14. Ich muss mich entscheiden

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„Wer ist das?" fragte er mich, als ich losfuhr. Ich seufzte und musste erstmal überlegen, was ich ihm alles erzählen konnte. Dafür das er mich so tierisch nervt, hatten wir uns tatsächlich selten getroffen.

Ich erzählte Daniel von unserem ersten Treffen, seiner unangenehmen Art und das er mich anscheinend auch belogen hatte. Dann erzählte ich von unserem zweiten Treffen und davon, was er für einen Aufstand verursachen wollte oder teilweise auch hatte.

„Das scheint mir ja wirklich ein unangenehmer Kerl zu sein." seufzte Daniel „Musst du noch weiter mit dem zusammenarbeiten?" „Nein, ich denke erstmal nicht." „Dann können wir erstmal nur hoffen, dass er dich in Ruhe lässt, sonst musst da mit anderen vom Geheimdienst vielleicht mal sprechen." erklärte er mir.

Daniel war direkt in seine Vaterrolle übergesprungen und versuchte mir jetzt die besten Ratschläge zu geben. Ich mochte diese Seite sehr an ihm und tatsächlich hatte er auch häufig gute Tipps für mich.

„Wie läuft die Arbeit dort sonst? Ist alles gut soweit? Wie ist dieser Max eigentlich so und vor allem, wir sind die Treffen?" fragte er weiter.

Ich musste erstmal überlegen, was ich ihm alles genau erzählen konnte, ohne mich in Schwierigkeiten zu bringen. Richtig stolz war ich nicht darauf. Ganz im Gegenteil musste ich mich ständig fragen, wofür ich diese ganzen Informationen verschwieg und ob es das wirklich wert war.

„Es ist ganz okay, bis auf die Leute. Max ist wahrscheinlich sogar der netteste von ihnen." lachte ich scherzhaft, obwohl es die Wahrheit war. „Echt? Sind die Mitarbeiter so schlimm? Willst du da dann überhaupt noch arbeiten?" Daniel sah plötzlich sehr besorgt aus.

„Ich denke ich brauch die Abwechslung und so viel bin ich auch garnicht mit denen in Kontakt. Mach dir um mich mal keine Sorgen." ich versuchte Daniel zu beruhigen, er sollte sich wirklich weniger Sorgen um mich machen.

Ich starrte an meine Wand. Ich hatte die ersten 20 Seiten meines Buches gelesen und konnte schon an nichts anderes mehr denken, als Wein.

Ich musste morgen zwar früher raus, entschied mich aber dazu joggen zu gehen. Irgendwie musste ich einen freien Kopf bekommen, ich musste das auch alleine schaffen.

Ich wollte meinen ersten Rückfall nicht so früh haben, ich wollte wenigstens erst etwas erreichen, bis ich es nicht mehr aushalten würde.

Manchmal war ich wie in einer Wolke gefangen, die aus um mich rum verblassen ließ und mich, mich selbst vergessen ließ. Es war als wäre ich gefangen in meinen Gedanken.

Ich versuchte an etwas anderes zu denken. Zum Beispiel daran, dass ich morgen die Kopie meines Schlüssels abholen musste und die Möglichkeit hatte Ezra einen Brief zu schreiben.

Ich wollte ihm schreiben, dass ich einige Fragen an ihn hatte. Aufschreiben wollte ich sie allerdings nicht, mich beschlich nämlich die Angst, dass diese Briefe in die falschen Hände geraten könnten.

Wo hatte ich eigentlich den Zettel mit der Adresse hingelegt? Ich müsste gleich dringend nach ihm suchen, irgendwie hatte ich den total vergessen.

Da fiel mir ein, ich war morgen wieder auf der Wache. Würde Ezra mir wieder was zuschicken? Leider musste ich feststellen, dass ich mittlerweile schon darauf hoffte.

Heute früh war auf der Arbeit ziemlich viel los. Manchmal gab es so Tage an denen viele Menschen zur Wache kamen und an anderen kamen sehr wenige. Meistens war es aber recht ausgeglichen.

Ich hatte gestern nach einer Weile des Suchens noch den Zettel mit der Adresse gefunden. Ich kannte sie nicht und war auch nicht wirklich daran interessiert, irgendwas darüber herauszufinden.

Nach der Arbeit würde ich zum Schlüsseldienst gehen und würde dann wahrscheinlich Ezra einen Zweitschlüssel zukommen lassen. So ganz sicher war ich mir mit der Sache aber noch nicht.

Irgendwie fühlte ich mich schon fast gezwungen ihm diesen Schlüssel zu geben, auf der anderen Seite hatte ich ihn aber überhaupt erst gebeten zu mir zu kommen. Irgendwie war es also doch meine Schuld und ich hatte es in dem Moment auch so gewollt.

Ob ich das jetzt auch wollte, wusste ich nicht. Ich mochte den Gedanken nicht, dass jemand fremdes freien Eintritt in meine Wohnung hatte und dann noch um mich legal zu beklauen.

Ich wusste immernoch nicht, ob Ezra vertrauen konnte oder warum ich das überhaupt sollte. Er half mir ganz klar, aber warum er das tat war nicht klar.

Bald würde ich Mittagspause machen und ich war sehr aufgeregt. Was würde er mir schicken und was würde er schreiben? Diese beiden Fragen ließen mich heute nicht in Ruhe.

„Na Marlon, worüber denkst du nach?" fragte Daniel mich und lugte durch die Tür. „Ach, garnichts." leicht erschrocken schaute ich zu ihm auf und lächelte verlegen.

„Na schön, es freut mich dich ein wenig gut gelaunt zu sehen, bei all dem Stress den du hast. Hier ist auf jeden Fall dein Mittagessen, ist gerade angekommen." schmunzelte Daniel und verließ mein Büro, nachdem er mir eine Tüte und einen Becher Kaffee auf meinem Schreibtisch gestellt hatte.

Ich bedankte mich und machte mich dann neugierig an die Tüte ran. Dort drin befand sich ein Frühstück, ich wusste nicht mal, dass man das bestellen konnte. An Deckel klebte ein Zettel.

Ohne mich weiter auf das Frühstück zu konzentrieren, riss ich den Zettel ab und faltete ihn auf.

Hallo mein Lieber,
ich hoffe der Kaffee hilft etwas bei deinem Entzug. Was hältst du von einem Treffen am Freitag nach der Arbeit? Wenn du mir heute den Schlüssel zuschickst, kannst du mir gerne kurz Bescheid sagen, was du machen möchtest.
Liebe Grüße

Stimmt, er wollte sich ‚privat' mit mir treffen, dass das übermorgen sein sollte hätte ich nicht erwartet. Aber ich wollte sowieso noch mit ihm reden, also kann er sich ruhig mit mir treffen.

Ich steckte den Zettel weg und musterte das Essen vor mir. Rührei und ein Brötchen, sowas kann man wirklich bestellen? Es roch auch noch so gut...

Zufrieden trank ich meinen Kaffee. Ezra meinte es würde bei meinem Entzug helfen, den ich machte. Vielleicht sollte ich ihn öfter trinken, wenn ich den starken Drang verspürte etwas zu trinken.

Wieder einmal war ich aufgeregt auf unser Treffen. Ich musste ihn allerdings immernoch fragen, ob er was mit Vincents Verletzungen zutun hatte. Ich hoffe das dem nicht so war.

Ich wollte mich nicht mit ihm streiten, das würde vielleicht sogar mein Untergang sein. Ich würde lieber einen ruhigen Abend mit ihm haben und mehr über ihn erfahren, wie ich es schon so lange versuchte.

Ein Leben ohne Gesetze (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt