17. Kapitel

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I'll tell you a story before it tells itself ~ This Feeling (The Chainsmokers feat. Kelsea Ballerini)

Ich streckte meine Arme aus und aus meinen Handflächen strömten Wasserfontänen. Es tat nicht weh. Stattdessen fühlte es sich irgendwie notwendig und gelenkt an. Das Feuer erlosch innerhalb von Sekunden und wir waren wieder frei. Ich hielt meine Hände in beide Richtungen des Ganges und sah dabei zu, wie das Wasser die Flammen im gesamten Schloss besiegte. So plötzlich wie es gekommen war, versiegte das Wasser und meine Hände
waren nur noch Hände und gehorchten mir wieder.

Völlig erschöpft ließ ich mich auf die Knie fallen und die ganzen Ereignisse der letzten Tage fielen auf mich ein. Ich weinte und mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, wenn ich an Mina dachte. Da spürte ich, wie mich jemand in den Arm nahm. Ohne nachzudenken schmiegte ich mich an die Brust und genoss das Gefühl, dass mich jemand festhielt. Das Zittern war nicht weniger geworden. Ganz im Gegenteil.

Ich atmete hektisch und erst als ich spürte, wie mir jemand über den Kopf strich, beruhigte ich mich langsam wieder. Ich sog den Geruch nach Wald ein und merkte, dass diese Brust ziemlich gut roch. Moment mal ... Wessen Brust war das überhaupt?
Scheiße.

Ich machte mich los und stand auf. Mein Gesicht war knallrot angelaufen und ich blickte beschämt zu Boden. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Benjamin sich grinsend erhob. Schnell wischte ich mir die Tränen von den Wangen und beschloss, dass ich für heute genug geweint hatte. Tränen brachten mein altes Leben auch nicht zurück. Nichts tat das. Also auch keine Tränen.

Ich drehte mich zu Marie um, weil ich schauen wollte, ob es ihr gut ging. Sie war blass und starrte mich mit großen Augen an. „W...was hast du da gerade gemacht?", stotterte sie. „Ich weiß es nicht.", gab ich ehrlicherweise zu. „Ich nehme an, dass das eine neue Kraft von mir ist." Leise sagte ich zu mir: „Als ob das Verformen von Erde und die Windsache nicht schon gereicht hätten." Benjamin hörte es trotzdem und starrte mich verwirrt an.

„Du kannst die Erde verformen?", fragte er. Ich nickte. „Ja. Und wenn ich puste, kommt Wind auf. Aber das ist normal für mich. Ich bin damit aufgewachsen. Und außerdem bin ich eine Aniral, wie ich heute festgestellt
habe."
„Wie hast du das herausgefunden?", erkundigte sich Marie. Ich erklärte ihr die Sache mit dem Baum. Während ich das tat, schüttelte Benjamin immer wieder fassungslos den Kopf. Es machte mich nervös.

„Könntest du bitte damit aufhören?" Er schaute mich an. „Sorry. Aber Emmi, deine Kräfte sind alles andere als normal. Kommt mal mit." Er lief voraus und Marie und ich folgten ihm. Diesmal sagte ich nichts wegen meines Namens. Ich hatte weiß Gott größere Probleme.

Er führte uns durch den verbrannten Gang und mir schnürte sich die Kehle zu. Dann blieb er vor einer Tür stehen und machte sie auf. In dem Raum war nichts verbrannt. Ich atmete erleichtert auf. Augenblicklich durchzog eine kräftige Windböe den Raum. Meine beiden Begleiter drehten sich gleichzeitig zu mir um.
„Entschuldigung", sagte ich und folgte dem Prinzen weiter durch die Bibliothek, in der wir uns befanden.

Vor einem Glaskasten hielt er inne.
Ich spähte an ihm vorbei und sah, dass sich ein altes, lila Buch darin befand „Was ist das für ein Buch?", fragte ich neugierig.
„Das ist die Geschichte von Konzulesian", erklärte er und hob den Kasten an. Er holte das Buch heraus und deutete uns, uns auf die Fensterbank zu setzten, die sich daneben befand. Benjamin setzte sich in die Mitte und schlug das Buch auf.

Er schien nach einer bestimmten Stelle zu suchen. Schließlich reichte er mir das Buch mit einem einzigen Wort.
„Lies."
Verwirrt tat ich, was er wollte.

„Die Legende von Konzulesian", las ich laut vor. „In Konzulesian herrscht Gleichgewicht zwischen Gut und Böse. Das war schon immer so, doch es wird nicht für immer so sein. Sechzehn Jahre, bevor die Dunkelheit mächtiger wird als das Licht, wird ein Kind zur Hälfte des Jahres geboren. In diesem Kind vereinen sich die vier Elemente.
Die Zeichen in Auge und Stirn werden es erkennbar machen. Dieses Kind wird Konzulesian und die Menschenwelt vor dem Bösen schützen. Es ist dazu da, das Gleichgewicht wieder herzustellen.

Ihm werden mächtige Kräfte verliehen mit denen es die Möglichkeit hat, die Dunkelheit zurückzudrängen." Ich war still. Mein Geist war ausgeknipst und ich spürte nichts. Ich starrte nur auf die Zeilen, die ich soeben gelesen hatte. Was hatte das zu bedeuten? Was zum Teufel stand dort in diesem Buch? Was hatte ich eben gelesen?
Sanft wurde mir das Buch aus den Händen genommen und meine Fähigkeit zu denken kehrte zurück.

Die Legende sprach von mir. Ich war das Gleichgewicht. Ich war die Person, über die da eine Seite in diesem Buch geschrieben stand. Benjamin sah mich mit konzentriertem Gesichtsausdruck an.

"Kann mir mal bitte einer verraten, was hier los ist?", fragte Marie und holte mich damit aus meinen Gedanken zurück in die Bibliothek.
„Ich zeig's dir", sagte ich kurzentschlossen und wandte mich an Benjamin. „Wie macht man den Augentrick rückgängig?", fragte ich ihn

„Streich mit deinen Fingern über deine Lider." Ich tat, was er gesagt hatte. Meine Augen ließ ich geschlossen. Ich war noch nicht fertig. Ich riss mir meine Mütze vom Kopf und öffnete dann meine lila Augen.
Marie starrte mich an und ich konnte dabei zusehen, wie ihr Mund immer weiter aufklappte. Benjamin hingegen nickte nur bestätigend.

„Du?", stieß Marie schließlich hervor und schloss ihren Mund wieder. Ich nickte. Ich war genauso überrascht wie sie, wenn auch aus einem anderen Grund. Für Marie schien es unglaublich zu sein, dass ich es sein sollte, die diese Kräfte besaß und Konzulesian retten sollte und für mich war es nicht zu glauben, dass meine Kräfte einen Sinn hatten. Dass ich in einem Buch stand, in dem mir einer Anleitung gleich erklärt wurde, was ich zu tun hatte.

Marie schnappte sich das Buch von Benjamins Schoß und las sich alles nochmal ganz genau durch. Mehrmals sah sie zwischen dem Buch und mir hin und her. Dann behielt sie ihre Augen fassungslos auf den leicht vergilbten Seiten. Plötzlich stutzte sie. Ich kam näher und sah, dass sie an der Seite knibbelte. Verwirrt runzelte ich die Stirn. Was tat sie da? Im nächsten Augenblick zog Marie das Papier ab und ich erkannte, dass dort noch etwas stand.

Die Kraft der Elemente - Alles liegt in deiner HandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt