Kerzenschein - André Schürrle

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In meiner Decke gekuschelt sitze ich auf der Couch und starre in den Fernseher. Den Ton habe ich extra laut gestellt, damit die Stimmen der Personen den Donner übertrumpfen. Ich hasse Gewitter, vor allem im späten Frühling. Ich hätte damit rechnen können, dass sich das Wetter heute entladen muss, allerdings bin ich nicht von dieser Stärke ausgegangen.

Heute Morgen war noch alles schön - strahlender Sonnenschein, 23 Grad und ein angenehmer Windzug. Zur Mittagsstunde hat es sich allerdings geändert und aus dem angenehmen Drumherum wurde schwüle Hitze und jede Bewegung wurde schwerfälliger.

Mittlerweile hat es sich abgekühlt, der Himmel ist schwarz und ein Orkan fegt über die Stadt. Es ist unheimlich, vielleicht sogar mehr als das.

"Wie lange braucht der denn noch?" Frage ich mich selbst, als ich auf die Uhr schaue.

Vor einer guten halben Stunde habe ich André angerufen, ob er nicht vorbeikommen könne. Zu dem Zeitpunkt hat es weder geregnet noch gestürmt, jedoch war schon abzusehen, dass es bald anfangen würde. Ich dachte, er würde es schaffen ohne nass zu werden, allerdings habe ich mich da geirrt.

Ich stehe also auf und mache mich auf den Weg zum Fenster, um nach dem Rechten zu gucken. Die Gardine schiebe ich ein Stück beiseite und lehne mich nach vorn, bis es blitzt und gleich darauf kracht. Ich zucke zusammen und schrecke zurück. Einige Meter trennen das Fenster und mich nun. Ehe ich mir einen erneuten Schock hole, begebe ich mich zurück auf die Couch und zücke mein Handy.

Ich schreibe André eine Nachricht und hoffe, dass er sie schnell liest, damit er weiß, dass ich mich sorge. Als die Lesebestätigung eingeht, kann ich mir ein erleichtertes Seufzen nicht verkneifen. Natürlich wäre ich panischer geworden, wenn er nicht reagiert hätte. Allerdings ist das auch selbstverständlich unter Freunden.

Wir sind auf einer relativ merkwürdigen Art und Weise Freunde geworden. Ehrlich gesagt finde ich es immer noch witzig, wie wir das erste Mal aufeinander getroffen sind.

Meine Schwester kann es mal wieder nicht abwarten und drängelt sich vor. In der Adventszeit ist das Cafe recht gut besucht, da das Ambiente in warmen Tönen gehalten ist, sodass es sehr einladend wirkt.

Eigentlich wollten wir einen Indoor-Spielplatz besuchen, allerdings hat dieser ausgerechnet heute wegen Wartungsarbeiten geschlossen. Also bin ich kurzerhand mit ihr in die Innenstadt gefahren und nun wollen wir uns bei Tee und heißer Schokolade aufwärmen.

"Kann ich Eis essen?"

"Lina wir sind hier, um uns aufzuwärmen und du möchtest Eis essen?" Sie nickt zaghaft und schenkt mir eines dieser Lächeln, bei denen man niemanden einen Wunsch abschlagen kann. "Na gut. Aber dafür drängeln wir uns jetzt nicht mehr vor, sondern setzen uns dort an das Fenster."

Sie willigt ein und so bahnen wir uns den Weg bis hin zum Tisch, der mit einer Speisekarte versehen ist. Dekorativ stehen Kunstblumen in der Mitte und eine Kerze ist angezündet. Lina ist ganz entzückt von den unechten Pflanzen, sodass sie mir die Karte überlässt. Es dauert nicht lange, ehe ich mich für eine heiße Schokolade und einen Nutella-Crêpe entschieden habe. Dann hole ich meine Schwester zurück auf den Boden der Tatsachen.

"Ich will Eis und Kakao." Sagt sie, ohne auch nur einen Blick in die Karte zu werfen.

"Ok und welche Sorten möchtest du essen?"

"Himbeere und Schokolade!"

Da das Café sich immer mehr füllt, dauert es geschätzt eine Viertelstunde, bis unsere Bestellung entgegengenommen wird. Dann heißt es erneut warten und diese Zeit verbringen wir in Stille.

One ShotsWhere stories live. Discover now