Kapitel 2 - different but awesome

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Der Auktionator dieses Abends ist kein geringerer als Chief of Department Ruairidh Ekholm. Mein Boss und Freund, mit seinen schwedischen Wurzeln und dem typisch nordischen Aussehen, eine göttliche Erscheinung. Er ist groß, gar riesig mit Händen welche Pranken gleichen und stechendblaue eiskalte Augen, welche so manchen Kerl in den schummrigen Räumen diverser Clubs an den Rand des Wahnsinns trieben. Blonde Locken umrahmen sein markantes Gesicht fallen vereinzelt in die stets mürrisch gerunzelter Stirn, wundervolle sanfte Lippen und vielleicht kann ich mich an den Geschmack von Zitrone und Minze auf seiner Zunge erinnern. Vielleicht. Vielleicht ist aber auch Ruairidh Ekholm der Grund, weshalb ich mich in den Anzug meines Bruders quetschte und mit trommelnden Fingern darauf warte, dass die Nummer dreiundzwanzig die Bühne und somit den nächsten Akt betritt.

„Ich habe dich selten so nervös gesehen", ertönt die lachende dunkle Stimme meines Kameraden neben mir. Mit einer fließenden Bewegung lässt er sich auf den Stuhl neben mir fallen.
„Ich habe auch selten an einer Veranstaltung wie dieser teilgenommen", erwidere ich und die starke Hand von Aleix landet hart auf meiner Schulter.
„Lass das", knurre ich und richte meinen Blick von stechendblau zu schokoladenbraun. Er ist ein schöner Mann, keine Frage. Seine Haut leicht gebräunt, die mexikanische Herkunft schwer zu leugnen und das tiefe braun seiner Haare wirkt im richtigen Licht fast schwarz. Aleix Körper strotzt vor Muskeln und Sehnen, das regelmäßige Training zahlt sich eindeutig aus und an seinem schlechtesten Tag besteht er den Fitnesstest unserer Wache noch immer mit Bestnoten. Keine Ahnung wie er das schafft neben wechselnden Schichten, allmorgendlichen Joggingrunden, Krafttraining und Leben. Wann schläft dieser Mann?

„Sei nicht so empfindlich, Alexander", sagt er schmunzelnd und ich verdrehe genervt die Augen. Er weiß, wie sehr ich meinen Namen hasse. Alexander, der Beschützer. Zufall? Schicksal? Egal. Auch mein Name vermochte meinen besten Freund aus Kindheitstagen nicht vor den Folgen mehrerer Kampfeinsätze in überhitzten staubigen Wüsten oder der von Ungeziefer wimmelnden grünen Hölle bewahren. Ich war nicht da um ihn vor detonierenden Granaten, dem beißenden Rauch mit Benzin getränkten Unrat und Kleidung, dem Anblick geschundener Körper und blutüberströmten Kindern zu beschützen. Ravi liebte seinen Job, fühlte sich berufen für sein Vaterland und die Sicherheit uns aller zu kämpfen, wie manch anderer dem Ruf Gottes folgt. Am Tag seiner Rückkehr in das Leben eines Sterblichen wie er den Eintritt in das Zivilisten Leben scherzhaft nannte, blieb ein Teil seiner Selbst gefangen in Bildern und Gerüchen. Triggerauslöser begleiteten seinen Weg. Die Flamme eines Feuerzeuges, flackernde Kerzen auf der mit kitschigen Regenbogenkotzenden Einhörnern verzierten Geburtstagstorte seiner kleinen Prinzessin ließen ihn erstarren und nur dem umsichtigen Eingreifen seiner Frau war es zu verdanken, dass Ravi beim Ertönen der Feuerwerksraketen am 4. Juli nicht in Kampfkleidung und gezogener Waffe durch sein Viertel unser Stadt lief und einen imaginären Feind jagte. Jedoch konnte sie nicht verhindern, dass er mitten in der Nacht schreiend über ihr kniete, und versuchte den Feind in seinem Bett zu erwürgen. Eine Woche später nahm er sich das Leben. Allein. In einem Waldstück außerhalb der Stadt. Er starb, weil er seiner über alles geliebten Familie die Qualen seiner Unruhe, der Schreckhaftigkeit, die Schlafstörungen, und zunehmender Aggressionen nicht weiter aussetzen wollte. Seine kleine Prinzessin sollte nicht mit einem zerstörten Vater aufwachsen.

Gefangen mit den Dämonen seiner Vergangenheit.Der Grund dieser Charity Auktion könnte nicht passender auf uns und unsere Leben geschneidert sein. Rettungskräfte, Ärzte, Polizisten, Feuerwehrleute. Sie alle gehen mit Bildern des Tages zur Ruhe, träumen von gequälten Seelen, unmenschlichen Qualen, schmerzverzerrten Gesichtern, Blut und der Geruch von Rauch, Asche und Eisen liegt wie eine schwere Decke auf meiner Zunge. Jeder Tag endet mit düsteren Träumen und viel zu wenig Schlaf. Jede Nacht beginnt mit den Bildern des Tages im Kopf. Es ist ein nicht enden wollender Kreislauf aus Freude und Schmerz.
„Wen haben wir eigentlich diese kitschige Dekoration zu verdanken?", lenke ich geschickt auf ein anderes Thema und sorge gleichzeitig für etwas Ablenkung von meiner Nervosität. Noch fünf Runden, dann ist es endlich so weit. Fuck, mein Herz kann sich nicht entscheiden. Schlagen oder aussetzen? Fühlt sich so ein Infarkt an?
„Kelly", antwortet Aleix und kurz versuche ich dem Namen ein Gesicht zu geben.
„Ah, Kelly. Die hübsche Polizistin vom 48er? Ja, das passt zu ihr. Mir ist es zu..." Wie sage ich es am besten um niemanden und überhaupt und auf keinen Fall Kelly zu beleidigen? Es ist nett. Weiß. Steril. Mit einem Hauch Eleganz und rosa. Rosa. Warum bei allen Heiligen musste sie ausgerechnet rosa wählen? Ich verstehe es nicht. Wir sammeln Spenden für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Eine grüne Schleife ist das internationale Symbol und jeder in diesem Raum, inklusive allen Kellnern und Sicherheitsleuten, tragen dieses an ihrem Jackett oder Kleid. Jeder, ausnahmslos. Warum also rosa?

Burning hearts - Malec short storyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt