Story 22 - Unsicherheit

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Ellies Sichtweise (Winter 1903, ein paar Monate nach ihrem Schulabschluss):

"Ellie, ab wann hast du Urlaub?", fragte Jennie zum Samstagmorgen. "Urlaub?" "Klar, wir müssen doch nach Paris?", fragte sie irritiert. Ich riss die Augen auf, "Ich soll mitkommen?", fragte ich ebenso irritiert. "Hä? Klar? Ich dachte, das weißt du?" "Ich glaub, dass wir da ein kleines Missverständnis hatten. Ich will nicht mitkommen. Ich dachte, dass du allein zu deiner Familie reist?", sagte ich leise. 

Jennie setzte sich neben mich und sah mich traurig an, "Echt jetzt? Du willst, dass ich Weihnachten ohne dich verbringe?" "Naja, wollen nicht, aber ich ertrage keine riesige Familienveranstaltung bei der mich zig Leute anstarren." "Ach komm schon, so schlimm wird es nicht. Meine Familie hat es doch auch nicht interessiert, als Gary, Sebastian und Caelie zu Dritt aufgetaucht sind."

"Ja, aber da wussten doch alle immerhin schon, dass sie zusammen sind. Wer weiß das denn bei uns?" "Ich weiß doch was du meinst, aber grade das ist doch eine wunderbare Chance, das nachzuholen." "Jen, bitte tu mir das nicht an.", flüsterte ich und warf ihr einen wirklich verzweifelten Blick zu, "Ich will doch einfach nur nicht, dass uns jemand komisch anguckt, oder über dich schlecht redet." "Weshalb sollte das denn jemand tun?" "Weil ich gerade erst 19 geworden bin, einen Muggelberuf habe, weil ich die Schwester deiner Schwägerin bin, weil ich eine Frau bin, und und und. Es gibt so viel, worüber man sich das Maul zerreißen könnte." "Echt jetzt?" "Was denn?" 

"Nichts von dem was du sagst, ist ein Grund schlecht über dich, oder mich zu reden. Kay und Elva haben ihren Laden in dem sie Muggelwaren verkaufen. Kay ist übrigens auch jünger als Elva. Und du machst dir Sorgen, weil wir beide Frauen sind? Wenn du nicht mitkommst, dann ist das halt so. Aber sag doch einfach, dass du keinen Bock hast, und tu nicht so, als wär meine Familie nicht aufgeschlossen genug.", sagte Jennie und ging genervt aus dem Wohnzimmer. 

Ich warf den Kopf nach hinten und dachte kurz nach. Sie hatte vollkommen Recht. Alle Weasleys, die ich bisher kennengelernt habe, waren super freundlich und aufgeschlossen. Außer Ereck, aber den mochte auch niemand so wirklich. 

Ich atmete tief durch und ging Jennie hinterher. Sie war im Schlafzimmer. Ich klopfte an die Tür und hörte sie schluchzten. "Kann ich reinkommen?" "Wenn es dich nicht stört, dass dich jemand sieht. Klar.", antwortete sie genervt. 

Langsam öffnete ich die Tür. Jennie saß im Schneidersitz mittig auf dem Bett und hatte ein großes Kissen im Arm. "Es tut mir leid, Jennie. Du hast recht. Deine Familie ist sehr aufgeschlossen." "Und was ist dann dein Problem?", fragte sie und wischte sich die Tränen aus den Augen, während sie mich böse ansah. 

"Ich hab immer das Gefühl, nichts erreicht zu haben. Grade neben dir. Du bist eine großartige Hexe, und leistest jeden Tag wertvolle Arbeit. Und ich? Ich male Bilder für Muggel, auf Muggelart, wenn nicht gerade mal ein Zauberer durch die Tür kommt. Und meine magischen Fähigkeiten sind auch... ausbaufähig." "Du machst Menschen mit deiner Kunst glücklich, Ellie. Das ist so viel wert.", sagte sie leise. 

"Für mich fühlt es sich halt nicht so an." "Weil du dich selbst nicht wichtig genug nimmst. Du trägst einen Teil dazu bei, Menschen glücklich zu machen. Dein Platz in der Welt ist nicht weniger wert als meiner. Aber Ellie, schämst du dich für unsere Beziehung? Du machst mich so glücklich. Du gibst mir so viel Liebe, wie noch niemand zuvor. Deswegen, bitte begleite mich zu meiner Familie. Lass es uns öffentlich machen. Wir sind nun schon sechs Monate ein Paar. Ich bin es leid, allen etwas verheimlichen zu müssen."

"Nein, ich schäme mich natürlich nicht. Ich liebe dich doch. Und wenn es dir so wichtig ist, komm ich mit"

Der Gedanke mitten im Mittelpunkt zu stehen, war mir weiterhin zuwider, aber ich wollte weder, dass Jennie an meiner Liebe zweifelte, noch dieses Schauspiel, dass wir nur beste Freunde sind. Jennie sprang auf, und kuschelte sich an meinen Rücken. "Ich danke dir, Ellie. Ich weiß, dass es dir schwerfällt." "Kannst du mir Beruhigungsmittel von Garreth organisieren? Ich hab weiterhin wirklich Schiss.", sagte ich und musste leicht lachen. 

Zauberhafte Sommersprossen - KurzgeschichtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt