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Erholt wache ich auf, um danach genervt festzustellen, dass der Typ noch da sein muss. Augenrollend stehe ich auf und schlendere ins Badezimmer, da meine Blase sich sonst selbstständig macht. Glücklicherweise läuft der mir nicht über den Weg und ich kann unbemerkt zurück in mein Zimmer kehren. Leider kann ich nicht lange in meinem Zimmer verweilen, da mein Magen knurrt und ich starken Hunger bekomme. Seufzend stehe ich auf und maschiere nach unten. „Wo ist Mama?", frage ich entsetzt, als ich Phil alleine am Küchentisch sehe. Er schluckt sein Brot runter und dreht sich dann zu mir. „Guten Morgen. Deine Mama ist kurz bei der Nachbarin.", sagt er viel zu freundlich. Knurrend gehe ich an den Kühlschrank und hole mir einen Joghurt raus. Dann suche ich nach einem Löffel und schlinge den Joghurt hastig runter, um wieder hochgehen zu können. Lange will ich es nicht mit ihm aushalten. „In welche Klasse gehst du eigentlich?", versucht er ein Gespräch aufzubauen, welches ich gekonnt ignoriere und weiter esse. Den letzten Löffel habe ich zu hastig runtergeschluckt, sodass ich von einem Hustenanfall übermannt werde. „Hey ganz ruhig.", sagt er und kommt näher. „Geh!", krächze ich und greife zitternd nach einem Wasserglas. Dieses zerfällt leider, als ich es beim nächsten Hustenanfall fallen lasse. Ich bücke mich, um die Scherben zusammenzuschieben und schneide mich dabei an einer. „Hey, Trink erstmal was.", sagt der Typ und gibt mir ein neues Glas mit Wasser. Er ist mir gefährlich nah, doch ich nehme es an und trinke. Sofort gehts mir besser und der Husten hat aufgehört. Währenddessen sammelt er die Scherben mit einem Besen zusammen und schiebt sie in eine Ecke. „Darf ich mal deine Hand sehen?", fragt er besorgt, woraufhin ich nur mit dem Kopf schüttle. „Hau einfach ab okay?", sage ich genervt und drücke mich an ihn vorbei, sodass sich kurz unsere Arme berühren. Ein ekelhaftes Gefühl strömt durch meinen Körper. „Aber...", beginnt er und läuft mir hinterher. Auf der Treppe halte ich an und sehe ihn genervt an. „Lass mich. Ich kriege das schon gut alleine hin.", protestiere ich und gehe weiter. Im Badezimmer spüle ich es ab und verbinde es mit einem Verband. Als ich das Badezimmer verlasse, traue ich meinen Augen nicht. „Geht's?", fragt Phil, der anscheinend die ganze Zeit hier gewartet hat. Ohne einen Ton zu sagen schiebe ich mich an ihn vorbei, direkt in mein Zimmer. Dort suche ich nach meinem Handy und wähle Mamas Nummer.
Mama: Hey Liv. Alles gut?
Ich: Mama was fällt dir ein, mich mit diesem Idioten alleine zu lassen? Komm sofort nach Hause oder ich kann für nichts mehr garantieren!
Mama: Okay okay. Ich komme ja schon.
Ich: gut
Dann leg ich auf und lasse mich zurück ins Bett fallen. Kann der nicht einfach wieder abhauen und in ein ganz anderes Land ziehen? Wenn ich dieses Gesicht schon sehe, wird mir schlecht. Er erinnert mich immer wieder aufs Neue an den spanischen Arzt.

Flashback:
Nach einer Woche, tausend Spritzen und Medikamenten später kommt Dr. Teufel in mein Zimmer. Ja, für mich ist er ein Teufel und sein Aussehen macht es nicht besser. Die dunklen Haare und dieses fiese Grinsen. „Wann darf ich gehen?", frage ich verzweifelt. „Wenn es deinem Herzen besser geht und du wieder isst.", antwortet er knapp und hält mir eine Tablette hin. Diese Tablette bekomme ich schon seit einer Woche und nach jeder Einnahme geht es mir immer schlechter. Außerdem habe ich aufs Essen verzichtet, in der Hoffnung, dass sie mich dann gehen lassen. „Ich will nicht.", protestiere ich verzweifelt. „Okay, dann eben anders.", antwortet er und geht raus. Was hat er vor? Ein paar Minuten später kommt er mit gruseligen Geräten wieder. Was wird das? „Was wollen sie?", frage ich ängstlich und verkrieche mich unter der Bettdecke. Er sagt nichts und schnallt meine Fesseln noch enger, sodass ich mich gar nicht bewegen kann. Selbst mein Kopf wird fixiert. Ich beginne das weinen und bekomme eine heftige Panikattacke. „Wenn du es nicht freiwillig machst, müssen wir das so lösen. Es ist nur zu deinem besten.", erklärt er. ‚Nur zu meinem besten' das wiederholt er schon seit der ganzen Woche aber ich weiß, auch wenn ich erst 12 Jahre alt bin, dass das nicht stimmt.
Er beginnt mir ein Schlauch in die Nase zu stecken, was höllisch brennt. Er schiebt es immer weiter, bis ich es irgendwann im Hals spüre. „Aufhören.", krächze ich unter schmerzen. Er lacht und macht weiter.
Irgendwann werde ich wach und die Schmerzen sind weg. Der Schlauch allerdings steckt immer noch in meiner Nase und fixiert bin ich auch noch. Ich will hier weg.

„Liv? Hörst du mich?", sagt eine männliche Stimme, die mir noch mehr Panik bereitet. „Ah Sarah, endlich. Liv hat eine Panikattacke.", erklärt die männliche Stimme. „Liv, Schätzchen. Hier ist Mama.", sagt dann eine weibliche Stimme, die mich wieder ins hier und jetzt holt. Ich öffne meine Augen und sehe in Mamas Gesicht. Ich spüre, dass mein Gesicht voller Tränen ist und ich vollgeschwitzt bin. Außerdem geht meine Atmung schnell und unregelmäßig. Sie nimmt mich kräftig in den Arm und beruhigt mich. Als ich etwas aufgeklart bin, spüre ich, dass etwas an meinem Handgelenk ist. Ich folge mein Gefühl und sehe eine Hand, die nicht zu Mama gehört. Es ist Phil's Hand. „Nimm deine scheiss Hand weg!", schreie ich und entreiße ihm mein Handgelenk. „Tut mir leid. Du musst ruhiger atmen.", erklärt er, was mir aber total Wurst ist. Wieso ist der überhaupt in meinem Zimmer? „Raus hier!", protestiere ich und zeige Richtung Tür. Er nickt, flüstert meiner Mutter etwas zu und geht dann. „Okay süße, mach mir nach.", sagt sie und atmet dann übertrieben doll, was mich beruhigen lässt. „Geht's dir wieder gut?", fragt sie, woraufhin ich nicke. „Willst du mal kurz mit runter kommen und etwas trinken?", fragt sie. Ich nicke erneut und stehe erschöpft auf, um mir was trockenes zum anziehen raus zu holen. Als ich umgezogen bin, steht sie auf und läuft zur Tür. Ich gehe ihr hinterher und mit nach unten. In der Küche steht Phil und füllt gerade ein Glas mit Wasser. „Hier.", sagt er freundlich und hält es mir hin. Ich nehme es und trinke es leer. Eigentlich, nur eigentlich ist er ja ganz nett. Warte was? Was denke ich denn da? Ich hasse diesen Menschen. Den Gedanke, dass er nett ist, vertreiben wir jetzt mal sofort.

POV Phil:
Vor einiger Zeit habe ich Sarah bei einem Einsatz kennengelernt. Sie war Zeugin und ist mir sofort ins Auge gefallen. Vor etwa einer Woche hat sie mich mit zu sich nach Hause genommen, um mir ihre Tochter vorzustellen. Sie hat mich schon vorgewarnt, dass es etwas schwierig werden könnte aber ich denke, ich schaff das.
Als die Tochter mich jedoch das erste mal gesehen hat, ist sie total ausgeflippt. Ich bin erstmal ruhig gewesen, um das ganze nicht zu verschlimmern. Diese Prozedur ging dann am nächsten Tag noch weiter, bis Sarah und ich uns dazu entschieden haben, uns erstmal nur vormittags zu sehen. Das klappte auch ganz gut, bis Liv uns am Freitag zusammen gesehen hat, weil sie früher nach Hause gekommen ist. Natürlich war sie wieder total stinkig, was mir extrem leid tut. Ich möchte sie nicht so wütend machen. Außerdem ist mir aufgefallen, dass Liv sich immer die Brust hält, wenn wir uns streiten. Ihre Mutter hat mir erklärt, dass sie seit drei Jahren ein Problem mit dem Herzen, sowie Angst vor Ärzten und Männern hat. Außerdem hat sie mir gestanden, dass sie nicht ihre leibliche Mutter ist. Ich hab ihr versprochen, nichts zu sagen aber irgendwann muss Liv das erfahren.

Am nächsten Morgen musste Sarah zu einer Nachbarin, da sie etwas besprechen mussten. Ich habe mir in der Zeit ein Brot gemacht und es genüsslich gefrühstückt, bis irgendwann Liv hinter mir stand und nach ihrer Mutter gefragt hat. Ich habe ihr erklärt, wo ihre Mutter ist und sie hat sich genervt einen Joghurt aus dem Kühlschrank genommen und in der Küche runtergeschlungen. Ich habe versucht ein Gespräch mit ihr aufzubauen, welches sie leider ignoriert hat und mir keine Beachtung schenkt. Beim letzten Löffel verschluckt sie sich arg und beginnt das husten. Ich bin natürlich sofort aufgestanden und zu ihr gelaufen, woraufhin sie mich angeschrien hat und gesagt hat, das ich wegbleiben soll. Sie hat sich ein Glas Wasser genommen, welches dann unter ihr zerplatz ist und sie sich an der Hand geschnitten hat. Es war mir egal, ob sie mich nicht mag, weshalb ich ihr ein neues Glas gefüllt habe und die Scherben weggeschoben habe. Der Husten ebbte dann Gott sei dank ab aber die Hand blutete immer noch. Ich hab sie gefragt, ob ich mir das ansehen darf, jedoch ist sie genervt abgehauen. Ich finde es echt schade, dass ich nicht an sie ran komme.
Vor dem Badezimmer habe ich auf sie gewartet und als sie rauskam, ging sie genervt an mir vorbei. Ich blieb noch einige Zeit dort stehen, bis ich aus ihrem Zimmer merkwürdige Laute gehört habe, weshalb ich mich kurzerhand dazu entschieden habe, einzutreten. Sie war total panisch, hat geschwitzt, gezittert, schnell geatmet und stand total neben sich. Ich habe ihr Handgelenk genommen und versucht, sie zu beruhigen, bis endlich ihre Mutter kam und sie erreicht hat. Als Liv wieder zu sich kam, wollte sie, dass ich rausgehe, was ich natürlich machte. Ich flüsterte der Mutter noch zu, was sie jetzt machen muss und ging dann nach unten. Das Mädchen tut mir so leid. Was muss sie nur erlebt haben, um so eine Panikattacke zu bekommen? Ich hoffe, sie öffnet sich bald.
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Man liest sich im nächsten Teil:)

Der Grund zum kämpfen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt