem Moment tritt Alexis aus dem Klassenzimmer. Normalerweise bin ich mit Ellion die letzte, die den Raum verlässt, daher habe ich vergessen, dass Alexis vorhin noch mit Professor Bradford sprechen wollte. Vermutlich hat sie weinend auf Knien für eine neue Projektpartnerin gebettelt. Die letzte halbe Stunde haben wir nämlich einzig und allein damit verbracht, die gegnerischen Ideen zu beleidigen. Manchmal dachte ich kurz, sie würde mich anspringen und an meinen Haaren zerren, so hasserfüllt hat sie mich angeschaut. Wie ein wütender Stier haben sich ihre Nasenflügel gebläht und ich könnte schwören, dass unter den blonden kurzen Haaren sich ihre Ohren rot verfärbten.

»Wie bitte?«, zischt mich Alexis an, als sie mit geballten Fäusten auf mich zu stampft. »So redet man nicht über seinen Kommilitonen!«
»Ich bitte dich«, entgegne ich müde. Gelangweilt nehme ich einen Schluck meines Kaffees. »Dich würde es einen Scheißdreck interessieren, wenn ich so über Cédric sprechen würde.«
»Was willst du damit andeuten?«, faucht sie, wohlwissend, was ich damit andeuten wollte.
Ich rolle meine Augen. »Jeder weiß, dass du die Anführerin der Fangemeinde für dieses herumfickende Arschloch bist. Wenn er nicht gerade wie ein verdammter griechischer Gott aussehen würde, würdest selbst du hinter seine Fassade sehen können.« Ich schürze meine Lippen, woraufhin ich mit meiner Zunge schnalze. »Ach, entschuldige. Dafür bräuchte man ein Gehirn.«

The Love GameWo Geschichten leben. Entdecke jetzt