Kapitel 13

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Lars Prence

Die Sonne küsste gerade die Erde, als Lars Prence auf Siegesstolz stieg und nach vorne, Lahnol Gebenhammer, dem Boten, entgegen ritt. Ein roter Schatten der sinkenden Sonne fiel auf sein Gesicht, als er sagte: "Mein Herr, ein Bote ihrer Seite müsste kommen. Schon bald." "Wie bald?", entgegnete Lars verspannt. "In ungefähr einer viertel Stunde." "Gut. Hol Heerführerin Kerz aus ihrem Zelt und sag ihr, dass unsere Leute genug geschlafen haben. Aber mach sie nicht nervös. Wir verhandeln schließlich." "Und ich will nicht, dass wir schwach aussehen, wenn sie merken, dass wir müde sind", fügte er in Gedanken hinzu.

"Wir Ihr wünscht, Sir Prence." Lahnol deutete eine Verbeugung an, dann ritt er auf das Lager zu. Lars wartete angespannt auf ein Lebenszeichen seiner Feinde, aber hinter ihren Zelten herrschte eine Totenstille, seit Lahnol zurückgekommen war.

Lars schmeckte bitter den Vorgeschmack des Verrates und auch Siegesstolz wich zurück, als nicht einmal der Wind noch Geräusche erzeugte. Eine dunkle Wolke schob sich über Lars, und erst jetzt merkte er, dass er hier alleine stand. "Komm, Siggi.", sagte er zu Siegesstolz. "Lass uns auf Juliette warten. Oder sie besser gleich holen."

Er ließ den Hengst bis vor Juliettes Zelt traben, dann stieg er ab. Ein Ritter nahm seine Zügel. "Sir Prence!", rief er zur Begrüßung. Lars nickte, denn er kannte den Namen des Mannes nicht, dann schob er sich vorbei zu Juliettes schnell aufgebautem Zelt, dass sie wahrscheinlich innerhalb weniger Minuten aufgeklappt hatte, denn es waren eigentlich nur ein paar lose Holzbalken, über die eine großes Stofftuch gelegt war. Als Eingang diente ein Schlitz im Stoff.

Lars schob ihn auf die Seite, dann stieg er hinein. Juliette sah von ihrem abgewetzten Lederbüchlein auf, dann klappte sie es zu, als sie Lars erkannte. "Lahnol hat mir bereits Bescheid gegeben. Ich dachte, du wolltest draußen warten?", fragte sie erwartungsvoll. "War das jetzt eine Aufforderung?", antwortete Lars neutral. Juliette sagte nichts, sondern stand von dem kleinen Tisch auf. Sie hatte ihre Rüstung halb abgelegt, im Kettenhemd und weißem Leinengewand trat sie zu dem Haufen, den Lars schnell als den Rest ihrer Rüstung identifizieren konnte. "Zieh dich bitte schnell an, mach dich fertig und dann komm raus.", sagte Lars, dann wollte er sich umdrehen, aber Juliette sagte etwas spöttisch: "Willst du nicht alleine draußen sein?" "Etwas braut sich dort zusammen.", meinte Lars leise, ohne auf ihre halbe Beleidigung einzugehen.

Auch diesmal blieb die Heerführerin still. Sie nahm ihren Brustpanzer hoch. "Kannst du mir helfen?", fragte sie leise. Lars nickte, dann trat er näher zu ihr und band die Schnüre ihrer Rüstung hinten zusammen. Er selbst diente schon seit dreißig Jahren als Ritter, mit acht war er dem Rittertum Mortis' beigetreten, und selbst er konnte sich kaum alleine die Rüstung anziehen.

"Lars?", fragte Juliette in die Stille. "Mhm?" "Was meinst du mit 'etwas braut sich zusammen'?". Ihre Frage klang nicht spöttisch, sondern ehrlich besorgt. Lars nahm das nächste Band.

"Ich weiß es nicht. Siegesstolz spürt es auch." Die meisten Pferde spürten jede Art von Gefahr schon lange bevor sie da war, und so war es Lars oft möglich gewesen, durch sein Pferd die eine oder andere Bedrohung schon viel früher zu wittern, wortwörtlich. Er hörte Juliette seufzen. Lars band den letzten Riemen zu.

