Prolog

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Als ich sieben Jahre alt war, schien mein Leben in allen Zügen perfekt zu sein, aber was hätte ich zu diesem Zeitpunkt, als junges, naives und unwissendes Mädchen auch anders denken sollen? Schlussendlich ist alles immer nur eine Illusion, bis das traurige und bittere Geheimnis dahinter ans Licht kommt. Das sollte bei mir aber noch einige wenige Jahre andauern.

In diesem Alter verbrachte ich meine Nachmittage oft draußen im Garten. Der Garten war nicht groß, gehörte zu einer dieser Doppelhaushälften, die heute fast überall stehen. Neben uns lebte damals die alte Frau Höyens. Eine verwitwete und bittere Frau, der es nicht zu passen schien, dass neben ihr eine junge Familie eingezogen war. Es blieb am Ende nur eine Frage der Zeit, bis wir von dort wieder wegziehen mussten. Dort allerdings war es gerade das perfekte Häuschen für unsere kleine Familie. Jedenfalls saß ich dort, spielte im Sand, was wohlgemerkt nichts ansatzweise ein Sandkasten ähnlich war, phantasierte im Kopf irgendwelche Geschichten von Rittern und Prinzessinnen, während meine Eltern auf der Terrasse saßen, redeten, etwas tranken oder arbeiteten. Freunde hatte ich zu den Zeitpunkt kaum welche. Kann daran gelegen haben, dass ich nicht in den Kindergarten gegangen bin, das ging aufgrund meiner Eltern nicht und jetzt in der Schule, ich müsste in der zweiten Klasse gewesen sein, waren die Gruppen schon gebildet, in die ich nie passen wollte. Als Siebenjährige war einem das nicht bewusst, kann ich sagen. Ich hatte Spaß. Ich war zu dem Zeitpunkt glücklich. Wie gesagt, mein Leben schien zu den Zeitpunkt perfekt zu sein.

Meine Eltern. Beide könnten unterschiedlicher nicht sein, aber damals kam es mir immer so vor, als wären sie die perfekten Eltern und das perfekte Ehepaar. Immer wieder schaute ich von meiner Szene, wo Prinzessin Rose vom Ritter Jeff gerettet wurde aus einer epischen Schlacht zwischen ihren Burgen, auf und sah zu ihnen hin. Mein Vater saß an solchen Tagen immer vor seinen Notizen, Zeichnungen oder Plänen. Wenn ich fragte, was das sein sollte, hatte er es mir zwar erklärt, aber meine Mutter meinte immer, dass mich das nicht interessieren sollte, immerhin ist es nicht so wichtig. Außerdem verstand ich davon sowieso rein gar nichts. Naja, und meine Mutter war immer bei meinem Vater, trank ihren Kaffee und las die Zeitung des Tages. Immer wieder fingen sie ein Gespräch an, wobei ich nur die scherzhaften Blicke meines Vaters und den genervten Blick meiner Mutter am Ende mitbekommen konnte. Ich dachte immer, dass es uns an nichts fehlte, aber scheinbar waren diese Jahre sehr anstrengend für uns alle gewesen. Die Diskussionen zwischen meiner Mutter und meinem Vater habe ich kaum mitbekommen. Zumeist ging es aber um Geld, was wir nicht hatten, um die Arbeit, die nicht reichte und um das Leben, was immer falsch lief.

Neben dem Haufen Sand, in dem ich spielte, waren die Beete der alten Vorbesitzer oder Vormieter. Auch wir wohnten nur provisorisch zur Miete dort. Es waren nur wenige Monate, bevor wir dort raus mussten. Die Miete war zu hoch für das, was uns zur Verfügung stand. In den Beeten blühten die Blumen noch, die dort irgendwann mal eingepflanzt wurden und da ich wusste, dass meine Mutter frische Blumen mag, besonders Tulpen, habe ich ihr oft welche gepflügt und als kleinen Strauß zusammengebunden. Damit bin ich dann zu ihr gegangen, was auch der Moment war, wo sie von der Zeitung aufschauen musste.
Cassy: Hier Mama, für dich."
Mit ihrer linken Hand strich sie sich ihr blond gelocktes Haar hinter die Ohren, darum beneide ich sie bis heute, und schaute danach zu mir hin.
Sarah: Danke mein Spatz, die sehen sehr schön aus."
Cassy: Was macht Papa da?"

Ich drängelte mich durch die Stühle durch, damit ich näher bei ihm sein könnte. Dabei nahm er auch seine Arme von dem großen Blatt runter und zeigt mir das, was er dort in den letzten Stunden gezeichnet und konstruiert hatte.
Chris: Ich muss etwas für die Arbeit machen."
Cassy: Erklärst du mir das irgendwann mal?"
Es kam mir immer so vor, als würde er darauf antworten wollen, aber wir beide kannten die Antwort meine Mutter bereits. Ich solle mich damit nicht weiter beschäftigen, da ich das sowieso nicht verstehen könnte. Und damit hatte sie auch immer schon recht.

Und so fand ich meinen Platz wieder im nicht vorhandenen Sandkasten, hörte nebenbei nur die Gespräche meiner Eltern und bemerkte ihre Blicke, wenn ich mal wieder aufschaute. Es war ruhig. Es war schön. Ich war jung und klein. Mein Traum war es, dass ich eines Tages mal selbst eine Prinzessin sein würde, die Realität holte mich im späteren Alter schon früh genug ein, und das reichte mir für den Moment aus. Zum Abend hin kümmerte sich meine Mutter ums Essen, während mein Vater im Wohnzimmer am großen Tisch weiterhin vor seinen Plänen saß, Linien nachzog und Maße eintrug.
Sarah: Das Licht ist hier drinnen so schlecht, du verdirbst dir nur die Augen, Chris."
Chris: Ich bin hier schon fast fertig. Soll ich dir noch irgend wobei helfen?"
Sarah: Alles gut."
Ich saß in dieser Zeit immer vorm alten Röhrenfernseher, den mein Vater mitgebracht hatte. Zu dieser Zeit liefen irgendwelche Serien auf Kika, Super RTL, Nick oder RTL II. Am liebsten schaute ich dort immer die Gummibärenbande, Ducktales, Chip und Chap oder Disneys Große Pause. Heute laufen kaum noch gute Sendungen im Fernsehen, die meisten wurden abgesetzt und ich bin zu alt geworden. Das war aber damals meine Kindheit und meine Abende waren von solchen Dingen gefüllt. Fast jeder Tag sah so aus. Kaum einer unterschied sich von den anderen. Ich war in keinem Verein. Lernte kein Instrument. Wir hatten kein Haustier. Zu dieser Zeit hatte ich all das noch nicht und es sah auch nicht danach aus, als würde ich es jemals bekommen, geschweige denn in absehbarer Zeit.

Um 21 Uhr ging es für mich immer ins Bett. Damals war ich schon ein Kind, was nicht früh ins Bett gehen konnte und heute arbeite ich meist bis in die Nacht und schlafe am nächsten Tag bis zum Nachmittag. Meine Mutter hatte sich das so ausgedacht, da ich anders nicht zur Ruhe kommen konnte. Ging ich zu früh schlafen, war ich aufgeweckt, wollte immer noch etwas haben und erst recht konnte ich mich nicht damit zufrieden geben, sollte sie mein Zimmer zu früh verlassen.
Sarah: Komm mein Spatz, es geht jetzt ins Bett."
Ich hatte ja nicht wirklich eine Wahl, weil meine Mutter immer nach meiner Hand gegriffen hatte, damit ich mich nicht weiterhin von etwas ablenken lasse. Zu den Zeiten saß mein Vater oft noch vor seiner Arbeit, selten schauten er zu der Zeit Fernsehen. Daher, wenn ich in mein kleines Zimmer gehen musste, ging ich an ihm und den großen Tisch vorbei. Dabei schaute er auch immer von seinen Sachen auf, egal, was er gerade machte.
Chris: Gute Nacht, Kleine."

Als Antwort konnte ich immer nur leicht winken, da ich danach bereits bei der Treppe war und hoch in die erste Etage laufen musste und dort in mein Zimmer. Als ich im Bett lag, deckte mich meine Mutter zu, strich mit ihrer Hand durch mein Haar und ging im Anschluss zur Tür hin.
Cassy: Gute Nacht, Mama. Ich habe dich lieb."
Ein letztes Lächeln, die Tür geht zu und ein normaler Tag in meinem Leben ging zu Ende...

Nameless to YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt