Nur eine andere Art von Lärm

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Es würde eine Höllenfahrt werden, dass wusste er schon jetzt, denn der Lärm lag betäubend auf seinen Ohren.

Lärm gegen den Jungkook nicht ankam. Gegen den er kämpfen konnte und doch nicht gewinnen würde. Es war so laut, dass es ihn im Inneren ergriff.

Stumpf starrte er auf den Boden, versuchte gekonnt zu ignorieren, was seine Ohren alles Aufnahmen. Er konnte alles hören.

Ausnahmslos alles.

Jedes kleine Detail presste sich in sein Gehirn, ergriff sein Herz und zermalmte jeden Gedanken, der ihn hätte retten können.

Seine Aufmerksamkeit huschte von dem einen Geräusch zum nächsten, gab jedem davon die gleiche Priorität.

Es war einer der schlimmen Momente. Einer der Momente in denen nicht einmal Musik half.

Dabei hatte er es versucht. Hatte so minimalistische Lieder angemacht wie möglich und doch war es ein reines Kauderwelsch, was in seinem Kopf angekommen war.

Sein Gehirn Unterschied nicht zwischen Gesang und Gitarre. Filterte nichts, nicht mal den Atemzug, den der Sänger tat, nicht das Nachschwingen der Seiten, bevor sie erneut angeschlagen wurden, nicht der zu klare Klang der Stimme, nicht...

Jungkook erkannte jede Nuance, aber nichts davon konnte er zuordnen, nichts davon genießen.

Jungkook war seinem eigenen Kopf ausgesetzt. Seinen eigenen Sinnen hilflos ergeben.

Vor wenigen Minuten hatte er die Kopfhörer aus den Ohren gezogen in der Hoffnung Natur sei besser, doch...

Das weinende Kind in einem der Hochhäuser, hörte Jungkook bis hier. Er würde vermuten zweiter Stock in dem Haus links von ihm, weil der Schall von rechts kam.

Er hörte das klappernde Geräusch der Fahrräder, die vor ihm die Straße auf und abfuhren. Er vernahm das eindringliche Düten vom Handy der Frau an der Bushaltestelle neben ihm, die versuchte jemanden zu erreichen.

Es machte ihm schier wahnsinnig. Musste sie unterwegs telefonieren? Musste sie jetzt telefonieren? Warum hob niemand ab?

Jungkook traten Tränen in die Augen. Zu weinen war schwachsinnig. Er hatte keinen Grund, durfte sich nur nicht von den Geräuschen beeinflussen lassen.

Aber das war leichter gesagt als getan.

Er konnte nicht weghören!

So sehr er wollte, er konnte nicht!

Er hörte die Straßenbahn, bevor er sie sah. Das Surren der Schienen welches sich genauso laut zu ihm bahnte, wie die beiden giggelnden Mädchen, die gerade rennend und außer Atem an der Haltestelle ankamen.

Schon jetzt war diese kurze Bahnfahrt seine persönliche Hölle.

Aber er musste da durch. Jungkook wusste, er musste. Er versuchte das Flugzeug zu ignorieren, das Quietschen der Straßenbahn, als sie hielt, das Klappern der Türen, als diese sich öffneten, seine eigenen Schritte, die Schritte der anderen, als er mit denen in die Bahn einstieg.

Er war schon auf das Piepen der schließenden Türen gefasst, kannte das Geräusch, wusste es würde ihm gleich in den Ohren klingeln und sein Inneres erneut durcheinander werfen.

Seine Konzentration versuchte er auf einen Gedanken zu lenken. Seinen rettenden Gedanken.

Der Weg.

Sein Ziel.

Es würde gleich vorbei sein.

Gleich würde es vorüber sein.

STILLE

just another flavor of noiseWo Geschichten leben. Entdecke jetzt