47 Herzklopfen

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Beunruhigt tigerte sie in der Waffenkammer auf und ab. Scarlett wusste, dass sie zu diesem Treffen gehen musste. Samantha hatte nichts mit der ganzen Sache zu tun. Sie sollte nicht dafür leiden, geschweige denn sterben. Und auch sonst niemand sollte das. Somit überlegte sie, welche Waffe sie am besten mitnehmen sollte. Mit dem Katana konnte sie gut umgehen, das wäre vermutlich die logischste Wahl. Allerdings wäre es schwer, dieses vor Kanes Augen zu verbergen. Eine kleinere Waffe wäre taktischer. Vielleicht ein Khanjar? Nein, sie konnte damit nicht wirklich umgehen. Sie hatte nur wenige Wochen damit trainiert. Das reichte nicht. Bögen kamen aus zwei Gründen nicht in Frage. Erstens: Sie hatte noch nie in ihrem Leben einen Bogen in der Hand gehalten. Und zweitens: Es würde keinen Fernkampf geben, weshalb ihr ein Bogen nichts nützen würde. Grübelnd stand Scarlett vor sämtlichen weiteren Waffen, wie Wurfmessern, Macheten und Armbrüsten. Doch keine dieser Waffen beherrschte sie. Seufzend hockte sie sich mit dem Rücken gegen die Wand auf den Boden und schlang die Arme um ihre Beine. Es war schon fünf Uhr, stellte sie mit einem Blick auf die Uhr entsetzt fest. In zwei Stunden erwartete Kane sie bereits. Und sie war sich sicher, dass er keine Verspätung dulden würde.
Plötzlich war das Schaben der Tür über den Boden zu hören. Scarlett sah auf und Alessandro stand vor ihr. Entnervt wandte sie ihr Gesicht wieder von ihm ab.

»Was machst du hier?«, fragte er und unterbrach damit die verzweifelte Stille, die in der Luft wie dicker Nebel hing.

Sie antwortete ihm nicht. Er hätte es zwar verdient, aber sie wollte ihn nicht in Gefahr bringen. Kanes Verhalten war ihre Sache. Er hatte sich dort nicht einzumischen. Es war allein Scarletts Schuld. Sie hatte sich auf ihn eingelassen. Und sie würde das auch wieder gerade biegen. Koste es, was es wolle.

»Willst du trainieren?«

»Nein…«, antwortete sie kaum hörbar und sah ihn an.

»Warum bist du dann hier?« Er runzelte fragend die Stirn.

»Wieso musst du dich da einmischen? Es geht dich nichts an…« Sie sah ihn nicht mehr an.

»Ich habe das Gefühl, dass du das in letzter Zeit ziemlich häufig sagst. Und jedes Mal hast du es mir trotzdem gesagt.«, entgegnete Alessandro. »Also… Ich kann warten.«

»Dann kannst du dieses Mal lange warten…«

Minuten der Stille verstrichen. Dann hörte Scarlett Alessandros Schritte, die sich ihr näherten. Daraufhin spürte sie seine Wärme ganz nahe bei sich, als er sich neben sie setzte. Das reichte. Sie stand auf und wandte sich zum Gehen. Vielleicht könnte sie auch ohne Waffen gegen Kane bestehen, vielleicht gab es eine friedliche Lösung. Und wenn nicht, hatte sie es wenigstens versucht…

»Scarlett… Ich bitte dich.«, sagte Alessandro hinter ihr, während seine Hand ihre Schulter packte. »Rede doch mit mir.«

»Was willst du denn hören?!«, fuhr sie ihn ungehalten an, während sie sich in einer stürmischen Drehung Alessandro zuwandte. »Du… Du liebst mich nicht. Du hasst mich nicht. Du sagst, dass du mich magst. Ich sage dir, dass ich dich mag. Daraufhin schweigst du mich an. Oder du brichst mir irgendwas. Ich kenne deine Gefühle nicht. Und du kennst meine nicht. Und anscheinend soll das ja auch so bleiben.« Vielleicht klang Scarlett etwas verzweifelt, aber das war sie ja auch.

Alessandro hatte den Blick gesenkt. »Ich weiß… Und vielleicht ist das hier ein Fehler… Aber ich möchte, dass du weißt, wie ich fühle.«

The System of Magic - Verführt & VerratenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt