Evangeline POV
Ich spürte leichte, wohlige Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht tanzen. Durch das immer kurz aufblitzende Licht, welches ich durch meine geschlossenen Augen noch schlaftrunken vernahm, wurde mein Gehirn so langsam in den wachen Zustand versetzt. Ich blinzelte kurz, um die Orientierung zu erhalten, die mir durch den Schlaf etwas fehlte. Die schweren Vorhänge waren nicht komplett zugezogen und die Sonne bahnte sich tapfer ihren Weg durch diesen Schlitz. Die Augen wieder geschlossen, wollte ich diese süße Wärme auf meiner Haut als Morgengruß genießen und streckte mich einmal genüsslich. Doch blitzartig tauchten Bilder vor meinem inneren Auge auf. Mein Gehirn signalisierte mir feierlich, dass da etwas war, was „wir" noch nicht ganz verarbeitet hatten. Unweigerlich projizierte es mir die Erinnerungen von gestern Abend. Das Duell, die Schüler, Sebastian und - . Prompt hatte ich seinen nackten Hintern wieder vor Augen.
Bei Merlin's Bart, bitte nicht! Ruckartig schnellte ich aus der Liegeposition, schwenkte meine Beine schwungvoll aus dem Bett und überlegte kurz, auf der Bettkante sitzend, was da wirklich passiert war. Sebastian war mir so nah, wie sonst nicht. Nein, eigentlich war er mir noch nie SO nah gewesen. Wir hatten als Kinder viel zusammen erlebt, aber näher gekommen sind wir uns nie. Nicht SO! Wenn es eine Umarmung gab, dann rein aus freundschaftlicher Absicht. Auch wenn ich jede einzelne davon sehr genossen hatte. Wir waren Kinder. Heute hingegen werden solche Berührungen schon anders wahrgenommen. Ich spürte eine Gänsehaut auf mir bei dem Gedanken daran. Sebastian hatte sich enorm verändert. Er war groß, sehr groß, hatte sehr markante Gesichtszüge bekommen und sein Körper war der Beweis für ein hartes Training. Insgeheim fragte ich mich schon, was er in Durmstrang gemacht hat, um so auszusehen. Was dort sowohl im Unterricht als auch bei ihm persönlich vorgekommen sein mag. Ich erwischte mich bei dem Gedanken, dass er in den vergangenen Jahren die ein oder andere Frau kennengelernt haben musste. Und was zwischen ihnen unweigerlich passiert sein musste. Sofort musste ich daran denken, wie selbstsicher er gestern wirkte und ich war der festen Überzeugung, dass er dies sicher nicht zum ersten Mal gemacht hat.
Gedankenversunken schaute ich auf die kleine Uhr auf meinem Nachttisch und stellte mit Entsetzen fest, dass ich nicht mehr viel Zeit hatte, um mich vorzeigbar zu machen. Heute sollten die Gekreuzten Stäbe den Fünftklässlern vorgestellt werden, die Regeln erklären und die ein oder andere Darbietung von einem respektvollen Duell geben. Nach den gestrigen Ereignissen schien mir dies als die perfekte Gelegenheit, um den Schülern noch einmal bewusst zu machen, dass solch ein Verhalten nicht geduldet wurde. Ein kleiner, bitterer Nachgeschmack, aber diese Unterrichtseinheit war lange im Voraus geplant. Professor Hecat hatte mich dazu eingeladen. Als ehemaliger Champ aus meiner Schulzeit. Bittersüß wurde mir der Gedanke verpasst, wie ich Sebastian in meiner aller ersten Unterrichtsstunde hier in Hogwarts ohne Probleme geschlagen hatte. Ich glaube, dass hat er mir bis heute nicht wirklich verziehen. Ich musste schmunzeln und stieg also von meinem Bett auf, zog eilig meinen Pyjama aus, der mit ein paar schnellen Bewegungen auf meinem unordentlichen Bett landete und verschwand im Bad für die tägliche Morgenhygiene. Damit ich auch auf alle Eventualitäten vorbereitet war, welche im Unterricht und vor allem beim Duellieren auftreten konnten, entschied ich mich für ein Outfit, welches ich schon in meiner Schulzeit gern zu solchen Ereignissen getragen hatte: eine eng anliegende, dunkelblaue Hose, darüber eine weiße Bluse mit Rüschen an den Ärmeln und Schößchen, darüber eine kurze, ebenso dunkelblaue Weste, welche in meiner Taille endete und elfenbeinfarbene Kniestiefel. Das perfekte Outfit für gute Bewegungsfreiheiten. Aber auch ein sehr gewagtes, da ich mit diesen Klamotten heute auch meine fraulichen Rundungen darbot. Meine braunen, langen Haare band ich mir zu einem Pferdeschwanzzusammen. Ich legte mir noch schnell einen schwarzen Umhang über die Schultern und verließ mein Zimmer. Auf dem Flur apparierte just in diesem Moment Penny vor mir und ich erschreckte mich fürchterlich. In solchen Momenten fragte ich mich immer, warum die hauseigenen Elfen in Hogwarts apparieren konnten, aber wir Lehrkräfte sowie auch Schüler, die bereits die Berechtigung hatten, nicht.„Verzeihung, Miss Carter. Penny wollte Sie nicht erschrecken. Penny hat eine Information von Professor Hecat." Nachdem sich der erste Schreck verflüchtigt hatte, ging ich in die Hocke, um mit meiner Hauselfe auf Augenhöhe zu kommunizieren: „Ja, das war ein ganz schöner Schreck, liebe Penny. Welche Information hast du für mich?"
„Penny soll ausrichten, dass der Unterricht im Vorhof stattfindet. Professor Hecat erwartet Sie dort und möchte noch etwas besprechen.", fuhr die Elfe mit den großen, blauen Knopfaugen fort und lächelte zufrieden über ihre erfolgreich übermittelte Aufgabe.
„Ich danke dir, Penny.", erhob ich mich aus der Hocke und wollte mich gerade auf den Weg machen. Doch Penny fügte noch hinzu: „Mister Gaunt wünscht Sie zum Mittagessen in der großen Halle zu begrüßen." und dann disapparierte sie wieder ins Nichts. Ominis möchte mich also zum Mittagessen sehen? Wie gern ich doch Zeit mit ihm verbrachte. Irgendwie konnte ich mir kein Leben ohne ihn vorstellen, so sehr war er schon ein Teil davon. Wie ein Bruder, den ich nie hatte.
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Shadows of Sallow
Fanfiction5 Jahre sind seit dem großen Kampf gegen Ranrok vergangen. 5 Jahre voller Höhen und Tiefen. 5 Jahre, in denen Evangeline Carter ihre Zauberkräfte an Hogwarts festigte, ihre Leidenschaft für magische Tierwesen und Zaubertränke entdeckte und ihrer gre...