Liza schob sich das letzte Stück des Muffins in den Mund und stellte dann bedauern fest, dass es keinen Nachschub für sie geben würde. In der Schüssel, in der gerade noch 12 kleine Gebäcke gelegen hatten, waren nur noch einzelne Krümel zu finden.
»Wie mir scheint, muss ich das Rezept noch einmal backen«, stellte sie mit einem Schmunzeln fest.
»Ich bitte darum!« Dave leckte sich ungeniert die Finger ab, an denen noch die letzten Reste Schokolade klebten.
»Was muss ich tun, dass du jetzt schon anfängst?«, fragte Matthew.
Mel nickte eifrig und zeigte mit ihrer Tasse in seine Richtung. »Was auch immer es ist, ich helfe ihm.« Nach der Dusche, der ausgiebigen Mahlzeit und einer großen Tasse Tee sah sie schon viel besser aus. Trotz des großen Pflasters, das an ihrer Stirn prankte und die Platzwunde bedeckte. Aber die blasse Gesichtsfarbe war einem deutlich gesünderen Farbton gewichen und die grünen Augen leuchteten wieder. Die frische, trockene Kleidung - ein einfaches weites T-Shirt und Shorts - taten ihr übriges. Es war nichts Besonderes. Da Mel größer war, hatte Liza primär danach geschaut, überhaupt etwas zu finden, dass ihr passen könnte.
Liza lachte und ließ sich zurückfallen, bis sie ihren Kopf auf Matthews Oberschenkel ablegen konnte. »Keine Chance, ich habe heute frei.«
Es war ein Tag genauso, wie sie ihn liebte. Die Sonne strahlte und keine Wolke verdeckte den Himmel. Der leichte Wind, der über die Berge ins Tal wehte, sorgte für die nötige Abkühlung und ließ die Temperaturen auf ein angenehmes Maß ansteigen. Sie hatten es sich auf einer Decke unter der großen Zypresse im Garten der Sullivans gemütlich gemacht und ihre Verpflegung, die eigentlich für den Tag am Strand eingeplant war, ausgebreitet. Perfekt wäre jetzt noch Meeresrauschen und Sand unter ihren Fingerspitzen, aber der Strand würde ihnen nicht weglaufen.
Die Stimmung war entspannt. Bis auf einige wenige Sandwiches war alles restlos verspeist und alle waren satt und zufrieden. Mel hatte die meiste Zeit stumm dagesessen, ihren Gesprächen gelauscht und sich ab und an beteiligt. Sie schien sich wohlzufühlen und nach und nach fiel jegliche Anspannung von ihr ab. Dann und wann gähnte sie verhalten und versuchte es hinter ihrer Hand oder der Tasse zu verbergen.
Bisher hatte sie keinen Ton dazu gesagt, wer sie war und wo sie herkam. Liza hatte erwartet, dass Mel irgendwann eine Erklärung abgeben würde, aber es kam bisher nichts. Mel schien sich nicht darum zu bemühen, ihren Wagen wieder fahrtüchtig zu bekommen und ihr Ziel - wo auch immer das lag - zu erreichen.
Und das verwunderte nicht nur Liza. In einer stillen Übereinkunft hatten sie sich bisher alle drei mit Fragen zurückgehalten. Aber zumindest Matthew schien immer mehr die Geduld zu verlieren. Man sah es ihm nicht an - wie immer -, aber Liza kannte ihn gut genug, um die Anzeichen zu bemerken.
Und tatsächlich hatte sie den Gedanken kaum zuende gedacht, als er die Schonfrist auch schon für beendet erklärte.
»Ich habe vorhin einen Bekannten angerufen«, begann er wie beiläufig. »Er wird sich um deinen Wagen kümmern.«
Mel sagte nichts. Der Griff um ihre Tasse schien jedoch fester zu werden.
Liza bedachte ihre verhaltene Reaktion mit einem Stirnrunzeln. »Du machst nicht den Eindruck, als würdest du dich über die Information freuen.«
Mel wich ihrem Blick aus und spielte mit einer Haarsträhne. Die Tasse stellte sie vor sich ab.
»Ich sagte ja bereits, dass ihr mich wahrscheinlich für verrückt halten werdet«, begann sie sichtlich nervös. »Der Wagen«, sie zögerte erneut, seufzte dann aber laut und gab sich einen merklichen Ruck, »er gehört mir gar nicht. Ich hab ihn … naja, quasi … gestohlen.«
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Too Many Lies
Ficção AdolescenteBand 1 'Unbreakable Bonds' Mel hat Stress mit ihrem Vater. Nach einem besonders heftigen Streit, reicht es ihr und sie flüchtet zu einer Freundin. Doch auf dem Weg dorthin, geht alles schief, was schief gehen kann. Nach einer nervenaufreibenden Ody...