sixteenth chapter

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Es dauerte nicht lange bis sich die Hallen Hogwarts' wieder füllten und Lyanna erwachte zu lebhaften Gesprächen. Gähnend rieb sie sich die Augen bis sich ihre Sicht ein wenig verschärfte.
"Na, auch schon wach? Bist du über die Ferien zur Langschläferin geworden oder was?" begrüßte Pansy sie grinsend.
Die vier anderen Mädchen saßen in ihren Pyjamas auf den Betten und schienen gerade voll im Gespräch über ihre Geschenke zu sein. Pansy hatte ein neues rosafarbenes Band in den Haaren, Charlet hatte ein paar Bücher und Quidditch-Knieschoner auf dem Bett liegen (nur weil Erstklässler keine Besen haben durften hieß es nicht, dass sie sich nicht einfach einen aus der Besenkammer der Schule nehmen konnte, wenn sie nicht abgeschlossen war) und Daphne hatte zwei teuer aussehende Schachfiguren in der Hand, die sie wohl gerade den anderen gezeigt hatte.
"Nein, ich war nur lange auf." Gestern hatte sie Extrastunden in der Bibliothek verbracht, um ihre Berechnungen fertig zu stellen, denn auf den letzten Metern hatte sie nicht einfach aufhören können und war erst in den Schlafsaal zurück gekehrt als schon längst Sperrstunde gewesen war und alle anderen geschlafen hatten. Aber das war es wert gewesen. Jetzt hatte sie endlich eine Antwort.
"Lass mich raten, du hast sogar die ganzen Ferien in der Bibliothek verbracht?" Pansy lehnte sich zurück und bedachte sie mit einem leicht spöttischen Blick.
"Nein, meistens habe ich ausgenutzt, dass ich den Gemeinschaftsraum für mich hatte und nicht die ganze Zeit Leute über den staubigen Geruch der Bücher jammern", gab Lyanna zurück.
"Ich fasse es nicht, dass du selbst bei einem Meter Schnee bloß drinnen hockst. Lass uns heute irgendwas machen! Morgen früh geht's direkt mit Zaubertränke los, wir müssen doch unseren letzten Tag in Freiheit genießen", sagte Pansy bestimmt.
"Ich wollte nochmal Schlittschuhlaufen gehen. Der See ist noch gefroren," erwähnte Charlet beiläufig.
Daphne legte die beiden kleinen Figuren zurück in eine glänzende Holzschachtel und lehnte sich zurück. "Ich wäre dabei. Dann kann ich meine neuen Schlittschuhe einweihen."
"Die Jungs sind sicher auch dabei. Dann lasst uns schnell Frühstücken. Je früher wir los kommen, desto weniger voll ist es", sagte Pansy und begann augenblicklich in der Truhe am Fuß des Bettes zu wühlen.
"Warte, warte, ich habe weder Schlittschuhe noch kann ich das überhaupt. Und außerdem- -"
Lyanna's Protest wurde von Pansy unterbrochen. "Millie kann dir ihre alten geben und wir bringen's dir bei. Also wage es bloß nicht irgendeine Ausrede über Hausaufgaben oder Nachhilfe für deine Schwester aus dem Hut zu ziehen, wir akzeptieren kein Nein! Es sind Ferien und ich werde nicht zulassen, dass du dich zwischen Ravenclaw-Strebern in der Bibliothek einpferchst."
Für einen Moment lag ihr ein Konter auf der Zunge, aber sie brachte ihn nicht über die Lippen. Blaue Augen, die sie über die Ränder einer halbmondförmigen Brille anstarrten, ihre Seele bis in alle Ecken ausleuchteten, kamen ihr in den Kopf. Zu ihrer eigenen Überraschung nickte sie seufzend. "Von mir aus, du lässt mich sowieso nicht in Ruhe."
Sie hatte ihre Berechnungen fertig, bis zum Tag der Konvergenz blieben ihr noch sechs Monate und sie hatte gerade nicht einmal einen Ansatzpunkt. Warum also nicht? Das hier war eine Chance, die sie nur wieder bekommen würde, warum sollte sie es also nicht nutzen? Charlet lächelte triumphierend, sonst waren solche Vorschläge nicht von sehr großem Erfolg gekrönt.
Pansy klatschte zufrieden in die Hände und kicherte. "Na dann auf, wer als letztes beim Frühstück ist, ist ein Troll."

Nach einem schnellen Frühstück in der Großen Halle, deren Lärm Lyanna's Sinne auf eine angenehme Art umnebelten, waren sie auf dem Weg runter zum Großen See, dick eingepackt in mehrere Lagen unter ihren Umhängen und mit Schlittschuhen über den Schultern. Vor ihnen schlängelte sich ein Pfad aus zertrampeltem Schnee durch die hüfthohe weiße Schneedecke bis runter zum Großen See und kleine Gruppen stapften vor ihnen den Weg entlang.
Ihre Aufregung und der leicht anschwellende Stolz darüber, sich zu so etwas aufgerafft zu haben hielt an bis sie unten am See angekommen waren, wo er wie Schnee in der Sonne zu einem matschigen Klumpen zerschmolz. Das hier war eine dumme Idee gewesen. Lyanna war schon immer eine Versagerin in jeder Sportart gewesen and die sie sich je rangewagt hatte und jetzt war sie drauf und dran sich vor den anderen zu blamieren. Und das nachdem die sich Hoffnungen gemacht hatte, dass heute tatsächlich-
"Lyanna, kommst du?", fragte Pansy, die schon in ihren silbernen Schlittschuhen steckte.
Stumm presste Lyanna ihre Lippen zu einer dünnen Linie zusammen und nickte, während sie für Schuhe schnürte, die Millicent ihr geliehen hatte. Sie waren ein wenig zu groß und Lyanna fragte sich was für eine Größe ihre neuen hatten. Millicent kam ihr eigentlich nicht so groß vor, eher stämmig, aber das sommersprossige Mädchen war doch fast einen Kopf größer als sie.
"Denk nicht zu viel drüber nach, ich bringe es dir bei", sagte Draco. Seine grauen Augen musterten sie, wie um zu sagen 'Du schaffst das, hör auf zu jammern'. Sie sog die kalte Luft ein um ihren Kopf zu klären und tat ihren ersten Schritt aufs Eis, vorsichtig nicht zu fallen und direkt mit Versagen zu beginnen. Nach ein paar wackeligen Schritten erreichte sie die anderen.
"Und was jetzt?"
"Fahren, nicht laufen. Du siehst aus wie ein Storch, so wie du hier herum stakst", sagte Daphne kichernd.
"Danke für diesen hilfreichem Ratschlag", zischte sie und stubbste Draco mit Ihrem Ellenbogen an - eine Bewegung, die Sie fast aus dem Gleichgewicht brachte. "Zeit deine Talente als Lehrer, unter Beweis zu stellen."
"Viel Glück. Hoffentlich bist du auf Schlittschuhen besser als auf dem Besen", stichelte Pansy und drehte mühelos eine Runde um sie und Draco.
"Du bist diejenige, die mich vorhin überreden wollte hierher zu kommen."
"Verzeihst du mir, wenn ich dir sage, dass deine Haare heute toll aussehen?", erwiderte Pansy zwinkernd und Lyanna spürte wie ihre Wangen heiß wurden.
Bevor sie etwas erwidern konnte, war Pansy mit Daphne und Millicent im Schlepptau verschwunden. Und da Charlet irgendwann in den letzten Minuten unbemerkt verschwunden war und Crabbe und Goyle auf ein Handzeichen von Draco hin sich mit einem Brummen verzogen, standen Lyanna und Draco alleine auf dem Eis, ihr Versagen nicht länger abwendbar.
"Also, wie soll ich anfangen?"
"Zuallererst, hör auf zu laufen, gleite. Einer vor, verlagere dein Gewicht auf das vordere Bein, zieh das andere hinterher und dann nach wieder von vorne", erklärte er ruhig.
Okay, das klang gar nicht mal so schwer. Vorsichtig schob sie den einen Fuß vor, verlagerte ihr Gewicht, um den hinteren frei zu bekommen, doch der vordere rutschte noch weiter nach vorne und als sie panisch versuchte, den hinteren hinterher zu ziehen, verlor sie das Gleichgewicht. Bevor sie aber fallen konnte wurde sie am Ellenbogen gepackt und wie durch ein Wunder schaffte Draco es, sie auf den Füßen zu halten statt mit ihr zusammen umzufallen.
"Merlin, Evans, hast du keine Kontrolle über deine Füße?"
In Momenten wie diesem nervte es sie, dass er sie bei ihrem Nachnamen nannte. Sein amüsierter Gesichtsausdruck machte es nicht besser.
"Vielleicht bist du einfach nur schlecht im Erklären", gab sie zurück. Er hob eine Augenbraue. "Und normalerweise rutscht der Boden nicht unter mit weg. Das hier war eine dumme Idee."
"Sag bloß du gibst schon auf? Diejenige, die ich regelmäßig morgens übermüdet im Gemeinschaftsraum auf ihren Büchern aufwachen sehe schmeißt hin, weil etwas nicht auf Anhieb funktioniert?"
"Das hier ist etwas anderes. Die empirische Beweislage spricht gegen den Versuch," sagte sie verärgert und entzog ihren Ärmel seinem Griff.
"Du solltest wissen, dass du mich nicht durch solche Wörter ausstechen kannst", erwiderte er augenrollend. "Deine Einstellung verhindert, dass du es überhaupt versuchst. Willst Du denn nicht beweisen, dass du es lernen kannst? Deine Schwester scheint sich jedenfalls, nicht so anzustellen."
Lyanna folgte seinem Blick. Ein paar hundert Meter von ihnen entfernt entdeckte sie die blonden Haare ihrer Schwester, die mit wehendem rot-goldenen Schal neben ihren Freunden umherfuhr. Dass sie das hier auch noch nie gemacht hatte sah man ihr kaum an. Lyanna biss die Zähne zusammen.
"In Ordnung. Mach es nicht zu kompliziert. Gib mir einen Vergleich. Und sag nicht skaten."
"Skaten?"
"Ihr habt Schlittschuhe aber keine Rollschuhe? Egal, anscheinend eine Mugglesache", winkte Lyanna ab.
"Wenn du meinst." Für einen Moment dachte er nach. "Ski fahren. Das macht man bei Mugglen doch sicher auch."
"Ja, Skifahren kann ich. Oder wenigstens habe ich es schon mal gemacht."
"Gut. Dann versuch das. Und langsam, bevor du es schaffst uns beide umzuwerfen." Obwohl er versuchte, genervt zu klingen, war seine Haltung gelassen und ruhig. Fast als würde er absichtlich sticheln, um sie vom Gedanken an das Aufgeben abzulenken. Irgendwie musste sie plötzlich lächeln.
Also probierte Lyanna es nochmal. Mit geschlossenen Augen holte sie die Errinerungen von ihrem Vater hervor, wie er ihr in den Bergen, in denen ihre Großeltern aufgewachsen waren, Skifahren beibrachte. Die Bewegung ihrer Muskeln, den Schnee der auf ihrem Wangen schmolz und die eisige Kälte des Windes. Seine Ratschläge und Witze als er sie es geschafft hatte, den Berg hinab in einen Zaun hinein zu rauschen weil sie vergessen hatte wie man bremst... Diesmal war es einfacher und auch wenn sie noch ein paar mal fast hingefallen wäre schaffte Draco es jedes Mal sie festzuhalten, bis es sich irgendwann fast normal anfühlte und nicht als hätte sie Klingen an ihre Füße geschnallt.
Währenddessen fuhren die anderen ihre Runden. Pansy, Daphne und Milicent (die deutlich besser war als sie es erwartet hätte und fast schon elegant aussah) überrundeteten sie ein paar Mal, Crabbe und Goyle amüsierten sich damit, das Eis unter Neville Longbottoms Füßen anzuschmelzen, sodass er immer wieder hinfiel und Charlet drehte ihre Runden in einer beachtlichen Geschwindigkeit, die Lyanna fast halsbrecherisch vorkam.
Fast ganz Hogwarts nutzte den letzten Ferientag bis aufs äußerste und der See füllte sich immer weiter über die Stunden, bis die Eisfläche ein einziges Gewusel geworden war. Irgendwann fühlten sich Lyanna's Hände trotz der Handschuhe wie Eisklumpen an und sie war fast dankbar, als die Weasley Zwillinge ein dutzend Fangzähnige Frisbees in der Mitte des Sees losließen und sie Leute stolpernd und fallend zurück an Land flohen, sodass das Schlittschuhfahren inoffiziell für beendet erklärt wurde, bis auf ein paar verrückte (unter anderem Charlet), die aus dem Chaos ein Hindernisparcours machten.
Als Lyanna endlich wieder ihre normalen Stiefel anhatte fühlten ihre Füße sich unglaublich leicht an. Erschöpft aber glücklich machte sie sich mit den anderen auf den Weg zurück zum Schloss.
"Siehst du, war gar nicht so schlimm", sagte Pansy grinsend und stubbste ihr in die Rippen.
"Das war ganz sicher nicht dein verdienst", schnaubte Lyanna, schaffte es aber nicht, böse zu klingen und die anderen begannen zu lachen.
"So oder so, ich hatte recht. Merk dir das bis zum nächsten Mal."
Lyanna rollte mit den Augen. Okay, vielleicht hatte sie recht gehabt.

Through The Ages - A Harry Potter StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt