Das Band

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Wenn Hesperos mit seinem Erleuchten am Himmel den Beginn der Nacht festlegt, verschwimmen die Grenzen der Welten. In den Stunden der Dunkelheit kommen Dämonen aus dem Schattenreich in die Welt der Menschen auf der Suche nach Seelen, von deren Ängsten sie sich nähren können. Lange Zeit waren die Menschen der Macht der bösen Geister schutzlos ausgeliefert. Nur einige wenige starke Seelen unter ihnen waren in der Lage den Versuchungen der Dämonen zu widerstehen. Diese, von einem Dämonen geküssten Menschen, trugen von da an ein spiralförmiges Feuermal an der Stelle, die der Dämon zuerst berührte und sich an der Stärke der Seele verbrannte. Es waren Auserwählte Gottes im Kampf gegen die Dämonen zum Schutze der Menschheit. Sie werden schließlich zu Exorzisten ausgebildet. Exorzisten beherrschen die Sprache der Dämonen, dazu befähigt Tore zwischen den Welten zu öffnen und zu schließen. Ihre Aufgabe ist es die Mächte im Gleichgewicht zu halten und von bösen Geistern besessene Seelen zu reinigen. Um sich die Mächte der Dämonen eigen zu machen, müssen die Exorzisten am Ende ihrer Ausbildung einen Bund mit einem Dämon eingehen. Dieses Band bleibt ein Menschenleben lang bestehen und bedeutet für beide Partner den Tod, sollte es getrennt werden.

Diese Nacht war eine dieser Nächte, in der wieder ein Band zwischen einem Menschen und einem Dämonen geschlossen werden sollte. Die Jahre der Ausbildung waren vorbei, in denen Rachel Riten und Runen auswendig gelernt hatte. Unzählige Symbole hatte sie gezeichnet um Dämonen zu binden und zu schwächen. Tausende Siegel hatte sie gesprochen, um Dämonen zurück in die Schattenwelt zu verbannen und Seelen von ihrer Besessenheit zu reinigen. Immer war sie dabei unter der Aufsicht der Lehrer der Akademie gestanden und nun würde sie als Exorzisten alleine praktizieren dürfen und Außenaufträge der Akademie entgegen nehmen.

Ein letztes Mal ging sie ihre Notizen durch, denn sie durfte sich bei dem Beschwörungsritual keine Fehler erlauben. Es könnte verheerenden Folgen haben ein Tor in die Schattenwelt zu öffnen und Dämonen unerlaubt Zutritt zur Menschenwelt zu verschaffen. Geräuschvoll prasselte der Regen auf die Dächer der Akademie, die sich in den versteckten Gängen einer imposanten Kathedrale verbarg. Ihre Schritte führten sie die Wendeltreppe der Glockentürme hinab in die Katakomben und dem Altarraum. Es war das Heiligtum der Akademie, ein versiegeltes Tor in die Schattenwelt. Ein großer Kreis umfasste ein mit Runen verziertes Pentagramm, es markierte das Tor zur Hölle, während direkt über ihm in der Kathedrale der Altar die Verbindung zum Himmel darstellte. Das Kellergewölbe wurde von Engelsstatuen getragen, während zahlreiche Gemälde von Wundern, Dämonen und Exorzisten die Wände Schmückten. Leise hatte Rachel die Worte des Ritus zur Beschwörung eines Tierdämons vor sich hin geflüstert, bis sie im Heiligtum angekommen war. Dort trat sie nun der Leiterin der Akademie, Lehrern und Kollegen gegenüber.

„Wir haben und heute hier versammelt, um Rachel in unseren inneren Kreis aufzunehmen. In den Jahren ihrer Ausbildung hat sie sich als fähige Schülerin im Kampf gegen die dunklen Mächte erwiesen. Sie wird nun ihr Band zu einem Dämon knüpfen, um im Kampf gegen Luzifer und sein dämonisches Heer die Seelen der Menschen und die Tore zum Himmel zu schützen. Die Erzengel sind ihren Segen für die neue Kriegerin im Schutze ihrer Flügel: Das Wort Michaels, die Stärke Gabriels, die Heilkraft Raphaels und das Licht Uriels."

Mit diesen Worten eröffnete Ariane, die Leiterin der Akademie, das Ritual und übergab Rachel vier Artefakte: Ein Buch mit Riten und Symbolen, einen Dolch um Dämonen verletzen oder töten zu können, einen Flakon mit heilendem Wasser und einen Kristall, in dessen Innerem ein Funke Licht erstrahlte. Rachel nickte Ariane zu und trat an die silberne Schale heran. Tief atmete sie ein und aus, ehe sie sich mit dem Dolch in die Innenseite ihrer linken Hand schnitt. Heißt fühlte sich das Blut auf ihrer Haut an, während es in das Gefäß tropfte. Schließlich nahm sie die Schalte an sich und trat an das Pentagramm heran. Mit ihrem eigenen Blut vervollständigte sie schließlich den Runenkreis mit den entsprechenden Symbolen, damit sich das Tor öffnete und der Dämon, den sie rief, sich in der Menschenwelt manifestieren konnte. Sie hielt die Schale in ihren Händen und blieb vor dem Tor stehen, während sie in der Sprache der Dämonen nach einem unter ihnen rief. Es dauerte einige Zeit, bis die in Blut geschriebenen Runen anfingen zu glühen und schwarzer Rauch aus ihnen emporstieg. Blitze züngelten über das große Symbol, ehe sie der schwarze Rauch in der Mitte des Drudenfußes verdichtete und sich schließlich manifestierte. Aus dem Rauch erhob sich nun eine menschliche Gestalt. Flammen stiegen aus den schwarzen Linien des Pentagramms hervor, doch im Gewölbe verbreitete sich eine eisige Kälte. Der Dämon war männlich und seine nackte Haut von unzähligen Tätowierungen überzogen. Als er den Kopf hob, gaben seine pechschwarzen Haare den Blick auf grüne Schlangenaugen frei. Die Pupillen verengten sich zu schlitzen als der Dämon die rothaarige Exorzistin, die ihn beschwor, ins Visier nahm.

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