Schmerzhafter Samstag

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Der Samstagmorgen brach an. Das Schloss befand sich noch im Tiefschlaf, als die Sonne langsam aufging. Die Korridore der Schule waren menschenleer und in den Gemeinschaftsräumen war nur das leise Knistern des Kamins zu hören. Die Schüler von Hogwarts schliefen noch tief und fest.

In den Kerkern arbeitete der Tränkemeister jedoch bereits seit einigen Stunden intensiv an einem Projekt. Schon in seiner Jugend benötigte er verhältnismäßig wenig Schlaf und das änderte sich auch im Erwachsenenalter nicht.

Er liebte die morgendliche Stille und freute sich über die Ruhe an unterrichtsfreien Tagen. Besonders an Wochenenden nutzte er die Zeit dazu, sich mit seinen eigenen Forschungen zu beschäftigen, Bücher zu lesen oder Informationen zu seltenen Zutaten zu recherchieren.

Auch heute verbrachte er den ganzen Tag damit, die Beobachtungen seines letzten Experiments in einen zusammenhängenden Text umzuwandeln. Er war beinah am Ende seines Berichts, als eine Eule draußen an seinem Fenster landete und mit dem Schnabel gegen die Scheibe klopfte. Genervt über die Unterbrechung stand er auf und ließ den Vogel hinein.

Nachdem Severus das Pergament vom Bein der Eule genommen hatte, flog diese sogleich wieder hinaus. Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch und las die Nachricht:

„Severus,
Poppy hat heute Morgen eine dringende Eule aus dem St. Mungo erhalten. Sie muss die Heiler vor Ort bei einem komplizierten Fall unterstützen. Wann sie zurückkommt, wissen wir nicht sicher. Würdest du in der Zeit ihrer Abwesenheit bitte den Krankenflügel betreuen? Pomona unterstützt dich selbstverständlich auch dabei.
Einen schönen Samstag!
Minerva"

Bis zu deiner Nachricht war der Samstag noch schön, dachte Severus bitter.
Auch wenn er keine Ausbildung als Heiler vorweisen konnte, hatte er dennoch viel Erfahrung mit Tränken gegen die unterschiedlichsten gesundheitlichen Beschwerden. Häufig versorgte er Madam Pomfrey mit Heilmitteln oder Salben. Allerdings kam es selten vor, dass er fast vollständig die Verantwortung für den Krankenflügel tragen musste.

„Immerhin startet die Quidditchsaison erst in ein paar Wochen", seufzte er.

Wenn er Glück hatte, gab es die nächste Zeit wenig medizinische Notfälle.
Er legte McGonagalls Notiz beiseite, nahm seine Feder und setzte die Arbeit an seinem Forschungsbericht fort. Doch in diesem Moment hörte er erneut eine Eule gegen sein Fenster klopfen.

„Verflucht, was ist denn jetzt schon wieder!?", stieß er aus und ging erneut zum Fenster. Dieses Mal erkannte er sofort die säuberliche Schrift von Dumbledore.

„Wir müssen dringend über das nächste Jahr sprechen. – Albus".

Mehr stand nicht auf dem Pergament, doch Severus wusste sofort, um was es ging.

Auch das noch, dachte er gereizt. Der Plan für seinen Samstagabend fiel in sich zusammen.

Nachdem er seinen Bericht abgeschlossen hatte, zog er seinen Gehrock an, warf sich seinen Umhang über und machte sich lustlos auf den Weg in Dumledores Büro. Er wollte dieses Gespräch schnell hinter sich bringen und es sich dann mit einem Buch vor dem Kamin gemütlich machen.

Amüsiert beobachtete er das panische Ausweichen der Schüler, die seinen Weg kreuzten, während er die Gänge entlang lief. Es war alles so wie immer. Doch gerade als er in den ersten Stock bog, hörte er einen ohrenbetäubenden Knall hinter der Tür zu seiner Linken - der Eingang zum Klo der Maulenden Myrte.

Es widerstrebte ihm hineinzugehen, doch musste er sehen, wer oder was diesen Knall ausgelöst hatte. Er öffnete die Tür und schlug sich sofort den Arm vor das Gesicht. Der Raum war erfüllt mit dunklem Rauch. Er erkannte, dass eine der Kabinen offenbar durch eine Explosion zerstört worden war. Severus ließ mit einem Schwenk seines Zauberstabs den Nebel verschwinden und sah nun das ganze Ausmaß des Vorfalls. Die Trennwand zwischen der zweiten und dritten Kabine existierte nicht mehr. Überall auf dem Boden waren zersplitterte Holzbretter verteilt. Und zwischen ihnen lag ein schlanker, lebloser Körper. Vorsichtig trat er näher. Auf den Resten der Kloschüssel konnte er Teile eines kleinen Kessels erahnen, in dem höchstwahrscheinlich das explosive Gebräu zubereitet wurde. Zwischen den Trümmern der Kabinenwand ragte ein kleiner Kopf mit vielen brauen Locken hervor.

Nur Wer Zusammen Ist, Ist Nicht AlleinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt