Er berührt mich psychisch

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POV Inéz

Vor lauter Erschöpfung, war ich wieder eingeschlafen. Ich habe überhaupt kein Zeitgefühl mehr. Nur das grelle Tageslicht - das durch das große Fenster scheint - verrät mir, dass es bestimmt schon Mittag oder sogar Nachmittag ist.

Es ist Sommer. Ich liebe die Wärme und das Gefühl frei zu sein. Nur leider, habe ich hier nichts von beidem. Das Zimmer ist kalt, ich weiß nicht, ob es an der dunklen Einrichtung liegt oder an dem eisigen Gefühl, dass sich seit vorgestern in meiner Brust breit macht.

Und Freiheit? Wer redet hier schon von Freiheit.
Ich werde gut behandelt, wie ein Vogel in einem goldenen Käfig. Als ich versucht habe, das Fenster zu öffnen, war es verschlossen.
Ich bekomme unglaubliche Platzangst und noch immer haften Jacks widerliche Handabdrücke an meinem Körper.

Vielleicht berührt er mich nicht mehr physisch, doch er berührt mich psychisch. Ich glaube, das ist fast schlimmer. Meine Gedanken drehen sich nur noch darum und ich werde langsam, aber sicher verrückt!

Ich gehe ins Bad und schließe ab. Mehrere Male drücke ich die Türklinke herunter, um mir einhundert Prozent sicher zu sein, dass ich ENDLICH völlig alleine bin.

Ich entledige mich meiner Klamotten und steige in die Dusche, sowas habe ich jetzt echt gebraucht. Ich schütte etwas Seife aus der Tube und beginne mich zu waschen.

Ich wasche den Schmutz von meinem Körper ab und will gerade wieder aus der Dusche steigen, als ich mich wieder umentscheide. Ich nehme erneut Seife, diesmal mehr und reibe damit meinen Körper ein.
Das Shampoo massiere ich ebenfalls in meine Haare ein und anschließend folgt die Spülung.

So, jetzt nur noch mit Wasser, den Schaum abwaschen und ich kann wieder raus aus der Duschkabine.

Aber nein, ich schaffe es nicht. Ich nehme erneut Seife, ich schmiere sie krampfhaft über jede Stelle meines Körpers. Beinahe mahnisch, beinahe schmerzvoll. Ich rubbele stark, ich kratze diesen Dreck von meiner Haut. Ich muss ihn loswerden.

Ich kann noch nicht aus der Dusche.
Noch bin ich nicht vollständig sauber.
Es hängt noch überall die Scham.

Meine Hände bewegen sich in Rekordzeit auf und ab, so als wollten sie jeden Punkt meines Körpers gleichzeitig beschützen und verstecken.

Nein, Inéz, jetzt bist du sauber. Die Tube ist verdammt nochmal schon leer. Es geht gar nicht, dass du nicht sauber bist.

Vielleicht reicht diese eine Tube nicht.
Vielleicht brauche ich ja zwei....
Ich steige aus der Dusche und suche im Wandschrank nach einer neuen Seifenverpackung.

Fehlanzeige. Hier ist keine mehr.
Scheiße Inéz.
Sie wollen nicht, dass du wieder rein wirst.
Du bist dreckig, bis in die tiefste Pore dreckig.

Mein Auge fällt auf die Handseife am Waschbecken, ich ergreife sie, springe zurück in die Dusche und beginne mich damit einzuschäumen.

Meine Haut brennt unangenehm und ist mittlerweile knallrot von der Reibung und den Kratzern meiner Nägel.

Es ist, als würde ich meine Haut von meiner Seele abtrennen wollen, um wenigstens eine der beiden, vor Jacks Händen zu retten.

„Alles gut Inéz? Brauchst du frische Unterwäsche und was zum Anziehen?" Lydia klopft leise gegen die Badezimmertüre.

„Ja, das wäre echt lieb! Ich möchte aber nicht eins der Schnickschnack-Kleidchen, ich möchte mein Weißes."

„Gut, ich lege es dir vor die Türe." Die Schritte entfernen sich und ich atme erleichtert aus.

Ich öffne die Türe und ziehe mir schnell die Unterwäsche, sowie das weiße Kleid an.

Interessante weiße Dessous.... ich erinnere mich nicht, dass ich im Laden welche ausgesucht hätte.
Naja, vielleicht sind sie auch von Lydia?

~

POV Seth

„Jaro. Ich erinnere mich nicht, dir erlaubt zu haben, Inéz in ihrem Zimmer zu besuchen...", ich blättere die Zeitung weiter.

„Ich erinnere mich nicht, dich um Erlaubnis fragen zu müssen." Gibt er angepisst von sich.

„Jetzt, wo du schon reinstolziert bist, wie sah sie aus?"

„Sie sah wunderschön aus." Jaro schmunzelt.
Verliebter Idiot auf zwei Beinen.

„Ich meinte, ob sie traurig aussah oder gut gelaunt."

„Sie hat geweint, vor allem, als ich meine Hand auf ihre Schulter gelegt habe...hm."

„Wieso hast du deine Dreckspfoten auf ihre Schulter gelegt? Du weißt schon, was für ein notgeiler Bock du manchmal sein kannst." Ich beginne zu lachen.

„Es war nur die Schulter. Ist ja nicht so, als wäre ich ausversehen auf ihren Brüsten ausgerutscht." Er lacht amüsiert.

„Ja, das will ich auch hoffen für dich."

Ein Klingeln setzt ein und ich gehe an mein Telefon.

„Und? Habt ihr den Köter gefasst?"
Frage ich hoffnungsvoll.

„Der Köter ist nicht in seiner Wohnung, vielleicht hast du uns ja die falsche Adresse gesteckt!? Man, wir wollten heute Spaß haben....."

„Ich bin doch nicht blöd, die Adresse stimmt. Sucht verflucht nochmal die gesamte Stadt ab, findet den Pisser und wagt es nicht euch eher zu melden."

„Ja, Boss. Wir suchen weiter." Silver und Isra klingen enthusiastisch. Richtig in Jagdlaune, aber anders kennt man sie auch nicht.

„Damit eins klar ist, er ist mein Opfer, nicht eures."

Mit diesem Satz, legen die W*xxer-Zwillinge auf. Das wird sie noch teuer zu stehen kommen. Schattenjäger hin oder her. Keiner legt vor mir auf.

„Der kleine Jack ist doch nicht so dumm, wie wir dachten." Gibt Jaro zu.

„Wenn mich nicht alles täuscht, befindet er sich noch irgendwo in der Stadt, nur eben nicht in seiner jämmerlichen Behausung und wo auch immer er steckt, er kann uns nicht entkommen."

(Danke für's Lesen <3 gerne Feedback dalassen ;)

Bring mich nicht in VersuchungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt