11. Gespräche

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Doch dieses Mal kam er mitten in der Nacht zurück. Ich war auf dem Sofa eingeschlafen und schreckte auf, als er die Tür schloss.
"Wollte dich nicht wecken.", sagte er knapp und ging an den Kühlschrank.

Müde nahm ich mein Handy und sah auf die Uhr. Es war kurz nach drei.
Müde richtete ich mich auf, "Wo warst du?", flüsterte ich leise und legte mir die Decke um.

"Ich bin nur ein wenig durch die Gegend gefahren.", sagte er knapp und aß etwas aus dem Kühlschrank.
"Ein Wunder, dass du den Weg zurück noch gefunden hast.", sagte ich vorwurfsvoll.

Er wusste sofort was ich meinte und sah mich genau so giftig an, wie ich ihn, "Lass das meine Sorge sein, Enna. Geh in dein Bett und schlaf weiter."

"Du hast nachher das Gespräch beim Jugendamt, Dad!", schrie ich ihn laut an, "Du hast gesagt du würdest dir Sorgen machen, als du nach Robby und mir sehen wolltest! Aber jetzt bist es DU, der mit meiner Zukunft spielt!", wütend stand ich auf und ging auf ihn zu, als er auch schon zum schreien ansetzte, "Hättest du nicht zu erst mit deiner Zukunft gespielt, wäre es gar nicht so weit gekommen. Wenn ich dich nicht aufgenommen hätte, wärst du schon längst im Jungendknast!"

Trotzig sah ich ihn an, "Vielleicht hätte ich es da besser als hier."
Mein Vater wurde ruhiger und musterte mich, bevor er weitersprach. Er roch stark nach Alkohol, doch er wirkte kaum noch alkoholisiert.

"Ich versuche wirklich meine Fehler wieder gut zu machen, ich kann nur nicht von heute auf morgen ein guter Vater sein.", er setzte sich auf einen Stuhl und hielt sich seinen Kopf, der schmerzen musste, "Ich weiß noch nicht, wie das geht.", gab er schließlich zu.

"Bemitleide dich ruhig weiter selber. Versager machen so etwas.", ich schnappte mir meine Decke vom Sofa und verschwand in meinem Zimmer.

Am nächsten Morgen schlief ich nicht lange, denn mein Vater kam viel zu früh in mein Zimmer und weckte mich. Mir schien es, als hätte er nicht geschlafen.

"Steh auf und mach dich fertig. Wir gehen was essen. Beeil dich.", er klang entschlossen und bestimmend, als er wieder mein Zimmer verließ.
Ich wusste zwar nicht, wieso mein Vater mit mir essen gehen wollte, aber ich war gespannt.
Also stand ich auf und machte mich fertig.

Mein Dad wartete bereits mit verschränkten Armen vor der Tür auf mich.
Schweigend verließen wir die Wohnung.
"Wir gehen zu Applebee's.", sage er schließlich. Doch ich war damit abgelenkt sein Auto zu suchen, "Wo ist dein Auto?"
"Mir sind ein paar Jugendliche gestern da reingefahren. Ich muss es nach dem Essen abholen.", sagte er beiläufig, als schon ein Taxi vor uns hielt.

Es brachte uns zum Restaurant, in dem wir gleich einen Tisch bekamen.
Ohne mich zu fragen bestellte mein Dad für uns beide das gleiche.

Er saß mir gegenüber und beugte sich schließlich zu mir nach vorne.
Seine Hände hatte er gefaltet und sah mich entschlossen an.
"Gestern war ein scheiß Tag für mich, Enna.", sagte er feststellend, "Ich habe meinen Job verloren, mein Auto wurde angefahren...", er stoppte.

"Glaubst du mein Tag war besser? Ich bin aufgewacht und dachte es wurde eingebrochen. Dann stand dort dieser alte Mann, dann kommst du von der Polizei nach Hause, dann haust du wieder ein Mal total besoffen ab!", ich wurde von Wort zu Wort lauter und die anderen Gäste sahen uns schon an.

"Red' nicht so laut.", sagte mein Dad ruhig, "Ich weiß für dich ist es auch alles nicht einfach. Eine neue Schule, ein neues Zuhause und ein Vater, den du kaum kennst. Aber du musst auch mich verstehen, ich hatte nie etwas mit Kindern zutun und hatte auch selber nie einen richtigen Vater.", nachdenklich sah er auf seine Hände.

"Dann weißt du ja wie das ist.", sagte ich bestätigend, doch er schüttelte mit dem Kopf, "Das war anders. Ich bemühe mich sehr, ich möchte ein Vater für dich sein. Für dich da sein, dir helfen, was auch immer Väter alles tun. Aber ich muss mich erst ein Mal daran gewöhnen.", er blickte nun wieder auf und sah mich an.
Nickend starrte ich auf den Tisch.

"Du wirfst mir vor, dass ich nie da gewesen bin und mich nie um euch gesorgt habe, aber das will ich ändern. Du lässt mir nur keine Chance dazu.", erzählte er weiter.
"Ich weiß, Dad."

"Also? Warum? Warum gibst du mir keine Chance?"
Ich sah ihm nun in die Augen, doch mied schnell wieder seinen Blick, "Weil ich immer noch so einen Hass auf dich habe, Dad.", flüsterte ich, "Ich und Robby, wir hätten dich gebraucht, Dad. Aber irgendwann haben wir gelernt alleine klar zu kommen."

Schließlich kam unser Essen und das Gespräch war erst ein Mal beendet.
Nach dem wir schon einiges gegessen hatten, fing mein Vater wieder an zu reden, "Ich muss mir schnell einen neuen Job suchen. Außerdem muss ich nachher mein Auto abholen und zum Gespräch mit dem Jugendamt fahren. Du wirst heute wieder lange allein sein.", er ratterte seinen Tagesablauf herunter, als wäre es ein Referat, während er sich weiter Pommes in den Mund schob.
"Du wirst nicht in eine Pflegefamilie müssen. Mach dir keine Sorgen, ich regel das schon."

Am frühen Nachmittag kam mein Vater wieder nach Hause.
Ich hörte, wie er in der Küche herumwühlte, also ging ich zu ihm, um mich zu erkundigen, wie das Gespräch lief, doch dazu kam es gar nicht.
"Ich werde mir jetzt einen neuen Job suchen.", sagte er entschlossen, während er im Mülleimer nach etwas fischte.

Schließlich bekam er es zu fassen und puzzelte es auf dem Küchentisch zusammen.
"Ich bin heute Abend zurück.", ernst nahm er die Papierfetzen vom Tisch und verschwand wieder aus der Wohnung.

Cobra Kai: Der Weg von Enna LawrenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt