Der Dämonenprinz

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Die Hölle war ein trostloser, düsterer und kalter Ort. Tiefe Schluchten durchzogen die Landschaft wie alte hässliche Narben und zwischen den kargen Felsen reckten sterbende Bäume ihre Finger aus der Asche des Bodens in eine Richtung die nur gen Himmel zeigen konnte. Aus den endlosen Tiefen konnte man die Rufe der verlorenen Seelen wie das Jaulen eines sterbenden Wolfes hören. Dämonen und andere Kreaturen der Finsternis streiften über den verbrannten Boden.

Hufe trampelten in vollem Galopp über die Asche und wirbelten eine aschgraue Wolke aus Staub auf. Der schwarze Reiter trieb das Tier unablässig an und aus den Nüstern drang dunkler Rauch mit jedem weiteren hastigen Atemzug, den es machte. Die ledrige pechschwarze Haut spannte sich über den knochigen Rumpf des Höllenpferdes, während Mähne und Schweif im Wind wie zähflüssiger Nebel Wellen schlug. Funken sprühten aus den glutroten Augen des Nachtmahrs während er und sein Reiter zielstrebig auf ein imposantes Gebäude an der Klippe einer Schlucht zuritten. Sie rasten an der brüchigen Kante der Schlucht entlang und von unten strahlte ihnen die Hitze von flüssigem Feuer entgegen. Vor dem Teppenaufgang des Palastes zügelte der Reiter sein Ross, welches über die Asche schlitternd zum Stehen kam und sich wiehernd aufbäumte. Galant schwang sich die Gestalt von der Kreatur und schritt mit wehendem Umhang die Treppen empor.

Die Wachposten, bis unter die Zähne bewaffnete Dämonen, wichen vor dem Reiter zurück und ließen ihn ungehindert passieren. Als er vor einer imposanten goldenen Flügeltür stehen blieb und er die Kapuze vom Haupt zog, verneigten sich die Wachen tief und schoben die schweren Türen auf. Sie führten in einen langgezogenen Saal, an dessen Ende durch weitere Treppenstufen erhöht ein felsiger Thron stand. Der Thron schien aus einem glänzend schwarzen Gestein zu bestehen. Von der Tür bis zum Thron lag ein breiter Roter Teppich im Mittelgang. Dieser wurde von schier endlos wirkenden Säulen getragen, über dem sich eine gewölbedecke, ähnlich einem toten Gerippe spannte. Der Saal wurde erhellt durch unzählige Schalen, in denen heißes Feuer nach jeglichem Leben züngelte.

Erhobenen Hauptes und mit kühlem Blick setzte der Reiter seinen Weg über den blutroten Teppich fort und schritt dem Mann auf dem steinernen Thron entgegen. Dort saß niemand geringeres als der König der Hölle persönlich. Die aufmerksamen bernsteinfarbenen Augen, welche dunkel schimmerten, ließen den Ankömmling bei keinem seiner Schritte aus den Augen. Die golden und rot schimmernde Krone hob sich stark von den Pechschwarzen Haaren des gefallenen Engels ab und bog sich wie Dornen oder Hörner gen Himmel. Keine Gefühlsregung huschte über das Gesicht des Königs als der Reiter, an der untersten Stufe angelangt, auf die Knie ging und das Haupt senkte. „Vater." Das schlichte Wort schien von den Mauern des Saales förmlich verschluckt zu werden, doch Lucifer konnte sie dennoch deutlich hören. „Ihr habt mich gerufen." „Das habe ich...Doch dies ist schon einige Stunden her...Du vernachlässigst deine Pflichten. Hunderte, tausende Seelen die ihren Platz nicht finden konnten, weil du mal wieder nicht für nötig hieltest ihnen den Weg zu bereiten!" Mit jedem weiteren Wort wurde der Herrscher der Hölle immer lauter, bis seine Stimme wie Donner von den Mauern wiederhallte. Der junge Prinz verkrampfte sich unter dem Zorn seines Vaters. Knirschend biss er die Zähne fest aufeinander. So fest, dass die Reiszähne in seine eigenen Lippen schnitten und er das eigene bittere Blut schmecken konnte. „Pflichten die mir auferlegt wurden, ohne mich danach zu fragen!", entgegnete er schließlich seinem Vater. Er hatte sich erhoben, die Schultern gestrafft und die Hände zu Fäusten geballt. „Du wurdest in die Pflichten hineingeboren. Du bist mein Sohn und hast dich an die Gesetze zu halten und deine Aufgaben zu erfüllen!", ermahnte ihn Lucifer. „Ich habe nicht darum gebeten! Nie! Ich habe nie darum gebeten der Erbe deiner Schande zu sein!", entfuhr es dem Prinzen voller Wut und Hass.

Ein Windstoß fegte durch den Saal als Lucifer sich von seinem Thron erhob und die schwarzen Flügel ausbreitete. Das wärmende rote Feuer wechselte zu eisigen blauen Flammen, die eine düstere Atmosphäre verströmten. „Zügle deine spitze Zunge! Unablässig tust du nur das was dir in den Sinn kommt, ohne auch nur eine mögliche Konsequenz deines Handelns zu berücksichtigen! Ich habe dir lange genug deine Freiheiten gelassen. Es wird Zeit, dass du die Tragweite deines Handelns spürst und lernst Verantwortung zu übernehmen. Du wirst einmal auf diesem Thron sitzen und Heere von Dämonen führen und bändigen müssen. Es gehört weitaus mehr dazu als sich mit hübschen Dämon zu vergnügen oder unschuldige Menschenfrauen zu verführen und ihnen die Seele zu stehlen!" „Denkst du das tue ich die ganze Zeit? Jungfrauen verführen und mich mit Kriegerinnen bis aufs Blut in den Laken wälzen? Mir den Verstand aus dem Kopf vögeln! Du kennst mich nicht, Vater!", keifte der Dämonenprinz zurück. „Wenn du nicht die Augen deiner Mutter hättest...oh, ich würde dir deine Flausen schon austreiben!", knurrte der König. „Erwähne nicht meiner Mutter!" „Sonst was! Deine Mutter würde dir die Ohren langziehen für dein vorlautes Mundwerk und deinen Ungehorsam!", schrie Lucifer mittlerweile erbost. „Wenn Mutter noch hier wäre, würde sie mich nicht behandeln wie ein unmündiges Kind! Falls es dir entgangen ist: ich bin jetzt ein Mann!" „Dann beweis es!", forderte Lucifer seinen Sohn auf. Die Bernsteinfarbenen Augen blitzen auf, doch der Dämonenprinz hielt dem Blick seines Vaters stand. Beide Männer schnaubten vor Zorn und der Prinz kehrte seinem Vater den Rücken zu und ging zurück zu der goldenen Flügeltür. „Ich werde dir beweisen, zu was ich alles fähig bin, Vater!", schrie er noch. Mit einer Druckwelle riss er die Flügeltür auf. „Damian!", hallte Luzifers Stimme von den Wänden wieder. Doch mit einem weiteren Stoß fielen die großen Türen zu, sodass der Knall zu einem Donner im Gewölbe verhallte.

Eilig verließ der Dämonenprinz den Palast seines Vaters und schwang sich abermals auf den Rücken seines Nachtmahrs. Er gab dem Höllenpferd die Sporen und hinterließ eine Wolke aus Staub als er vom Hof galoppierte und sein Zuhause hinter sich ließ. Es dauerte nicht lange und er hörte, wie eine Legion an Dämonen die Verfolgung aufnahm, um ihn zurück zu seinem Vater zu bringen. Also trieb er sein Ross weiter an und brachte Abstand zwischen sich und die Kreaturen der Hölle. Er jagte durch die Schluchten, um seine Verfolger nach und nach abzuschütteln. Die Schlucht endete in einer schier endlosen Ebene und er ritt einfach weiter um seinem Vater zu entkommen. Doch sein Vater war der Teufel, der Herrscher über die Hölle und hier würde er ihn immer finden.

Es war ein Moment der Unachtsamkeit und sein Nachtmahr bäumte sich vor Schreck wiehernd auf und warf seinen Reiter von sich. Unsanft landete Damian in der staubigen Asche, welche im Rachen nur so brannte. Seine Augen weiteten sich, als ein rotes Licht durch die Luft auf den Boden traf und sich rote Blitze vom Boden empor schlängelten. Uralte Runen brannten sich in die Asche und bildeten einen Kreis um einen verloren in der Gegend stehenden Dämon. Unter ihm bildete sich ein Symbol und die Asche stieg dem Licht empor. Fasziniert beobachtete er das Schauspiel. Erst als er hinter sich die Rufe seiner Verfolger hörte, regten sich seine tauben Glieder. Der Prinz sprang förmlich vom Boden auf und rannte dem Licht entgegen, eine Horde Dämonen hinter sich. Es war seine Fahrkarte hier raus, eine Chance seinem Schicksal zu entgehen. Er zückte seinen im Höllenfeuer geschmiedeten Dolch, durchdrang das rote Licht mit den funkelnden Blitzen und stand dem eingeschüchterten Dämon auf dem Runenkreis entgegen. Damian knurrte und fletschte seine spitzen Reiszähne, ehe er dem ahnungslosen Dämon seinen Dolch ins Herz rammte. Dem Dämon entfuhr ein Aufschrei ehe er sich in glühender Asche auflöste und sich für immer im Nichts auflöste. Der Dämonenprinz fuhr herum und sah die Horde auf sich zu rennen, dann spürte er den Sog des Lichtes und im gleißenden Licht verschwand er vor den Truppen seines Vaters. Das Licht erlosch, bevor die Dämonen ihn zu fassen bekamen.

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