Casio's Anruf kommt und der Wagen bewegt sich in gewünschte Richtung. Ich achte nicht auf die Tempolimits, die auf blinkenden Schildern immer wieder gefordert werden sondern trete extra aufs Gas, rausche an den anderen Fahrzeugen vorbei.
Meine Forderung war klar und doch haben es die beiden Idioten geschafft Aurora gar nicht weit von hier abzuladen. In einem kleinen Kaff namens Cougar trete ich schließlich auf die Bremse und beginne bereits mich umzusehen - in der Hoffnung sie auf der Straße zu entdecken. Aber ich habe kein Glück. An einem Zeitungsstand bleibe ich stehen, spreche den älteren Mann dahinter an und beschreibe - fast penibel - Aurora's Aussehen. Auf die Frage ob er sie zufällig gesehen hat schüttelt er den Kopf.
Stunden verbringe ich damit mich durch jede Straße zu kämmen, Leute anzusprechen... Zeit, die mir fehlt, die unaufhaltsam in die Hände von Sanchez spielen könnte. Schließlich klingelt mein Handy. "Was?" schnauze ich meinen gegenüber an. "Hast du sie gefunden?" fragt Casio, wenig beeindruckt von meinem kleinen Ausbruch. "Es braut sich was zusammen, Ezio. Du solltest nach Hause kommen. Scheiß auf die Kleine."
Zum ersten mal seit Aurora in mein Leben getreten ist verspüre ich gegenüber Casio so etwas wie einen Groll. Seine stetigen Kommentare ihr gegenüber nerven mich extrem. "Wenn du nichts positives zu sagen hast wäre es angemessen den Mund zu halten." pampe ich ihn an. "Ich komme nicht eher zurück bis ich sie gefunden habe."
Casio reagiert nicht auf mein Gerede, aber er räuspert sich. Das passiert immer dann wenn er weiß das er eine Grenze überschritten hat. "Wir warten auf dich." sagt er schließlich und legt auf. Meine Suche jedoch wird weiter gehen und ich drehe wenn nötig jeden Stein in dieser Stadt um, bis ich sie gefunden habe.
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Ganz so dramatisch wird es dann jedoch nicht. In einem Café etwas abseits finde ich einen Platz um eine Pause einzulegen und zumindest einen Kaffee zu trinken. Die kalte Brühe kommt mir nur schwer über die Lippen, aber vollends ausgespuckt wird sie, als Aurora das Café betritt. Sie hat mich noch nicht in der Nische gesehen in der ich sitze, also beobachte ich sie.
Wie selbstverständlich geht sie auf die Theke zu, redet kurz mit der Bedienung und geht dann zur hinteren Tür, die nur dem Personal gestattet ist. Verwirrt sehe ich ihr nach und beschließe das ganze weiter zu beobachten, allerdings aus sicherer Entfernung, also stehe ich auf, verlasse das Café und verfrachte meinen Hintern auf die gegenüberliegende Seite, verstecke mich hinter alten Kartonagen.
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Quälend lange 4 Stunden später sehe ich wie Aurora die Arbeitskleidung ablegt. Sie hat die ganze Zeit Kaffee, Kuchen und andere Dinge an Kunden serviert und ihre Fröhlichkeit dabei heraus hängen lassen - von der ich sicher weiß das sie nicht echt sein kann... Oder? Womöglich ist sie am Ende doch froh, daß sie aus dem ganzen Chaos mit mir, aber auch mit Sanchez fliehen konnte... Aber eines verstehe ich absolut nicht : Bei dem was ich ihr an Geld gegeben habe ist sie auf einen Job wie diesen nicht angewiesen... Wieso tut sie das also?
Als sie das Café verlässt mache ich nicht sofort auf mich aufmerksam - zuerst folge ich ihr. Unauffällig wie ich denke, doch zu meiner Überraschung ist Aurora aufgeweckter und wachsamer. So kommt es, daß sie mich in eine Nebenstraße lockt, dann zu mir herum schießt und mich über und über besudelt mit Pfeffer Spray. Gerade noch rechtzeitig schaffe ich es auszuweichen und meine Augen zu schützen. "Was zum... Warte... Ezio?" höre ich sie sagen und ernte schließlich einen irritierten Gesichtsausdruck. "Was... Was machst du hier?"
"Oh. Ich freue mich auch, dich zu sehen Aurora. Wir sollten irgendwo hin wo wir alleine und sicher sind." gebe ich zurück. Aber die sture Frau vor mir bewegt sich keinen centimeter, sie steckt nicht einmal das Pfeffer Spray weg. "Nein. Einfach nur nein. Ich gehe nirgendwo mit dir hin. Danke und Tschüss." pfeift sie.
Sie ist wütend. Alles klar...
"Hör zu... Das ist weder die Zeit noch der Ort um jetzt ein Theater zu veranstalten. Sanchez weiß wo du bist und er wird entweder welche schicken die dich holen kommen oder er wird es selbst machen." versuche ich zu erklären. Aurora schenkt mir ein böses Lächeln. "Was interessiert es dich? Hast du mich nicht weg geschickt? Weggeworfen wie ein benutztes Gummi?"
Es reicht. Dieses Theater wird böse enden, wenn wir nicht sofort etwas unternehmen. Ich gehe auf sie zu, schlage ihr das Spray aus der Hand und prompt wehrt sie sich, kämpft gegen mich an als wäre ich der Feind. "Du Arschloch hast mich entsorgt! Mir Geld gegeben und gedacht damit ist es getan? F*ck dich, Ezio. Und jetzt verschwinde, bevor..."
Sie kann ihren Satz nicht beenden, ich habe sie zum schweigen gebracht. Müßig langsam bewegen sich meine Lippen gegen ihre. Anfangs versucht sie mich abzuwehren, doch der Widerstand bricht. Als ich sicher bin das sie nichts mehr gegen mich unternimmt lehne ich meine Stirn gegen ihre. "Ich hab dir das Geld gegeben damit du ein gutes Leben führen kannst. Abseits von alldem. Und ich habe dich weggeschickt um dich zu schützen, weil ich mit mir selbst nicht vereinbaren kann das dir etwas zu stößt. Also bitte... Hör endlich auf mich und lass uns wohin gehen, wo wir erstmal sicher sind." murre ich. Ich nehme etwas Abstand, lasse ihr einen Moment bis sie sich in Bewegung setzt und folge ihr.
†
Ihre Unterkunft ist nicht mehr als ein schäbiges Hotelzimmer voller Dreck und schimmeliger Wände - aber es wird reichen müssen. Ich setze mich vorsichtig auf den Teil des Bettes, der mit einem sauberen Laken ausgelegt ist. Fragen über Fragen fluten meinen Kopf. "Du wohnst hier? Und du arbeitest in dem Café... Ich frage mich, wieso? Mit dem Geld von mir hättest du locker..."
Sie unterbricht mich. "Ich habe dein Geld nicht genommen, Ezio. Deine Männer haben es eingepackt als ich es ihnen in der Tasche entgegen warf. Jede Diskussion war zwecklos. Ich wollte dein Geld nicht, ich wollte nichts von dir."
Davon höre ich gerade zum ersten mal, aber es zeigt mir auch eine Seite an ihr, die ich noch nicht kannte - denn wie viele Frauen schlagen ein solches Angebot aus? Jedenfalls keine, die ich kenne... "Das hat mir niemand gesagt, tut mir leid." antworte ich zerknirscht und versuche den Geruch der im Zimmer schwebt zu ignorieren. "Hier kannst du jedenfalls nicht bleiben. Aus offensichtlich mehreren Gründen."
Aurora schüttelt den Kopf und verschränkt die Arme. Ihr Blick fängt mich ein und einige Minuten herrscht vollkommene Stille im Zimmer. "Und jetzt? Willst du mir nicht erzählen was mit Dario ist und was du überhaupt hier machst?" fragt sie. Die Mauer um sie herum scheint unüberwindbar - doch nicht für mich. Ich lasse ein paar unwichtige Dinge weg, erzähle ihr aber ansonsten was geschehen ist. Als ich das Foto erwähne wird sie blass, weil sie weiß das bereits jemand hier war - ohne das sie es mitbekommen hat. Dass das ganze auch anders hätte ausgehen können ist uns beiden bewusst, denke ich.
Nach meiner Erzählung stehe ich auf und gehe auf sie zu. Sie wirkt nicht mehr ganz so selbstsicher wie zuvor sondern eher total nervös. "Wir können weg laufen... Was aber bedeutet das wir ständig über die Schulter schauen müssen, oder aber... Wir gehen zurück und stellen uns. Eins ist jedoch sicher - er wird dich nicht bekommen. Das lasse ich nicht zu." murmle ich und streiche durch ihr Haar. Unsere Augen verflechten sich miteinander und mein Entschluss steht fest - ganz egal was geschieht, sie wird am Ende nicht bei Sanchez landen. Aurora verkürzt den Abstand zwischen uns, behält den Blickkontakt bei. "Okay... Ich vertraue dir." flüstert sie schließlich.
Ich hoffe es ist nicht umsonst.
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Heart of Stone
RomanceIch bin kalt, herzlos, roh & das lasse ich dich spüren, Prinzessin. Ich werde dich brechen bis nichts mehr von dir übrig ist. Ich bin der König mit dem Herz aus Stein.