Kapitel 25

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Vor mir befand sich das Gebäude des Augenoptikers, genau das, welches ich suchte. Hinter mir eine schmale Gasse. Ich hatte Angst, doch ignorierte sie. Manchmal musste man etwas tun, was man nicht tun wollte. Ich überprüfte noch einmal die Ortsangabe des Zettels - vielleicht einfach nur aus Nervosität.

Komm heute in die Lichtenstraße hinter dem Einkaufscenter. Warte vor dem Augenoptiker Apollo.

Und dort war ich nun. Mit schwitzigen Händen faltete ich das Papier wieder zusammen. Allerdings fiel mein Blick dabei auf den nächsten Satz:

Wir werden dich dort erwarten.

Ein Schauer lief mir über den Rücken. Wenn das schiefging ... Lieber behielt ich den Rest unausgesprochen. Die schienen sich sehr sicher zu sein, dass ich kam. Ich fragte mich ernsthaft, was ich mir bei dieser Aktion gedacht hatte. Schließlich kannte ich nicht einmal einen Namen von ihnen. Und mein Handy hatte ich auch nicht. Außerdem war es bereits kurz nach um neun Uhr. Hier wäre niemand anderes, der mir im Notfall helfen könnte. Dieses Gebiet war ebenfalls evakuiert. Gerade als ich dachte, ich sei vollkommen allein und ich mit mir rang, zu gehen, tauchte jemand hinter mir auf. Ruckartig drehte ich mich zu ihm um. Die Angst wollte mich schon fast packen, doch dann erinnerte ich mich an Tayla. Diese Leute wussten, wo sie war und wollten es mir sagen. Zumindest wollte ich das glauben, denn es stand nicht in dem Brief.

»Guten Morgen«, sagte er freundlich. Hoffentlich blieb er das auch. »Wir freuen uns, dich zu sehen.« Ich antwortete nicht sofort. Diese Nettigkeit konnte alles nur Fassade sein. Besser, ich hielt vorerst Abstand. Ich musterte ihn von oben bis unten. Seinen (möglichen) Gegner sollte man genauestens kennen. Er war im mittleren Alter um die dreißig, vielleicht auch älter - ich war kein Ass im Alter schätzen. Sein Haar war kurz und dunkel, fast schwarz. Seine Augen ebenfalls. Muskeln konnte man nicht wirklich erkennen, aber ich wollte ihn nicht direkt unterschätzen. Das war der größte Fehler, den man in solch einer Situation machen könnte. Er trug schlichte Kleidung. Also nahm ich an, dass er ein durchschnittliches Einkommen verdiente. Sein Gesicht war völlig normal, dass ich schon fast befürchtete, es zu vergessen, sobald ich es nicht mehr sah. Ganz schlecht für ein Phantombild. Angestrengt suchte ich nach etwas, was sein Gesicht kennzeichnete. Beim genaueren Hinsehen war seine Nase ein wenig schief, eine kleine Narbe an seinem Kinn und sein Hals war ziemlich breit. Er hatte weder ein Doppelkinn noch Grübchen.

Als er vergebens auf meine Reaktion wartete, ergriff er einfach selbst das Wort, um das Schweigen zu durchbrechen. »Ich bin übrigens Kian.« Er schenkte mir ein unsicheres Lächeln, wahrscheinlich weil ich noch nicht reagiert hatte. Also gab ich mir ein Ruck, damit dieses Gespräch auch zu etwas nütze war. Immerhin hatte ich nicht vor, den ganzen Tag mit sinnlosem Gerede zu verbringen. Es gab nur einen Grund, warum ich hier war - vielleicht auch zwei. Vermutlich kannte er bereits meinen Namen, aber es konnte ja nicht schaden, ihn zu sagen - obwohl ich mir da nicht so sicher war.

»Kendra.« Ich rang mir ein Lächeln ab, in der Hoffnung, es sah nicht zu gestellt aus. »Also, ihr wisst, wo Tayla ist. Woher? Und wie konntet ihr mich mit ihr in Verbindung bringen?« Ohne weitere Umschweife kam ich zum Punkt. Etwas blitzte in seinen Augen auf - oder es war nur meine Einbildung. Diese Fragen in mir waren zu wichtig, um mir die Antwort zu verwehren. Kian oder die anderen mussten es mir sagen. Schließlich war das der einzige Grund, weshalb ich mich her geschliffen und in dümmliche Gefahr gebracht hatte. Aber bevor ich mich entschied, ob es eine gute oder bescheuerte Idee war, brauchte ich überhaupt Informationen über ihre Quellen. Sie konnten zwar in dem Punkt mir jeden möglichen Mist vorgaukeln, den ich glauben würde und vermutlich nicht nachprüfen konnte, aber vielleicht sagten sie ja die Wahrheit. Dieser Funken Hoffnung war es wert. Wenn ich keine Antwort bekam, würden mich diese Fragen bis in den Schlaf quälen. Wie hatten sie mich finden können? Die gesamte Situation war schon fast unheimlich. Doch es bedeutete Hoffnung für mich. Sie war zwar gering, aber ich brauchte sie. Wenn ich Taylas Aufenthaltsort kannte oder sie sich wenigstens bei ihren besorgten Alienfreunden melden würde, müssten diese nicht die ganze Stadt auf den Kopf stellen. Allein die Vorstellung an die Folgen machten mich schon nervös. Die würden hoffentlich nie eintreten.

Alienwar - Ist das der Untergang?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt