Ina schaute sich in dem Wohnzimmer um, dass hübsch dekoriert war. Obwohl hübsch traf es an Halloween ja nicht wirklich, sondern gruselig. Überall hingen dicke schwarze Spinnen aus Wollfäden. Ina ließ eine durch ihre Hand gleiten und betrachtete sie genauer. „Habt ihr die selbstgebastelt?" Genia nickte. „Jetzt schau nicht so überrascht. Espie und ich sind im Basteln echt gut." „Jaaaa, is bassel tut", strahlte ihre kleine Schwester, die neben ihr stand und sie anstrahlte. „Auf alle Fälle. Vielleicht kannst du mir das ja auch beibringen." Auch wenn der Satz eigentlich an Genia gerichtet war, nickte Espie eifrig. „Jaaa, tann is." Ina musste genau wie Genia schmunzeln. „Ich könnte Espie ja ein wenig dabei unterstützen." Ina nickte. „Das wäre toll." Ja, das wäre es wirklich, denn basteln hatte bei ihrer Mutter nicht so wirklich auf der Liste gestanden. Wenn Ina ehrlich war, wusste sie nicht, ob es daran lag, dass sie es nicht konnte oder daran, dass ihr Vater immer Wert auf Perfektion legte. Jedenfalls war früher bei ihr zu Hause immer die Deko bei irgendeiner Firma bestellt worden. Ja, Ina erinnerte sich an den alljährlichen Weihnachtsbaum, der immer gleich fertig geschmückt vom Händler geliefert worden war......und sie erinnerte sich daran, wie sie in der ersten Klasse einen kleinen Engel in der Schule gebastelt hatte. Aus heutiger Sicht musste sie zugeben, dass er nicht wirklich hübsch war, aber sie war damals sehr stolz auf ihr Werk gewesen und hatte ihn ganz vorne an den Weihnachtsbaum gehangen, damit ihn auch jeder sehen konnte. Sie konnte sich noch genau daran erinnern, wie ihre Mutter sie dafür gelobt hatte und dann war ihr Vater nach Hause gekommen, hatte ein „Ja, hübsch", von sich gegeben und den Engel abgehangen und ihn einfach auf den Sekretär gelegt , ohne ihn weiter zu beachten. Damals war sie richtig traurig und enttäuscht gewesen, dass ihr Engel nicht am Baum hängen durfte. Am nächsten Tag nach der Schule war ihre Mutter dann mit ihr um den Baum herumgekrabbelt und hatte ihn auf die Rückseite gehangen, damit er auch am Baum war. Das war ihr beider kleines Geheimnis gewesen. Ina hatte damals aber auch eine wichtige Lektion gelernt. Wer nicht perfekt war, bekam keinen Platz im Vordergrund, wo er von allen gesehen wurde, sondern nur im Hintergrund, wo einen niemand sah. Da sie aber von ihrem Vater gesehen werden wollte, hatte Ina sich ab diesem Moment immer angestrengt alles perfekt zu machen und selbst perfekt zu sein. Sie hatte immer genau das getan, was ihr Vater von ihr erwartete......und was hatte sie dafür von ihm bekommen? Im besten Fall etwas Anerkennung.......und eine Menge Lügen. Inas Blick wanderte zu Genia.....wenn sie bei ihr aufgewachsen wäre, hätte ihr Engel wahrscheinlich einen Ehrenplatz vorne an der Tanne bekommen. Ina musste schlucken. „Alles okay?" Genia schaute sie besorgt an. Schnell nickte sie. „Alles bestens. Ich frage mich nur, ob ich euch nicht enttäusche, wenn ich zwei linke Hände beim Basteln habe." „Du könntest uns nie enttäuschen. Stimmt's Sonnenschein?" „Niiiieee!", echote Espie und Ina musste lachen. Nicht nur, weil ihre kleine Schwester so süß war, sondern auch weil sie das Gefühl hatte, dass Genia sie nicht anlog. „Tomm Deist basseln." Espie zog an Inas Hand. „Ja, da hinten basteln die kleinen Knöpfe unter Anleitung von Leokardia kleine Geister." Genia deutete mit ihrer Hand in Richtung von Espies Zimmer und zwinkerte ihr zu. „Ich wünsche dir viel Spaß." Na, ob das Spaß und keine Blamage wurde? Da war Ina sich nicht so sicher. Sie freute sich aber Leokardia mal wieder zu treffen.....