"Diese Verhandlungen werden uns helfen, Juliette. Da bin ich mir sicher." Als Lars das Zelt verließ, sah er an ihrem Gesicht, dass Juliette dabei nicht so zuversichtlich wie er war. Fünfzehn Minute waren fast um. Der Bote der Feinde würde dort sein.

Fünfzehn Minuten liefen ab.
Genau wie ihre Zeit.

Justin Hendoras

Justin Hendoras gähnte. Seit fünfzehn Minuten lief er an den Zinnen auf und ab, auf und ab. Immerzu auf und ab, auf ein Lebenszeichen von Lars, Nenan und vor allem von Juliette wartend. Er hatte keine Ahnung, wie weit sie in das Herz ihrer Feinde eingedrungen waren, ob sie den Anführer getötet, oder zumindest ihre Verteidigung durchbrochen hatten.
Das Einzige, bei dem Justin sich sicher war, war, dass er der einzige verbliebene Heerführer innerhalb Mortis' Mauern war. Und darum war er auch die Person, die den König über ihren Plan aufklären musste. Justin brach seine Wanderung ab, dann ging er durch ein kleines Tor im Turm, den er vorhin hinab geklettert war. Ein langer Gang versteckte sich vor ihm. Es war der Weg, der zu den königlichen Zimmern führte, in der die Königsfamilie und andere besondere Posten ihre Gemächer hatten.

Justin ging weiter, als sich plötzlich eine Tür vor seiner Nase öffnete. Justin wich geschickt aus, fast hätte das Ding seine Nase getroffen! "Passt doch auf!", schnauzte ihn jemand an. "Goliardon! Wie nett, auch dich zu sehnen!" Der königliche Seher erstarrte kurz. "Oh, Heerführer Hendoras, verzeiht, ich wusste nicht, dass Ihr es seid". "Na solange meine Nase noch heile ist... Hast du den König gesehen?", fragte er ihn. "Ah, ja, er ist in seiner Kammer. Oder in dem Thronsaal. Oder in der Bibliothek". "Hilfreich", bemerkte Justin.
"Na dann, Goli, man sieht sich". Damit rauschte Justin ab. Er warf noch einen kurzen Blick über die Schulter und Genugtuung breitete sich auf seinem Gesicht aus, als er Goliardons empörten Ausdruck sah. Er schien so fassungslos darüber zu sein, dass er ihn Goli genannt hatte, Justin musste fast lachen.

Er bog links ab, zu dem hochköniglichen Zimmern, also die, die nur für König, Königin, Prinzen und Prinzessinnen vorgesehen war, wovon wohl aber nicht mehr so viele übrig waren, wie Justin nasenrümpfend bemerkte. Er hatte Nadine gemocht, vor allem ihren Enthusiasmus und ihre Fröhlichkeit, wenn sie am Abend allen einen ausgegeben hatte. Sie war eine Prinzessin gewesen, natürlich hatte sie es sich leisten können. Nun allerdings war nicht das Geld oder die Ressourcen das Problem, nein, es war der Krieg. Und ihre Strategie, die er jetzt gleich dem König erklären würde.

Als er vor dem Raum des Herrschers angekommen war, auf dem groß das Wort 'König' stand, hörte er drinnen ein Geräusch. Es war tief und brummend. Justin hielt sein Ohr an die Türe und lauschte stirnrunzelnd daran. Es war... Gesang, ein Lied! Der König sang. Justin spitze die Ohren. "Denn wenn der Wind am Feuer lacht, der Abend findet sich ein... Zu guter Speis' zu gutem Trank im hellen Feuerschein... Erzählt der Wind von Mann und Maid...von allen Ländern weit und breit..."

Justin kannte das Lied nur zu gut. "Und bietet dir die zarte Wärme, in den Geschichten alter Sterne...", flüsterte Justin leise mit. Schließlich schluckte er den Kloß hinab, der sich in seinem Hals gebildet hatte und klopfte dreimal am die schwere Eichentür.

Nadines Lied verklang.

Lothoria: Schwarzes BlutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt