13. The final chapter?

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Gerade hat sich wieder alles beruhigt und ich bin ausnahmsweise einmal zumindest ansatzweise entspannt, da taucht Mavis plötzlich wieder auf. In der letzten Zeit habe ich sie gar nicht mal so oft gesehen und eigentlich auch nicht vermisst, denn durch das ganze Chaos mit Amari und den Dates, die eher ein Griff ins Klo waren, hatte ich definitiv genug zu tun. „Hey Charlie, wie geht es dir?", fragt sie, als wir uns ein paar Tage später zufällig über den Weg laufen. „Eigentlich ganz gut und dir?", antworte ich ehrlich, aber etwas distanziert. Mir geht es tatsächlich wieder ganz gut, das Drama Amari habe ich ganz gut verarbeitet und auch meine total blöden Datingerfahrungen habe ich ganz gut weggesteckt. Auf weiteres Drama habe ich definitiv keine Lust. „Ach, irgendwie ist gerade alles ziemlich anstrengend und doof.", entgegnet sie und schaut mich mit diesem seltsamen Blick an. Oh mein Gott, ich wittere großes Drama. Hätte ich bloß nicht nachgefragt. Am besten hätte ich sie total ignoriert, aber das kann ich nicht. „Was ist denn los?", frage ich neugierig und könnte mir im nächsten Moment schon wieder auf die Zunge beißen. „Ich habe mich von meinem Mann getrennt und meine Familie steht irgendwie komplett hinter ihm. Das nervt wahnsinnig.", beschwert sich Mavis. Vor ein paar Monaten hätte ich alles dafür gegeben, dass sie sich von ihrem Mann scheiden lässt, aber jetzt tut sie mir irgendwie leid. Ich habe auch ein total schlechtes Gewissen, dass ich mir das jemals gewünscht habe. Natürlich gebe ich mein Bestes und versuche sie zu trösten, aber ich bin einfach nicht gut darin. Trotzdem schaffe ich es, sie irgendwie zum Lachen zu bringen. Nachdem wir beide den krassesten Lachflash der letzten Zeit hatten, schleicht sich so ein komischer Moment ein. Ein Moment der Stille, in der niemand etwas sagt und ich kann ganz genau ihre Atmung hören. „Mavis, ich weiß, das kommt jetzt komisch rüber, aber eigentlich wäre das der perfekte Moment, um sich zu küssen, aber das ist definitiv falsch.", flüstere ich, aber meine ehemalige Lehrerin hat wohl andere Pläne. „Charlie, halt doch einfach mal die Klappe und genieße den Moment.", entgegnet sie und küsst mich.

Natürlich weiß ich, dass das absolut falsch ist, aber ich kann nichts dagegen tun. Eine halbe Stunde später sind wir bei Mavis. „Willst du was trinken?", fragt sie und ich spüre, wie nervös sie ist. Ich küsse sie und sie zieht mich langsam aus. Ungefähr zwei Stunden später stehe ich auf dem Balkon und rauche, als sich Mavis von hinten an mich kuschelt. Wir verbringen noch den ganzen Tag miteinander und ich ignoriere die Anrufe und Nachrichten von Rachel, die mich fragt, wo ich bin und warum ich so plötzlich weg war. Am nächsten Tag muss ich wohl oder übel wieder zur Schule und so tun, als wäre nie etwas passiert. „Charlotte Lucy Gregson, was zum Teufel sollte das? Wo warst du gestern und warum lächelst du so bescheuert?", stellt mich Rachel zur Rede. Da ich nicht besonders gut lügen kann, entscheide ich mich für die Wahrheit. Meine beste Freundin starrt mich mit offenem Mund an. „Was? Charlie! Das ist doch nicht dein Ernst, oh mein Gott!", regt sie sich auf. „Du darfst das nicht zulassen. Das geht gar nicht. Hat sich diese Frau denn überhaupt nicht unter Kontrolle? Bei dir ist das ja kein Ding, du bist sowieso ein bisschen gestört, aber sie überschreitet eindeutig eine Grenze, die sie nicht überschreiten sollte.", ergänzt sie. „Na Dankeschön. Sie ist erwachsen, ich bin erwachsen und sie ist nicht meine Lehrerin, sie arbeitet nur zufällig an der Schule, auf die ich gehe. Wir hätten uns auch draußen irgendwo beim Feiern oder so kennen lernen können.", entgegne ich sauer, aber insgeheim weiß ich, dass meine beste Freundin Recht hat. Mavis hat die nächsten Tage frei und sie lädt mich zu sich ein, aber ich versuche natürlich, standhaft zu bleiben. Am Montag ist es dann aber soweit und ich rede mit meiner ehemaligen Lehrerin. Ich versuche, die Affäre zu beenden, wobei man es nicht mal wirklich Affäre nennen kann, denn wir hatten nur einmal Sex. Trotzdem nimmt sie das ganze nicht besonders gut auf, sie weint und ich will sie wieder trösten, aber sie stößt mich weg, was ich eigentlich auch ganz gut verstehen kann. Natürlich wollte ich sie auf keinen Fall verletzen, aber ich glaube auch nicht wirklich, dass das ganze noch eine Zukunft hat. Wir müssen uns dauerhaft verstecken, da hat Rachel schon recht, denn ich bin mir nicht ganz sicher, ob das wirklich so legal wäre, wenn wir eine Beziehung hätten.

Genau eineinhalb Jahre später, nachdem ich ein ewiges on und off Ding mit Mavis hatte, schaffe ich es endlich, die ganze Sache zu beenden. Es ist zwar verdammt schmerzhaft für uns beide, aber im Endeffekt ist es für uns beide besser so. Den Kontakt zu Levi konnte ich leider nicht halten und auch Milla möchte weiterhin keinen Kontakt mit mir haben. Daraus schließe ich, dass es nicht auf die Zeit in einer Freundschaft ankommt, sondern wirklich nur um den Zusammenhalt. Aber auch, dass ich jetzt nur eine einzige Freundin habe, macht mir nicht besonders viel aus. Lieber habe ich nur eine einzige Freundin, statt hundert falschen Freunden. Und für Rachel bin ich echt dankbar. Plötzlich stecke ich mitten in den Abschlussprüfungen, die mich komplett überrascht haben. Tatsächlich ist es leichter, als erwartet, trotzdem hätte ich sehr gut darauf verzichten können. Den ganzen Blödsinn habe ich natürlich nur mit ganz viel Energydrinks, Zigaretten und dem Beistand von meinen Geschwistern überlebt. Irgendwie haben wir das Ganze also überlebt und nachdem wir die letzte Prüfung geschrieben haben, stoßen Rachel und ich direkt vor der Schule mit Sourz apple, meine absoluten Lieblingslikör, an. Zugegeben, das ist keine besonders coole Aktion und eigentlich ist Alkohol verboten, aber da wir den Alkohol in Plastikflaschen abgefüllt haben, fällt das nicht weiter auf. „Endlich ist dieser komplette Bullshit vorbei.", rufe ich glücklich und auch Rachel ist erleichtert, dass jetzt alles vorbei ist. Ich bin ehrlich, ich werde meine Klasse nicht wirklich vermissen, denn außer Rachel mochte ich dort niemanden. Deshalb gönnen meine beste Freundin und ich uns auch ein paar freie Tage nach den Prüfungen. Eigentlich hätten wir noch ungefähr sechs Wochen Schule, aber das nehmen wir nicht so wirklich ernst. Als ich nach der Schule nach Hause komme, empfängt mich mein Bruder grinsend. „Die Spezialmuffins sind schon im Ofen und keine Angst, ich habe aufgepasst, dass mich niemand dabei erwischt.", flüstert er. Offenbar sind wir allein, denn unser Vater und Jessica sind arbeiten und Tinka zur Abwechslung auch. Als wir dann die Muffins genießen und langsam high werden, philosophieren wir über das Leben, bis Jessica nach Hause kommt. „Und, wie war deine letzte Prüfung?", fragt sie und sie scheint sich wirklich dafür zu interessieren, deswegen gebe ich ihr auch eine ehrliche Antwort. Inzwischen verstehen wir uns auch besser und es tut mir leid, dass ich es ihr so schwer gemacht habe. Im Endeffekt wollte sie meine Mutter nie ersetzen, sondern nur, dass wir sie so akzeptieren, wie sie ist. Das ist Max und vor allem auch mir, ziemlich schwer gefallen, aber mittlerweile haben wir wirklich eine ganz gute Basis. „Ich bin wirklich auf deine Ergebnisse gespannt, aber ich bin mir sehr sicher, dass du bestanden hast.", bestärkt sie mich und ich muss lächeln. Für mich wird sie zwar niemals meine Mutter ersetzen können, aber sie ist eine eigenständige Person und auch sie hat einen Platz in unserer Familie verdient, sie ist nämlich wirklich sehr nett.

Drei Wochen später sind dann endlich die Ergebnisse da und ich will nicht angeben, aber ich habe mit ziemlich guten Noten bestanden. „Das ist deinem späteren Arbeitgeber wahrscheinlich scheißegal, die Noten sagen nichts über eine Person aus. Vielleicht weiß dein Chef dann, dass du fleißig bist oder dich anstrengst, wenn es darauf ankommt, aber deine Arbeitsleistung muss ja kontinuierlich gut sein und deswegen ist sie auch nicht von Noten abhängig.", erklärt meine Schwester, dann umarmt sie mich. „Ich wusste natürlich, dass du es schaffst. Aber immerhin bin ich deine Schwester und ich muss dich auch ein bisschen ärgern.", flüstert sie. Mein Vater und seine Frau sind total begeistert. Jessica ist sogar so begeistert, dass sie innerhalb kürzester Zeit eine Gartenparty organisiert. Sie hat größtenteils Familienmitglieder eingeladen, die ich nicht besonders mag, aber ich habe nicht viele Freunde, deswegen ist auch nur Rachel gekommen. Abends klingelt Mavis, um mir zu gratulieren. Wir haben eine ganz platonische Basis, wir verstehen uns gut, aber da ist keine Liebe oder sowas. Gemeinsam gehen wir in den Garten, natürlich hat sie sich erst gewehrt, aber sie ist mir schon wichtig, deswegen möchte ich, dass sie den Abend mit uns verbringt. Alle gratulieren mir und irgendwie freue ich mich darüber, aber mein Weg ist noch lange nicht zu Ende. Ich habe mich für ein Studium beworben, um meine Kompetenzen noch zu erweitern und mehr zu lernen. Rachel wird in ein paar Wochen in einer Kita arbeiten. Das kann ich mir absolut nicht vorstellen, denn ich kenne nur die verrückte Rachel, die gerne Party macht. „Du kannst alles schaffen, da bin ich mir absolut sicher.", flüstert mir mein großer Bruder zu, als wir mit Mavis, Tinka und Rachel gemeinsam in unserem Baumhaus sitzen. „Du hast eindeutig zu viel geraucht. Außerdem, ohne dich hätte ich das alles nicht geschafft.", erwidere ich leise.

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