„Wann zieht ihr eigentlich um?" Linus hatte nämlich keine Ahnung, wie der Zeitplan seines Kumpels aussah. Luca verzog sein Gesicht. „Das wird nicht so schnell funktionieren, wie wir uns das vorgestellt haben. Das ganze Haus muss ja noch renoviert werden und auch ein paar neue Fliesen in Bad und Küche wären ganz schön." Er fuhr sich mit seiner Hand durch den Nacken. „Ich habe schon die letzten beiden Wochenenden dort die alten Fliesen abgeschlagen, aber das ist echt eine Hundearbeit und ich weiß noch nicht, wie lange ich für alles brauche. Aber ehrlich gesagt ist es eine noch größere Anstrengung Genia von der Arbeit fernzuhalten." Linus musste schmunzeln. Das konnte er sich gut vorstellen. So quirlig wie Lucas Frau war, da hielt sie auch keine Schwangerschaft auf. Spontan kam ihm eine Idee. „Was hältst du davon, wenn wir euch am Wochenende helfen kommen? Ina kann dann auch Genia ein bisschen in Schach halten und wir beide hauen voll rein." Ja, so ein bisschen körperliche Anstrengung konnte ihm auch mal nicht schaden. Wenn er sich mal so richtig verausgabte, dann war vielleicht auch mal an eine Nacht ohne Albtraum zu denken. „Also da sage ich nicht nein."
„Weißt du, wo Inibini ist?" Natascha schaute sich suchend um. Linus schüttelte seinen Kopf. Er hatte seine Freundin auch schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. „Mist!" Inas Schwester verzog genervt ihr Gesicht. „Ich wollte sie doch fragen, ob ich am Wochenende bei Carmen in Bochum schlafen darf. Wir wollen nämlich am Sonntag früh zu einem Fußballspiel von Ben gehen. Und am Samstag gehen wir zu einem von ihr." So wie ihre Wangen beim letzten Satz glühten, bezog sich das wir dann wohl auf Ben und sie. „Darf ich?" Scheinbar hatte sie schnell auf ihn umgeschwenkt, weil sie sich sicher war, dass er nicht nein sagte. Und damit hatte sie auch recht. Warum sollte er ein Spielverderber sein? Und was sollte schon bei so einem Fußballspiel passieren? Die Chance da einen Ball gegen den Kopf zu bekommen war mit Sicherheit größer, als dass dort etwas Unangemessenes passierte. Nee, Ben war wie alle Jungen in seinem Alter da noch an Fußbällen und nicht anderen Bällen interessiert. „Ja, ist okay", stimmte er also leichten Herzens zu. „Was ist okay?" Wo kam denn auf einmal Ina her? „Das ich am Wochenende bei Carmen schlafe und mit ihr zum Fußball gehe." Ina nickte. „Was hast du denn da?" Natascha deutete auf etwas in Inas Hand. „Das sind kleine Geister. Die habe ich mit Espie gebastelt." Natascha riss ihre Augen auf. „Du...du hast gebastelt?" Linus war nicht weniger überrascht und schaute sich den kleinen Geist aus Taschentuch und Watte an. Lucas Vater klatschte in seine Hände. „Los, jetzt geht es auf Beutezug!" Bei den Kindern brach lauter Jubel aus und mit einem Schlag huschte alles durcheinander. „Dehst du mit ich?" Espie zog an Inas Hand. „Na klar!" Sie nahm die Hand ihrer kleinen Schwester in ihre. Das war das erste Mal, dass sie an Halloween um die Häuser zog und um Süßigkeiten bettelte. Wenn das ihr Vater wüsste, würde er wahrscheinlich wütend werden. Eine Preetz hatte so etwas nicht nötig, würde garantiert aus seinem Mund kommen. Witzigerweise fühlte sie sich aber gerade mehr wie eine Schulz. Ihr Blick wanderte zu ihrer Mutter, die mit ihrem kleinen Halbbruder und ihrem Vater herumalberte. „Komm, wir ergaunern uns die meisten Süßigkeiten!", zwinkerte sie ihrer kleinen Schwester zu. Ja, sie fühlte sich definitiv wie eine Schulz.
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Schuss und Treffer - in der zweiten Mannschaft ✔️ Teil 13
RomansaLinus und Ina sind schon seit zwei Jahren ein Paar. Gemeinsam führen sie das Bauunternehmen von Inas Vater, der seit seinem Herzinfarkt ein Pflegefall ist. Für Ina war der Weg in die Firma schon von kleinauf vorgezeichnet. Linus hatte sich sein Lebe...