Teil 6

963 86 2
                                    

Irgendwie war das vielleicht doch nicht so eine gute Idee gewesen wie gedacht, überlegte Cel zum vielleicht Hundertsten Mal, derweil sie wanderte und wanderte... doch nun gab es natürlich kein Zurück mehr.
Der so herrlich asphaltierte Weg war nur wenige hundert Meter weiter in den Wald hinein gebaut, dort dann erst zur fiesen Schottersteinpiste und anschließend zu einem ganz normalen Waldweg geworden. Und ja, okay, auf Letzterem lief es sich dann doch wieder ganz gut. Sie kam zumindest voran. Jedoch verstärkte sich ihr Schwindel nun mit jedem Schritt.

Was hatte sie sich eigentlich dabei gedacht, trotz zu spät genommener Tabletten einfach so los zu laufen?
Ah... Ja... Gar nichts weiter.
So wie sonst auch immer.
Doch zumindest war der Wald auf dieser Seite nicht besonders ausgedehnt. Und sie kam schon bald an dessen Rand an.
- Nur dass sie jetzt statt Straßen und idyllischen Dörfern nur noch weiter solch ausgedehnte Acker- und Wiesenflächen vor sich liegen hatte.
Ja... Ganz toll.
- Nicht!

Denn die Zivilisation war weit und breit nicht in Sicht.
Nun, was soll's.
Dann musste sie eben wohl oder übel um den Wald herum marschieren, denn auch hier gab es zumindest gut angelegte Feld- und Waldwege wie auch noch einen eingetragenen Wanderpfad. R89... - irgendsowas.
An einem Baum hatte es eine Plakette mit ein paar Pfeilen und einigen Ortsnamen gegeben, die sie aber nicht kannte. Denn Hallo?
Sie war hier vollkommen fremd!

Und natürlich hatte sie sich zuvor auch nicht noch die Mühe gemacht, andere Orte in der Umgebung von Nana zu googeln und ihr Handy hatte hier draußen gerade null Empfang. Also wusste sie gerade auch nicht, ob sie nun in die richtige oder in die falsche Richtung Lief. Doch solange sie irgendwo ankommen würde, gab es immerhin Hoffnung.

Ob dieser bescheuerte Arzt inzwischen herausgefunden hatte, dass sie getürmt war? Wahrscheinlich. Und ob er es diesen zwei irren Idioten auch gesteckt hatte? Höchstwahrscheinlich!
Doch egal, ob sie ihr nun suchender Weise Hinterher tigern würden oder nicht, sie war jetzt erst mal hier und damit außerhalb ihrer Reichweite...
Außerdem war die Landschaft tatsächlich  recht bezaubernd.
Da hinten gab es sogar eine hölzerne Aussichts-Bank an einem Feldrand von wo man aus geschätzt zwanzig Kilometer weit blicken konnte... Wow...
Cel beschloss, schon wegen ihres Schwindels eine kleine Weile dort zu rasten und sich auf den halben Holzstamm zu legen, der auf zwei gesägten Holz Sockeln stand.
Links und rechts waren noch mal zwei Bäumchen gepflanzt worden, die sicher irgendwann dem Rastenden Schatten spenden sollten. Aber zur Zeit war der noch recht mickrig. Also stand das gute Teil wohl noch nicht allzu lange hier. Und das lies darauf hoffen, dass sie bald schon die Zivilisation erreichen würde.
Schließlich würde kein Ort der Welt eine Aussichtsbank Rund 20 km von irgendwo hin in die Landschaft bauen, oder?
Nun ja... Auf dem Land wusste man das ja nie so genau.
Nana hatte immer gesagt:
Die spinnen hier alle, aber was soll's.
Sie musste ja nicht unbedingt mit den Menschen auskommen können. Sie hatte gerne außerhalb gewohnt und war damit auch den meisten Festen, Kirmes und irgendwie gearteten Feuerwerken aus dem Weg gegangen. Natürlich ... von Ferne her hatte sie es immer noch gehört. Das feiern und knallen und die laute Musik. Ab und zu hatte sie ihr auch Aufnahmen davon gemacht, um sie Cel dann zu schicken und so zu zeigen, dass es auch auf dem Land mitunter sehr laut zugehen konnte.
Genau so laut wie in der Stadt.
Oder vielleicht sogar noch lauter?!

Auch egal

Erschöpft schloss sie erst einmal die Augen, atmete tief die nach dem Regen feuchte Luft ein und versuchte dadurch, dass sie nun ganz ruhig blieb den Schwindel zu bekämpfen.
Und es wirkte. Nach einigen Minuten spürte sie bereits, wie gut diese Ruhe ihr tat.
Noch dazu der Sonnenschein.
Hatte sich das Wetter wirklich so schnell geändert, oder hatte sie einen ganzen Tag verschlafen?
Ah... Nein... Das wollte sie lieber doch nicht so genau wissen.

Also Reset...

Augen zu, atmen, Sonnenschein genießen...
Es wurde langsam besser, und sie konnte schließlich ihre Augen wieder öffnen.

Wow...

Der Himmel war nun so unglaublich blau und nur von wenigen Streifen und entfernt davon ziehenden Wolken durchzogen. Als hätte ein Kind wie wild viele weiße Striche und Kreise auf eine hellblaue Magnettafel gemalt...
Man musste nur einmal darüber wischen und dann war alles weg, alles wieder rein und ausgewischt.
Sogar ihr ganzes bisher so nutzloses Leben,
So wie nun auch Nanas Leben.
Kaum einer würde die noch lange in Erinnerung behalten. Und dasselbe galt nun auch für sie, Cel.

Eine Träne verirrte sich wohl aus ihren Augen, lief ihr über die Schläfe und versickerte in ihrem Haar.

Sie wusste, dass sie nicht mehr allzu lange Zeit hatte und darum auch keine Freundschaften oder Liebeleien mehr anfangen sollte.
Doch diese beiden Typen hatten tatsächlich so getan, als würde sie nun irgendwo dazugehören und ab sofort umsorgt sein... einfach so.

So verrückt war das, ... denn sie kannten sie ja schließlich noch nicht einmal.

Nun... Nana hatte sie wohl ausgetrickst, mit diesem vorzeitigen Überschreiben des Hauses auf sie.
Doch nun stand sie da und wollte das Haus für sich als letzten Rückzugsort haben?! Oh ja, sie wäre da vermutlich ebenfalls mal sauer geworden. Doch sie deshalb gleich zu entführen...?
Oh... Oder hatte dieser Rain nur freundlich sein wollen, weil sie ja vor ihm umgekippt war?
Weil seine Augen auf einmal rot geglüht hatten...

...
Nein das war nur Einbildung gewesen, nichts weiter. Vielleicht eine Reflektion der Sonne... oder so.
Und dass er sie mitgenommen hatte statt einfach ins Haus zu bringen war...
- Sicher nur um dafür zu sorgen dass sie die beiden auch wirklich noch als ihre Erben benennen würde...
Das Testament musste vor ihrem Tod natürlich noch aufgesetzt werden, klar...
Und dann wäre sie vermutlich in diesem tollen, modernen Haus und in diesem modernen Zimmer mit riesigem Bett eingesperrt worden - für den Rest ihres Lebens, mit einem Arzt, der sie auf Schritt und Tritt kontrollierte und einer Köchin, die ihr wer weiß was in die Mahlzeiten tat...

Oder???

Hach... Neinneinnein... warum sollten sie das tun? Wofür diese Mühe? Für einen ihnen völlig unbekannte Frau???
Doch warum hatte sich dieser Night sich auf einmal noch dieses irre Märchen ausgedacht, von wegen Werwölfe und Rudel und Reservat?
Auch das war völlig verrückt und an den Haaren herbeigezogen...

Plötzlich maunzte es leise hinter ihr, und sie richtete sich hastig auf.
Da stand eine rot-getigerte Katze mitten auf dem Weg...

Hu???

War das etwa eine von Nanas Katzen?
Eine rote...?!
Moment mal...
„Pytagoras?", fragte sie das Tier leise, dass sofort mir nichts dir nichts auf sie zugelaufen kam, um sich wie wild an ihrem Bein zu reiben.
„Oh... bist du wirklich Nanas Pytagoras?", fragte sie das Tier begeistert.
Nana hatte ihr von der Katze geschrieben, die sie als Findelkind mit der Flasche großgezogen hatte
Vermutlich hatte ein Bauer die Jungen in den Wald geworfen, sobald er sie gefunden hatte und nur die kleine Pytagoras war dem grausamen Schicksal entkommen.
„Und nun ist Nana plötzlich auch wieder weg. Du hast zuerst deine eigene Mama verloren, bist entführt worden, und nun stehst du schon wieder vor einer völlig fremden Person, nicht wahr ... und suchst verzweifelt ein neues Herrchen oder Frauchen.
Na ja... zumindest für ein paar Wochen kann ich mich wohl noch um dich kümmern, meine Liebe.

Aber wenn du nun hier bist, so wie du Nana immer auf ihrem Spaziergang begleitet hast... Weißt du denn nicht auch wo Nanas Haus ist?
... Nach Hause?", fragte sie die Katze eifrig, die auch sofort maunzend abdrehte und ihr voran durch das hohe Gras zum Waldrand zurücklief.

Oh...

Rasch stand Celine auf und folgte dem Tier zwischen die Bäume, wo sie zielstrebig auf einen Wildpfad zu lief. Der musste sogar ziemlich oft begangen worden sein, aber immer nur von einer Person, nie von einem Wagen.
Nun ja, sie kam auch an einigen umgestürzten Bäumen vorbei.

Oh...?!

Davon hatte Nana heute doch noch neulich erzählt... Erst letzten Monat hatte es einen großen Sturm gegeben und in der Nähe ihres Hauses waren einige Bäume umgefallen. Also war das hier nun tatsächlich der Weg zu Nanas Hof?
- Nicht zu fassen!
Sollte sie nun doch noch so viel Glück haben?

Wolfsbraut - Im Bann der AlphaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt