Kapitel 6 Polizei

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Als ich am Morgen aufwache ist Juli weg. Panisch setze ich mich hin und lausche. Jemand ist im Bad und hat den Wasserhahn an. Leise schleiche ich ins Wohnzimmer. Mason schläft noch, also wird das wohl Juli sein. Kurz überlege ich nach ihr zusehen, aber das wird die Situation bestimmt nur schlimmer machen. Aus diesem Grund beschließe ich schonmal Frühstück zu machen.
Der Wasserhahn wird abgestellt. Ich lausche. In der Wohnung herrscht eine bedrückende Stille. Ich höre wie der Toilettendeckel gegen die Wand schlägt. Dann höre ich Juli wie sie würgt. Ich will loslaufen, doch Mason hält mich auf. Wo kommt der denn jetzt her? „Wir müssen ihr helfen!" mache ich ihn an. „Nein. Nicht so. Sie muss in erster Linie damit fertig werden. Wir können nur für sie da sein und sie hat gestern ausdrücklich den Wunsch geäußert, dass wir sie nicht anfassen sollen" herrscht Mason mich an. Niedergeschlagen ergebe ich mich. „Okay". Mein Handy vibriert. „Das kann nicht sein ernst sein!" meckere ich vor mich her. „Was ist los?" fragt Mason, der beginnt die Eier zu braten. „Wir Lehrer sollen uns heute Mittag in der Schule versammeln. Irgendeine Krisensitzung oder so. Juli soll auch kommen..." erzähle ich Mason. „Melde sie krank" gibt er einfach nur von sich. „Ich kann da auch nicht hingehen" protestiere ich. „Doch und du wirst" höre ich Juli neben mir sagen. „Aber" setze ich an. „Nichts aber. Ich will nicht, dass du mich weiter als einen kleinen zerbrechlichen Menschen ansiehst, der jeden Moment tot umfallen könnte. Geh dahin und du gehst auch zur Arbeit! Ich brauche gerade keinen um mich, der mich die ganze Zeit betreut" fällt sie mir ernst ins Wort. Ich nicke. „Dann sollte ich jetzt gehen. Es ist schon spät" antworte ich geknickt und gehe.

*Juli*

Ich höre die Haustür zufallen und atme auf. „War das nötig? Sie meint es doch nur gut" fragt mich Mason. „Ja. Zieh dich an. Wir fahren zur Polizei" antworte ich monoton und fange an die Frühstückssachen wieder wegzuräumen. Mason antwortet nicht, was auch gut so ist. „Fertig?" frage ich ihn nach ca. 10 Minuten. „Ja" ruft er aus meinem Schlafzimmer. Ich gucke in den Spiegel. Meine Haare sind fettig und in einem nicht sehr schönen Zopf zusammengebunden aber es ist mir egal. Meine Augen sehen leer aus, die Wimperntusche ist verschmiert. Meine Wange und Teil meines Auges ist dick und blau. Auf meinen Pullover ist ein Fleck und ich trage eine viel zu große Jogginghose. „Kommst du?" fragt Mason mich. Er lehnt lässig hinter mir im Türrahmen. Ein besorgter Blick starrt mich eindringlich durch den Spiegel an. „Sieh mich nicht so an" Befehle ich ihm und gehe aus dem Bad. „Wo sind deine Autoschlüssel?" fragt er mich. „ Neben der Garderobe" antworte ich unmotiviert.
Mason geht in den schmalen Flur. Die hellblaue Tapete, die ich so liebe, wirkt heute blass und bedrückend. Schnell schlüpfe ich in meine Nike Schuhe, ziehe mir eine Jacke über und trete hinaus. Scharf ziehe ich die frische Luft ein. Trotzdem geht das Gefühl, als würde ich ersticken nicht weg. Wieso wollte ich jetzt auf einmal unbedingt zur Polizei? „Hey, jetzt keinen Rückzieher machen" sagt Mason hinter mir. Er kennt mich zu gut. Langsam gehe ich zu meinem Auto. Erschöpft von dem kurzen Weg lasse ich mich auf den Beifahrersitz fallen. Auch mein kleiner Golf wirkt heute noch kleiner. Mason startet den Motor und fährt los.

„Da wären wir" stellt Mason fest. Ja. Da sind wir. Sein Rasierwasser steigt mir in die Nase. Ich hasse den Geruch. Seins roch so ähnlich. Bei dem Gedanken an ihn beschleunigt mein Puls. Ich muss hier raus. Ohne ein Wort zu sagen steige ich aus. Ich fange an zu schwitzen, meine Hände zittern. Reiß dich zusammen. Sie werden dir helfen. Versuche ich mir einzureden. Es bringt nichts. Mit all meiner Willenskraft gehe ich Schritt für Schritt Richtung Tür. „Soll ich für dich reden?" fragt Mason mich vorsichtig. Warum fragt er heute so viel? Es stresst mich. „Nein" gebe ich nur zurück. Vor der Tür halte ich inne. Gleich ist es zu spät für einen Rückzieher. Jetzt oder nie. Was kann ich jetzt noch verlieren? Ohne drüber nachzudenken öffne ich die Tür und trete hinein.

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