Linus Duschplan hatte wirklich noch funktioniert. Genaugenommen hatte er nicht einmal viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Er fuhr sich durch seine noch nassen Haare als er hinter Ina die Treppe hinunter lief. „Ich habe jetzt richtigen Riesenhunger, nachdem wir so viele Kalorien verbrannt haben", kicherte sie ihm zu. „Soll ich uns ein paar Pancakes machen? Oder lieber Rührei?" Sie hielt ihren Zeigefinger an ihre Lippe und grinste noch breiter. „Am Besten beides. Dann kann ich davon etwas für Papa mit ins Krankenhaus nehmen und er kann sich aussuchen, worauf er mehr Appetit hat." Ob das wohl das richtige Essen für einen Herzkranken zum Regenerieren war? Linus hatte da seine Zweifel. Wahrscheinlich war eher Schonkost angesagt, möglichst salzarm und geschmacklos. Egal, er wollte Ina in ihrem Tatendrang nicht bremsen. Das Klingeln an der Haustür riss ihn aus seinen Gedanken. Er schaute zu der Armbanduhr an seinem Handgelenk. Es war gerade 9 Uhr. Wer sollte das denn sein? „Erwartest du jemanden?" Ina schüttelte sofort ihren Kopf. „Vielleicht ein paar von dieser Kirchensekte. Die kommen doch meist am Wochenende klingeln, um jemanden zu bekehren. Ich gehe schon mal in die Küche und du wimmelst sie ab." Linus nickte. Es klingelte schon wieder. Diesmal mehrmals hintereinander. Okay, so dreist waren diese bekehrenden Treppenterrier dann doch nicht. Er lief zur Tür und öffnete sie. „Wollt ihr mit uns frühstücken? Ihr habt wohl gehört, dass es bei uns gleich Pancakes und Rührei gibt. Habt ihr die Brötchen mitgebracht?", begrüßte er seinen Kumpel Luca und Genia lachend, die vor ihrer Tür standen. Warum schüttelte denn sein Kumpel so leicht den Kopf? Und wieso sahen die beiden aus als hätte es ihnen die Ernte verhagelt? „Ist was mit dem Baby?" Das konnte doch der einzige Grund sein, warum sie so verknittert schauten. Wieder schüttelte Luca leicht den Kopf. „Können wir erst einmal reinkommen?" „Ja klar!" Er trat zur Seite und ließ sie passieren. „Wo ist denn Ina?" Genia schaute sich suchend um. „Sie macht gerade Frühstück." Ohne eine weitere Reaktion auf seine Antwort stürzte sie los. Linus schaute fragend zu seinem Kumpel. „Kannst du mir mal sagen, warum man euch telefonisch nicht erreichen kann?" Wieso sollten sie telefonisch nicht zu erreichen sein? Linus griff in seine Hosentasche und zog sein Handy heraus. „Sorry, das ist noch im Flugmodus. Das habe ich ganz vergessen nach dem Krankenhaus wieder rauszunehmen." Was war bitte so dringend, dass die beiden sie mehrfach versucht hatten anzurufen und dann auch noch extra von Dortmund nach Düsseldorf fuhren? Er schaute seinen Kumpel an und schlagartig wurde ihm klar, was der Grund war. „Das Krankenhaus!" Luca nickte nur.
„Ups, da sollte ich ja dann wohl lieber gleich noch ein paar Eier mehr in die Pfanne schlagen." Ina drehte sich überrascht zu ihrer Mutter um. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie heute auch wieder hier vorbeischaute. Aber irgendwie freute es sie, dass sie sie wieder besuchte. Wahrscheinlich wollte sie sehen, wie es ihr ging. Das löste ein warmes Gefühl in ihr aus. Ja, ihre Mutter war wirklich um sie besorgt und für sie da. Vielleicht begleitete sie sie ja auch wieder ins Krankenhaus. Bestimmt, wenn sie sie fragte. „Kommst du nachher wieder mit zu Papa?" Wieso schaute Genia denn so betreten und kaute auf ihrer Unterlippe? „Du musst ja nicht, wenn du etwas anderes vor hast", lieferte Ina ihr deshalb schnell eine Ausweichmöglichkeit. Klar, sie hatte ja auch noch ihre kleine Schwester, um die sie sich kümmern musste. „Schatz, komm mal bitte her." Genia breitete ihre Arme aus. Okay, sie hatten sich noch nicht richtig begrüßt. Ina machte einen Schritt auf ihre Mutter zu und ließ sich in ihre Arme ziehen. „Ihr hattet eure Telefone ausgeschaltet, deshalb sind wir hergekommen.Ihr wart nicht zu erreichen" Ja, das konnte sein, überlegte Ina kurz. Gestern Abend hatte sie nicht daran gedacht es nach dem Krankenhaus wieder anzuschalten. Sie schaute in das Gesicht ihrer Mutter. Genia wirkte irgendwie bedrückt. Genau in diesem Moment machte es Klick in ihrem Gehirn. „Was ist mit Schischi? Ist sie krank?" Wahrscheinlich hatte Alex versucht sie anzurufen und sich dann bei Genia gemeldet, damit sie bei ihr vorbeifuhr, um ihr Bescheid zu geben. Alex konnte ja nicht selbst kommen, wenn sie sich um Schischi kümmerte. Verflucht, warum hatte sie nur vergessen ihr Handy wieder anzuschalten. Das war ja total unverantwortlich von ihr. Schließlich war sie doch für ihre Schwester verantwortlich. „Mit Natascha ist alles in Ordnung." Genia strich ihr beruhigend über den Rücken. Wenn es nicht um Schischi ging, was dann? „Ist etwas mit Espie?" Genia schüttelte den Kopf. „Epie geht es auch gut." Okay, das war eigentlich logisch, sonst wäre Genia ja nicht hier. „Ist was mit dem Baby?" Wieder schüttelte Genia mit dem Kopf. „Der Arzt aus dem Krankenhaus hat bei Luca angerufen, nachdem sie dich nicht erreicht haben." Genia machte eine kurze Pause. „Geht es Papa schon so gut, dass sie schon operieren können?" Das wäre ja....wow. „Schatz, ich weiß wirklich nicht, wie ich es dir sagen soll." Ina spürte, wie Genia einmal tief durchatmete. „Dein Vater hatte heute Nacht völlig überraschend noch einen weiteren Herzinfarkt." Ina löste sich etwas von ihrer Mutter und starrte sie verwirrt an. Noch einen Herzinfarkt. Das war gar nicht gut, hatte der Arzt doch gesagt. Außerdem bedeutete das mit Sicherheit, dass sich die OP und damit auch die Reha verzögerte. Ihr Optimismus, den sie bis eben noch gespürt hatte, war schlagartig verpufft. Ina versuchte die Arme von ihrer Mutter abzuschütteln, die sie immer noch hielten. „Ich muss ins Krankenhaus zu ihm." Genia hielt sie fest. „Ina, es ist zu spät!" Was sollte das heißen? „Zu spät? Es ist doch gerade erst neun Uhr. Da ist es mit Sicherheit nicht zu spät, ihn zu besuchen." Das war ja Quatsch. Wenn war es höchstens zu früh für die Besuchszeit. Aber auf der Intensivstation spielte das doch sowieso nicht so eine Rolle. Das wusste sie noch vom letzten Mal. „Ina, dein Vater ist heute Nacht verstorben." Noch bevor sie diesen Satz überhaupt realisierte, drückte ihre Mutter sie ganz fest an sich und strich über ihr Haar. Was hatte sie gesagt? So langsam kam der Satz erst in Inas Gehirn an. Ihr Vater war tot. Ohne es unterdrücken zu können, begann sie zu schluchzen und die Tränen schossen ihr in die Augen. Das konnte doch nicht wahr sein. Sie hatte doch so viele Pläne für ihn gemacht. Nein, Genia musste sich irren.
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Schuss und Treffer - in der zweiten Mannschaft ✔️ Teil 13
RomanceLinus und Ina sind schon seit zwei Jahren ein Paar. Gemeinsam führen sie das Bauunternehmen von Inas Vater, der seit seinem Herzinfarkt ein Pflegefall ist. Für Ina war der Weg in die Firma schon von kleinauf vorgezeichnet. Linus hatte sich sein Lebe...