Kapitel 6

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Es sind nun auf den Tag genau vier Monate vergangen, seitdem ich die 'Diagnose' Schwangerschaft erhalten habe.

Hach,wie schnell die Zeit vergeht. Eigentlich traurig, doch gab es auch eine positive Seite : Kein Morgenkotzen mehr. Seit dem dritten Monat ist meine Morgenübelkeit verschwunden.

Außerdem ist mein Bauch noch größer geworden,was echt unbequem beim Schlafen ist.

Therese meinte, es sei schön zu wissen wie sich so etwas anfühlt.Es ist auch schön zu fühlen wie jemand deinen Bauch streichelt.

Wie mit jeder Berührung kleine elektrische Schläge durch meine Adern zogen und mich glücklich machten.

Vor ein paar Tagen weckten mich Jonathan und Therese mit Frühstück am Bett auf.

Jonathan begutachtete meinen Bauch. Doch interessierte ihn der Inhalt weniger, als die Leinwand. Ja, er durfte auf meinen Bauch malen.

An dem Tag malte er einen Schmetterling,einen lächelnden Smiley und seinen Handabdruck auf meinen Bauch.

Wir standen im Flur.Ich stand vor dem Spiegel und legte mir meinen grauen Schal um.Schmetterlinge zierten den braunen Rand des Spiegels.

Es war Ende März und immer noch recht kalt.Ich kniete mich kurz hin und zog Jonathan seine blauen Winterschuhe an.

"Bereit?",fragte Therese und küsste mich auf die Schläfe,als ich mich wieder aufrichtete.

"Kein bisschen.",grinste ich nervös. Heute war es soweit.Ich würde das Geschlecht meines Kindes erfahren.

Ich hatte mir nicht einmal Gedanken über den Namen gemacht.Natürlich hatte ich noch Zeit,doch so langsam bekam ich Panik.

Ich wagte einen letzten Blick in den Spiegel,biss mir auf die Lippe und ging mit Therese und Jonathan zum Auto.

In dem weißen Volkswagen roch es immer noch nach Therese und Vanille,doch nun war auch der leichte Geruch von mir im Auto.

Ich schloss mal wieder die Augen um den Geruch zu genießen.So etwas gab es einfach nur einmal.

"Du packst das.Wir bringen Jonathan jetzt erstmal zu Helene und dann fahren wir weiter zum Arzt.",lächelte Therese und drückte meine Hand kurz.

Helene war ihre Schwester.Sie war ein paar Zentimeter kleiner als Therese.Außerdem hatte sie blonde Haare und reine Haut.

Sie war das äußerliche Gegenteil von Therese,doch im Herzen waren beide gleich.

Jonathan mochte sie sehr und da ich keine Geschwister habe,ist sie die Einzige,bei der wir Jonathan lassen können.

Meine Eltern hatten sich über die Jahre nicht gemeldet.Ich selbst sehe nicht ein,weshalb ich mich melden sollte.

Thereses Eltern lernte ich nie kennen,ich wollte sie auch nie fragen,weshalb ich sie nicht kennen lernte.

"Tante Helene!",schrie Jonathan euphorisch.Oh,wie er sie liebte.

Ich finde es schön,dass er jemanden zum Fliehen hat.Wer weiß,wie es in ein paar Jahren ist?Wenn die Zeit schwer wird,kann er zu ihr und dafür werde ich ihr für immer dankbar sein.

Nun endlich fuhren wir aus der Einfahrt. Mit dem übersteigen des Bordsteins fing mein Herz an zu rasen.

Ich wackelte mit den Beinen,fing an meinen Kopf zum Takt zu nicken und schlug mit meinen Händen auf meine Oberschenkel.

Im Radio lief 'Welt der Wunder' . Ich glaube, es gibt Wunder. Das was Therese und ich haben , ist ein Wunder. Jonathan ist ein Wunder. Das in meinem Bauch ist ein Wunder.

Fegefeuer (girlxgirl)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt